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Johanna Metz
Mädchen stark machen!
Gegen Gewalt und Diskriminierung
Viele Fotografen sind gekommen. Als Schauspielerin Katja Riemann
und TV-Moderatorin Bärbel Schäfer den Raum in der
Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin betreten, ist das
Blitzlichtgewitter groß. Ein Foto von Schäfers Babybauch
oder von Riemann im hellblauen Blümchenkopftuch -
unwiderstehlich. Riemann ist genervt und fordert die Fotografen
auf, endlich Ruhe zu geben, "schließlich sind wir doch wegen
was anderem hier".
Wie wahr, denn beide sind als UNICEF-Botschafterinnen nach
Berlin gekommen, um auf einer gemeinsamen Konferenz von UNICEF und
Friedrich-Ebert-Stiftung am vergangenen Montag auf die weltweite
Diskriminierung von Mädchen aufmerksam zu machen. Mit einem
von Vertretern aus Wissenschaft, Politik und
Nichtregierungsorganisationen erarbeiteten Manifest will UNICEF ein
Zeichen setzen, wirksamer gegen Menschenrechtsverletzungen an
Mädchen vorzugehen und mehr für ihre Rechte zu tun. Motto
des Aufrufs: "Mädchen stark machen".
Leben im Gefängnis
"Millionen von Frauen leben in einem Gefängnis aus Armut,
traditioneller Benachteiligung und Machismo", kristisiert Esther
Guluma, die UNICEF-Regionaldirektorin für Südasien. Der
Organisation zufolge fehlen weltweit schätzungsweise 60
Millionen Frauen, weil weibliche Föten gezielt abgetrieben,
Mädchen als Babys getötet oder so schlecht versorgt
werden, dass sie sterben. Für Verbrechen, die Männer an
Frauen begehen, weil sie sich in ihrer Ehre verletzt fühlen,
gibt es in 14 Ländern immer noch mildernde Umstände. Zwei
Drittel der 875 Millionen Analphabeten weltweit sind Frauen. In
Indien wird alle sechs Stunden eine jung verheiratete Frau
verbrannt, totgeschlagen oder in den Selbstmord getrieben, weil
sich die Familien über die Mitgift streiten. In Bangladesh
wurden in den vergangenen vier Jahren mindestens 1.100 Frauen und
Mädchen von Männern mit ätzender Säure
überschüttet, etwa weil sie sich ihrem Mann verweigert
oder eine Heirat abgelehnt hatten.
Hinter Monira Rahman, der Geschäftsführerin der
Stiftung Säureopfer in Bangladesh, ist das Bild eines solchen
Säureopfers zu sehen. Das Gesicht des jungen Mädchens ist
von starken Verbrennungen gezeichnet, zum Schutz der empfindlichen
Haut trägt es ein Tuch. "Die Schönheit einer Person zu
zerstören, bedeutet, ihr ganzes Leben zu zerstören",
findet Rahman. Denn es reiche nicht, das Gesicht durch kosmetische
Eingriffe wieder herzustellen, auch das Selbstbewusstsein
müsse mühsam wieder aufgebaut werden. Die entstellten
Frauen würden gemieden, sie fänden keinen Ehepartner -
und gerieten so an den Rand der Gesellschaft.
Vorrangiges Ziel von UNICEF ist es daher, die
Gleichgültigkeit gegenüber Menschenrechtsverletzungen an
Frauen durch Aufklärungskampagnen zu durchbrechen. Auch
müssten Mädchen die Chance haben, zur Schule zu gehen und
ihr Leben selbstbestimmt zu führen. Ein eigenes Einkommen
würde es ihnen ermöglichen, unabhängig zu werden und
sich gegen alltägliche Diskriminierungen zur Wehr zu
setzen.
"Als Mädchen geboren zu werden, kommt vielfach einem
Todesurteil gleich", sagt Katja Riemann, selbst Mutter einer
Tochter. Für UNICEF hat sie bereits Projekte im Senegal, in
Moldawien und Rumänien besucht. "Wir in unserem reichen Land
können nicht müßig sein, über
Gleichberechtigung und Emanzipation zu sprechen", findet sie. Und
Esther Guluma fügt hinzu: "Erst wenn die sozialen Werte
geändert werden, können Mädchen weltweit die
gleichen Möglichkeiten haben wie Jungen."
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