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Eckhard Stengel
"Wesergate" bleibt mysteriös
Wer hat warum das Bremer CDU-Haus
verwanzt?
Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt
dumm!" Bei einem Prozess am Bremer Amtsgericht konnten sich
Ankläger und Richter kürzlich an die Titelmelodie der
"Sesamstraße" erinnert fühlen. Weil ein Kronzeuge
überraschend die Aussage verweigerte, hatten die Juristen
keine Chance, ihm die entscheidenden Fragen zu stellen: Wer hat wie
und warum die Bremer CDU-Zentrale verwanzt?
Ein Funkamateur hatte im Sommer 2003 die Stimmen des
CDU-Landesvorsitzenden Bernd Neumann (MdB) und des damaligen
Fraktionschefs Jens Eckhoff (heute Bau- und Umweltsenator)
empfangen. Als er die Partei alarmierte, fanden sich
Abhörwanzen in den Büros beider Politiker. Sofort begann
das große Rätselraten: Wer könnte ein Interesse
daran gehabt haben, die beiden Minisender in Steckdosenleisten
einzubauen?
Drei Monate später präsentierte die Staatsanwaltschaft
überraschend die ersten Tatverdächtigen - wenn auch kein
Motiv: Zwei Bremer Privatdetektive, die Ende 2000 in Eckhoffs
Auftrag die Partei- und Fraktionsräume im CDU-Haus vorsorglich
auf Abhöranlagen untersuchen sollten, taten dabei angeblich
das Gegenteil: Sie sollen die Büros überhaupt erst
verwanzt haben. Das jedenfalls behauptete ein weiterer
Privatdetektiv, ein Ex-Stasi-Abhörexperte aus Berlin. Er will
im Auftrag der beiden Bremer die Beschaffung und den Einbau der
Wanzen übernommen haben.
Der Berliner erhielt mittlerweile einen Strafbefehl über
zehn Monate Haft auf Bewährung und 3.000 Euro Geldbuße.
Seine beiden Bremer Kollegen, übrigens alte
Geschäftsfreunde von Eckhoff, wurden dagegen vor Gericht
gestellt. Im Ermittlungsverfahren hatten sie die Vorwürfe des
Berliners zurückgewiesen. Im Prozess verweigerten sie die
Aussage. Diesem Beispiel folgte völlig überraschend auch
der Berliner, als er im Amtsgericht vernommen werden sollte. Da
nunmehr der einzige Belastungszeuge ausgefallen war, sah nicht nur
das Gericht, sondern auch der Staatsanwalt keine andere
Möglichkeit mehr als einen Freispruch nach dem Grundsatz "Im
Zweifel für die Angeklagten". Zwar wurden noch schnell die
Akten über die polizeiliche Vernehmung des Berliners verlesen,
aber angesichts mancher Ungereimtheiten wollten die Richter eine
Verurteilung nicht allein auf diese Protokolle stützen. Auch
Sachbeweise standen kaum zur Verfügung: Die CDU hatte nach dem
Abhöralarm nicht sofort die Polizei, sondern einen weiteren
Privatdetektiv und einen Elektriker gerufen, der beim Wanzen-Ausbau
versehentlich Spuren vernichtete.
Nach dem Freispruch bleibt weiterhin offen, ob die Bremer
Detektive wirklich den Anstoß zum Lauschangriff gaben und ob
sie ihrerseits einen Auftraggeber hatten. Auch die Motive liegen
noch immer völlig im Dunkeln. Eine kleine Chance, die
"Wesergate"-Affäre aufzuklären, besteht allerdings doch
noch: Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen überraschend
Berufung gegen den Freispruch eingelegt. Sie will in der
nächsten Instanz klären lassen, ob der Kronzeuge
tatsächlich komplett die Aussage verweigern durfte.
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