Martin Peter
Mehr Geld über das Grundgesetz
Hauptstadt Berlin mit leeren Kassen
Klaus Wowereit (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister und
Mitglied der Föderalismuskommission, muss sich von der
Opposition im eigenen Abgeordnetenhaus Versagen vorhalten lassen.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Nicolas Zimmer spricht von der
"größten Blamage seiner Amtszeit". Was hat sich der
Regierende Bürgermeister zu Schulden kommen lassen? Nun, es
geht um die Stellung Berlins als Hauptstadt im künftigen
Bund-Länder-Gefüge, das die Föderalismuskommission
unter Vorsitz von Franz Müntefering (SPD) und Edmund Stoiber
(CSU) im Auftrag von Bund und Ländern ausgearbeitet hat.
Dabei geht es in erster Linie um Geld. Berlin, das angesichts
einer Schuldenlast von 50 Milliarden Euro schon in Karlsruhe auf
eine Schuldenentlastung durch den Bund von 25 bis 35 Milliarden
Euro klagt, sollte nach Wowereit im reformierten Grundgesetz
verankert werden. Aber eben nicht nur als Bundeshauptstadt, sondern
mit dem Zusatz, dass die Repräsentation des Gesamtstaates an
der Spree Aufgabe des Bundes ist. Doch genau gegen diese
Präzisierung wandte sich der Bund. Eben weil er
fürchtete, dadurch finanziell noch stärker in die Pflicht
genommen zu werden.
Die Opposition im Abgeordnetenhaus ist überzeugt, dass sich
Wowereit in der Föderalismuskommission nicht energisch genug
bei SPD-Chef Franz Müntefering für die Verankerung der
Repräsentationspflichten im Grundgesetz eingesetzt zu haben.
So wurde dieser Zusatz einfach gestrichen. Übrig blieb, dass
Berlin die Hauptstadt und Näheres durch ein Bundesgesetz zu
regeln sei. Berlin ist überzeugt, dass der Bund zu wenig
zahlt. Der Bund überweist bislang 38 Millionen Euro pro Jahr
für die Mehrbelastung der Berliner Polizei durch die
Sicherheitsanforderungen des Bundes. Aus der Sicht des Senats aber
müssten es 70 Millionen Euro mehr sein. Schließlich hat
es Berlin durchschnittlich mit 3.000 Demonstrationen und vielen
Staats- und Regierungsbesuchen mit hohen Sicherheitsstufen zu tun.
Insgesamt lässt sich der Bund bereits heute die Hauptstadt 440
Millionen Euro kosten. Freilich fließen davon nur noch zehn
Millionen Euro für den Hauptstadtkulturfonds direkt in den
Landeshaushalt. Dafür gibt der Bund erheblich mehr Geld direkt
für Einrichtungen von nationaler Bedeutung aus. Dazu
gehört vor allem die Sanierung der Museumsinsel, deren Kosten
in Milliardenhöhe das Land Berlin total überfordert
hätte.
DDarüber hinaus wünscht sich Berlin ein Engagement des
Bundes von 100 Millionen Euro zur Sanierung der Staatsoper, Geld
für die Sanierung des Konzert- und Schauspielhauses auf dem
Gendarmenmarkt und eine Übernahme des Naturkundemuseums durch
den Bund, das ebenfalls renovierungsbedürftig ist. Bereits mit
50 Prozent beteiligt sich der Bund an einigen Gedenkstätten.
Doch dieser Anteil ist dem Land Berlin zu gering. In all diesen
Posten, die sich zu mehreren Hundert Millionen Euro summieren
würden, ist freilich der größte Teil der Hilfe des
Bundes für Berlin gar nicht enthalten. Gemeint ist der Beitrag
des Bundes für Berlin nach dem Solidarpakt Ost.
Gegenwärtig erhält Berlin aus diesem Solidarpakt rund
zwei Milliarden Euro. Der Finanzausgleich der Länder spielt in
diesem Zusammenhang keine Rolle.
Besondere Situation Berlins
Berlin kommt den Bund und den anderen 15 Bundesländern und
Stadtstaaten recht teuer. Das wird auch ohne Murren hingenommen,
weil alle die besondere Situation der Stadt kennen. Doch der Bund
hat kein Geld mehr. Gleiches gilt für die Länder, die
ihrerseits ihre Landeshauptstädte im Blick haben müssen.
Und so will der Bund verhindern, dass ihm im Rahmen der
Föderalismusdebatte neue finanzielle Lasten aufgebürdet
werden.
Das alles ändert aber nichts an der Tatsache, dass der
Regierende Bürgermeister im Abgeordnetenhaus von Berlin einen
schweren Stand hat, wenn er keine finanziell belastbare Verankerung
Berlins im Grundgesetz erreicht - zumal weitere Verpflichtungen auf
den Bund zukommen. Unklar ist beispielsweise, wie sich ein neuer
Architektenwettbewerb für die "Topographie des Terrors"
finanziell auswirken wird und was aus dem schrottreifen Palast der
Republik wird.
Nach dem Willen des Deutschen Bundestages soll der vom Asbest
befreite Palast der Republik abgerissen werden. Auf diesem
Gelände soll das ehemalige Stadtschloss wieder in Form eines
modernen Gebäudes mit der historischen Fassade des Schlosses
errichtet werden. Während die Fassade durch Spenden finanziert
werden soll, wird der eigentliche Bau nach bisherigen Berechnungen
mit 670 Millionen Euro zu Buche schlagen. Inzwischen haben die
Befürworter des Wiederaufbaus des Stadtschlosses einen
einflußssreichen Mann für den Vorsitz des entsprechenden
Vereins gewinnen können: Professor Richard Schröder,
einst Vorsitzender der SPD-Fraktion in der freigewählten
Volkskammer.
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