Werner Hornung
Elektronisch aufgeblättert
Bundesverfassungsgerichtsurteile
Die 16 Männer und Frauen in den roten Roben in Karlsruhe
haben das Vertrauen weiter Bevölkerungsteile. Ihre
Wertschätzung zeigt sich etwa in den rund 5.000
Verfassungsbeschwerden, die jährlich beim
Bundesverfassungsgericht eingehen - wobei allerdings nur
ungefähr zwei Prozent erfolgreich sind. Ablehnende
Auskünfte erhalten aber nicht bloß klagende Bürger,
sondern auch Politiker. Bundeskanzler Konrad Adenauer
beispielsweise kommentierte in den 50er-Jahren entsprechende
Äußerungen der Verfassungshüter anlässlich des
Streits um die Wiederbewaffnung mit der Bemerkung: "Dat ham wa uns
so nicht vorjestellt."
Was damals und in den folgenden Jahrzehnten von den Karlsruher
Richtern entschieden wurde, das ist mittlerweile in über
hundert Bänden nachzulesen. Wer sie nicht mit sich schleppen
und aufschlagen will, tut sich jetzt leichter mit der
elektronischen Edition "Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts".
Seitengenau
Gerade mal zwei CD-ROMs waren für die Software-Spezialisten
nötig, um die Urteile des Gesamtwerks speichern zu
können. Es sind insgesamt 107 Bände der amtlichen
Sammlung, seitengenau im Umbruch der gedruckten Ausgabe
übernommen worden. Beim ersten Beschluss vom 9. September 1951
geht es um die Neugliederung der Länder Baden,
Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern; und Thema
des letzten Streitpunktes hier ist die Gewährleistung
fachgerichtlichen Rechtsschutzes (vom 30. April 2003).
Dazwischen sind am Monitor mehr als 2.800 Entscheidungen
elektronisch aufzublättern. Zugleich ist dies eine
bundesrepublikanische Chronik aller großen politischen
Auseinandersetzungen, freilich stets in juristischer Diktion
formuliert. Bei einem historischen Rückblick wird man erinnert
an leidenschaftliche Debatten um die Mitbestimmung,
Volkszählung, Berufsverbote, Emanzipation, Ostverträge
oder die Parteienfinanzierung - und eben immer auch an das
verfassungskonforme Machtwort aus Karlsruhe.
Will man nun bestimmte Entscheidungen nachlesen oder ausdrucken,
so ist das problemlos möglich, denn die
Programmoberfläche wurde bedienerfreundlich gestaltet.
Unterhalb der Symbolleisten und Registerkarten - zum Beispiel
für die Volltextsuche - befinden sich drei Nutzerflächen:
Links enthält das obere Fenster einen Verzeichnisbaum mit
sämtlichen Bänden; unterhalb davon öffnet sich nach
dem Anklicken eine Liste mit den einzelnen Entscheidungen samt
Aktenzeichen und Datum. Rechts gegenüber ist schließlich
in übersichtlicher Form der gewählte Text zu sehen.
Neuere Entscheidungen (beginnend mit dem 1. Januar 1998) werden
ja auch über die Homepage www.bundesverfassungsgericht.de
veröffentlicht. Doch ist dort der Service beim Bearbeiten,
Markieren und Suchen keineswegs so komfortabel wie bei diesem
vorzüglichen CD-ROM-Set, das zugegeben nicht ganz billig
ist.
Verlagsredaktion
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. CD-ROM für
Windows.
Mohr Siebeck, Tübingen 2004. Grundwerk (Bd. 1-107): 398,-
Euro;
neuestes Update (bis Band 109): 44,- Euro
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