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Max Peschek
Wie ökologisch ist der Mann?
Der Müll, der Treibstoff und die
Verantwortung
Ökologie, mit der Genderbrille gesehen, führt zu einer
Vielzahl von Fragen, die beantwortet werden wollen: Verhalten sich
Frauen und Männer unterschiedlich in Umweltfragen wie
Müll-trennung, Mobilität oder Konsum? Brauchen wir in der
Umweltbildung andere Ansätze, um Männer zu erreichen?
Haben Männer eine größere Verantwortung für
ökologische Probleme, solange sie im
wissenschaftlich-technisch-ökonomischen Bereich stärker
vertreten sind als Frauen? Inwieweit führt die männliche
Neigung, Grenzen zu überschreiten, zu körperlichen
Erschöpfungszuständen, die in großtechnischen
Systemen zu Katastrophen führen (zum Beispiel der
Reaktorunfall in Three Mile Island, oder das
Exxon-Valdez-Öltankerunglück)? Ist die zunehmende
Um-weltverschmutzung dafür verantwortlich, dass
europäische Männer im Durchschnitt nur noch halb so viel
Sperma produzieren wie vor 50 Jahren?
Erst seit Mitte der 90er-Jahre wird die Erforschung des
Umweltbewusstseins nicht mehr geschlechtsneutral durchgeführt.
Als Ergebnisse gelten bislang, dass das Umweltwissen von
Männern größer ist als das von Frauen; dagegen die
Sensibilität in der Wahrnehmung von Umweltrisiken bei Frauen
größer ist; Männer und Frauen durch
Umweltchemikalien wie Blei oder Cadmium unterschiedlich belastet
sind; Männer größere Einflussmöglichkeiten auf
die Gestaltung von Produkten und Technologien haben; Frauen sich in
den Bereichen Energiesparen, Müllvermeiden und -sortieren, in
der Teilnahme am Verkehr umweltfreundlicher als Männer (was
als "Feminisierung der Umweltverantwortung" kritisiert wird)
verhalten. Beim Handeln im öffentlichen Raum wiederum sind
Frauen weniger offensiv und scheuen Führungspositionen - auch
im Umweltbereich.
Ein Grund dafür, dass auch in der Ökologie bislang die
unterschiedlichen Auswirkungen für Männer und Frauen
weniger betrachtet und beachtet wurden, liegt darin, dass sich hier
Vertreterinnen aus Naturwissenschaft und Sozialwissenschaft
gegenüberstehen, deren Fachwissenschaften sich nur wenig
überschneidet, auch wenn beide Seiten die Motivation für
ihr Handeln aus dem gleichen Wertesystem beziehen. Ein weiterer
Grund liegt darin, dass Gender bislang weithin als Fortsetzung des
Feminismus, und damit als "Frauenthema" gesehen wird: Es gibt
beinahe keine Männer, die fachlich wie persönlich in der
Lage sind, Ökologie aus der Genderperspektive zu erforschen.
Außerdem existiert in der Umweltforschung ein erhebliches
Defizit an Daten, die nach Geschlecht getrennt sind.
Von einem bewussteren Zugang zum eigenen Mann-Sein würde
die natürliche Umwelt profitieren, indem Männer ihre
Stärken und ihre Kreativität stärker und bewusster
als bisher zur Bewahrung der menschlichen Lebensgrundlagen
einsetzen, auch und gerade im wirtschaftlichen Bereich. Mehr
Achtsamkeit der Männer sich selbst, ihrer eigenen Sicherheit
und Gesundheit gegenüber würde nicht nur individuell zu
einem verbesserten Gesundheitszustand führen, sondern auch die
Wahrscheinlichkeit von großtechnischen Unfällen
verringern. Dieser bewusstere Zugang zu sich selbst ist
abhängig vom Wertesystem, in dem wir handeln. Das
größte Defizit der Ökologiebewegung ist die
Vernachlässigung der inneren Entwicklung von
Bewusstseinsebenen, auf denen über Nachhaltigkeit
überhaupt erst sinnvoll nachgedacht werden kann. Sowohl Gender
als auch Ökologie liegt eine Wertehaltung von Achtung und
Respekt für andere Lebewesen zugrunde, ein Suchen nach dem
guten Leben jenseits einer nur materialistischen Ausrichtung, der
Wunsch nach Gerechtigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten
für Frauen und Männer. Erst aus dieser weltzentrischen
Perspektive heraus ist es möglich, sinnvolle Maßnahmen
zur Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts zu finden.
Der Ausweg aus der ökologischen Krise liegt ganz wesentlich
darin, geschlechtsbezogene Persönlichkeitsentwicklung zu
fördern, in der über die gesellschaftlich akzeptierten
Formen von Rationalität hinaus der Zugang zum Emotionalen und
zum Körperlichen unterstützt wird. Hier haben Männer
definitiv einen Nachholbedarf, sich im Rahmen gezielter
Männerförderung Wissen um biologische, mentale und
sprachliche Unterschiede anzueignen, kulturelle Prägungen
beider Geschlechter zu hinterfragen, und sich vor allem in der
eigenen körperlich-sozialen Identität eine authentische
und sichere Basis zu schaffen.
Die Auseinandersetzung mit Gender und Ökologie aus einer
männlichen Perspektive ist ungewohnt und neu. Wenn sich im
Laufe der Zeit auch Männer der Verbindung von Geschlecht und
Ökologie zuwenden, können sie sich gemeinsam mit Frauen
und geschlechterbewusst für die lebenswichtige Frage der
Nachhaltigkeit einsetzen. Gemeinsames Handeln von Frauen und
Männern wird durch die Synergie der unterschiedlichen
Herangehensweisen zu besseren Lösungen führen. Der
genderbewusste Blick wird dazu beitragen, bessere Lösungen zu
finden, sei es in der Herstellung von Produkten, im Umweltverhalten
oder bei der Entwicklung von geschlechtergerechter Umweltbildung.
Für nachhaltiges und zukunftsfähiges Handeln ist nicht
das biologische Geschlecht entscheidend, sondern die Werte-Ebene,
von der aus wir handeln. Für Männer wie Frauen führt
der Weg dahin über die Entwicklung einer authentischen
Persönlichkeit.
Max Peschek arbeitet als Körperpsychotherapeut und
Gendertrainer in Bremen.
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