Auftaktveranstaltung "Lade Deine Nachbarn ein" der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland e.V. (ACK) am 25. Januar 1999, 18.00 Uhr, in der Katharinenkirche in Frankfurt/M
Für Ihre Initiative: "Lade Deine Nachbarn ein" kann man sich keinen aktuelleren Zeitpunkt wünschen. Die Frage, wie Menschen deutscher und nichtdeutscher Herkunft in unserem Land miteinander umgehen, wird unter anderem unter dem Stichwort "Doppelte Staatsbürgerschaft" neu gestellt. Zur Überwindung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt kann man allerdings zu jeder Zeit gar nicht genug tun. Daß diese Initiative auf einer breiten ökumenischen Basis erfolgt, ist allein schon Ausdruck dessen, worum es meiner Meinung nach gehen muß: Um das friedliche und gleichberechtigte Zusammenleben von Menschen, die unterschiedlichen Religionen, unterschiedlichen Kulturkreisen angehören, in einer Gesellschaft. Dieses ökumenische Zeichen wird eine Ermutigung an all diejenigen im kirchlichen Raum darstellen, die sich für Zusammenarbeit und Zusammenleben von Deutschen und Ausländern besonders engagieren. Solche Initiativen und Aktionen wie diese sind aber auch für unser politisches Handeln im Bundestag und für die Willensbildung in Parteien und Verbänden sehr wichtig, da sie (immer wieder) dazu herausfordern, die eigenen Sichtweisen und bisherigen Entscheidungen kritisch zu überprüfen.
Wir leben in einer sich dramatisch verändernden Welt. Die Globalisierung hat nicht nur wirtschaftliche, sie hat auch politische und kulturelle Folgen von weitreichender Bedeutung. In allen Teilen der Welt werden durch das zunehmende Eindringen von Waren, kulturellen Leitbildern und Vorbildern der Lebensführung eingelebte Traditionen in Frage gestellt.
Von diesen Prozessen kann unsere Gesellschaft nicht unberührt bleiben. Wir können davon ausgehen, daß künftig unsere eigene Gesellschaft wie die meisten anderen in der Welt in zunehmendem Maße kulturell vielfältig sein wird. Die Zuwanderung aus anderen Teilen der Welt wird sich fortsetzen und einige der bei uns lebenden Minderheitengruppen werden in Folge der höheren Geburtsraten (verglichen mit der in der Mehrheitsgesellschaft) an Gewicht zunehmen. In den einzelnen europäischen Gesellschaften ist die kulturelle Mischung eine je verschiedene. In Ländern wie Frankreich oder Großbritannien ergibt sie sich aus der kolonialen Vergangenheit, während sie in der Bundesrepublik Deutschland vor allem durch die Politik der gezielten Anwerbung von Arbeitsimmigranten seit den 60er Jahren und danach durch den Zustrom von Flüchtlingen und Asylbewerbern geprägt worden ist. Die Arbeitsimmigration fand zu einem hohen Prozentsatz aus der Türkei statt, was sich darin ausdrückt, daß von den sieben Millionen in Europa lebenden Muslimen alleine 2,7 Millionen in Deutschland ihr Zuhause haben. Wir werden in einer kulturell vielfältigen Gesellschaft leben, ganz gleich, ob das allen Bürgerinnen und Bürgern gefällt. Es kommt also darauf an, wie wir mit den ethnischen, religiösen und kulturellen Minderheitengruppen in unserem Lande zusammenleben, die häufig wiederum in sich selbst hochgradig unterschiedlich sind.
Notwendigerweise ergeben sich daraus eine Reihe besonderer Konflikte und Herausforderungen. Auch unsere "Mehrheitsgesellschaft" wird sich auf einen längeren Verbleib einer ethnischen und religiösen Minderheit einstellen müssen. Das "Andere" wird sichtbarer; es ist für unsere Gesellschaft, für die soziale Integration und für die politische Kultur der Demokratie von ausschlaggebender Bedeutung, daß das "Andere" nicht durch Unkenntnis, Gleichgültigkeit oder Intoleranz zum "Fremden" gemacht und damit zu einer beständigen Konfliktquelle wird.
Zugleich erleben wir einen dramatischen Wandel in den eigenen, nationalen, gewachsenen sozialen und kulturellen Binnenstrukturen. Häufig wird nämlich übersehen, daß auch innerhalb unserer eigenen Kultur, in der Kultur unserer eigenen Gesellschaft durch den Wandel der Werte und Lebensformen, durch den Einfluß der Massenmedien und der Bildung und durch die Einflüsse, die andere Gesellschaften und Kulturen auf uns ausüben, ebenfalls eine zunehmende Differenzierung der Wertorientierung und der Lebensweisen, der Alltagsästhetiken und der Denkmuster, der Freizeitbeschäftigung und der Lebensorientierung, also der Kultur der gesellschaftlichen Teilgruppen zu beobachten ist. Diese innere kulturelle Differenzierung bei uns selbst hat beträchtliche Auswirkungen nicht nur auf die Lebensweise, sondern auch auf Abgrenzungen und Zuwendungen des einzelnen im Verhältnis zu anderen Menschen und Gruppen in unserer Gesellschaft zur Folge. Das gilt gleichermaßen für das politische Denken und Handeln, die Bereitschaft zum Engagement und die Unterstützung von politischen Parteien. Obgleich diese innere kulturelle Differenzierung zu großen Unterschieden zwischen einzelnen sozialen Milieus führt und erhebliche Folgen für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft hat, spielt sie in den öffentlichen Diskussionen über kulturelle Unterschiede kaum je eine Rolle. Schon das deutet darauf hin, daß bei der Hervorhebung kultureller Unterschiede weniger die Unterschiede selbst als vielmehr ihre Verwendbarkeit für außer ihnen liegende politische Zwecke den Ausschlag geben.
Es ist generell in unserer Gesellschaft zu beobachten, daß als Kehrseite erwünschter Emanzipation und Pluralisierung zugleich Gemeinschaftsbindungen abnehmen, Vereinzelungen bis hin zur Einsamkeit zunehmen. Dieses gilt um so mehr für viele ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger, erst recht für Asylsuchende und Flüchtlinge. Wir müssen uns eingestehen, daß wir oft sehr wenig von ihnen, ihren Lebensumständen, ihren Vorstellungen, ihrer Kultur oder ihrer Religion wissen. Unabhängig von ihrem unterschiedlichen Rechtsstatus, mit dem Ausländer in Deutschland leben, gilt es, ihnen wie jedem anderen auch Achtung entgegenzubringen, sie nicht allein zu lassen, ihnen zu helfen, Begegnungen mit ihnen zu suchen. Denn der Anspruch einer menschlichen Gesellschaft muß sich im konkreten Lebensalltag auswirken. Und deswegen möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich betonen: Wir wollen Hilfe leisten, wo wir es mit unseren Mitteln können, und wir wollen die Integration fördern, wo immer es möglich ist. Unser Ziel steht schon lange, 50 Jahre lang, im Grundgesetz: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden."
Ein auf Achtung und Respekt, auf Toleranz und Zuwendung beruhender Umgang mit unseren ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern hat nicht nur etwas mit "christlicher Nächstenliebe" zu tun. Er gebietet sich aus ganz ureigenen Interessen unseres gesellschaftlichen Funktionierens und Zusammenlebens selbst. Jüngste Studien haben gezeigt, daß die Verweigerung der vollständigen Integration für die bei uns lebenden kulturellreligiösen Minderheitsgruppen unter Umständen einen hohen Preis verlangt. Dabei gilt es, sorgfältig zwischen Integration und Assimilation zu unterscheiden. Während Assimilation den anderen zur Aufgabe seines Andersseins drängt, bietet Integration eben die Chance zur gleichberechtigten Teilhabe an öffentlichem, wirtschaftlichem und kulturellem Leben der Gesellschaft und erkennt zugleich sein Recht auf das Anderssein an. Diejenigen unter ihnen, die sich von der Mehrheitsgesellschaft nicht anerkannt und angenommen fühlen, neigen nämlich in verstärktem Maße dazu, sich wieder der kulturellen Identität ihrer Herkunftsgesellschaft zuzuwenden und wie zur Kompensation erlittener Demütigungen und Verunsicherungen die aggressivsten Varianten religiöskultureller Identitätsbildung zu bevorzugen. Gelingende Integration ist darum nicht nur ein Gebot der politischen Kultur unserer Gesellschaft, sondern eine praktische Notwendigkeit für ihre politische und gesellschaftliche Handlungsfähigkeit.
Meine Damen und Herren, wir führen in diesen Tagen eine heftige Diskussion um die Fragen der Staatsbürgerschaft, der Integration der hier lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, der Ein und Zuwanderungen nach Deutschland sowie, damit verbunden, um Probleme des interkulturellen Miteinanders. Es geht um grundlegende Fragen der Gegenwart und der Zukunft. Es reicht nicht aus, wenn sich Wissenschaftler, Experten und engagierte Gruppen mit den Problemen befassen, die sich aus Migrationsbewegungen ergeben, Migrationsbewegungen, die auf absehbare Zeit den Alltag fast überall auf der Welt mitbestimmen werden. Deshalb müssen sie in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert werden, und zwar, meine ich, mit folgenden Zielen: Erstens und selbstverständlich um die angemessenen Problemlösungen zu finden. Denn erst eine solche öffentliche Diskussion ermöglicht es, die Vielfalt an Erfahrungen und Perspektiven zu berücksichtigen, das Pro und Contra von Argumenten zu prüfen, um dann zu guten Entscheidungen zu gelangen. Zweitens, um bestehenden Ressentiments und Vorurteilen in einem rationalen Diskurs aktiv entgegenzuwirken. Und drittens ist eine solche öffentliche Diskussion auch deswegen wichtig, weil durch die öffentliche Teilhabe die getroffenen Entscheidungen von möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern unserer Gesellschaft mitgetragen werden können. Je größer der Konsens, desto größer die Möglichkeiten jetziger und künftiger Integration. Deswegen möchte ich betonen: Die aktuelle Diskussion in der bundesdeutschen Öffentlichkeit ist eine große Chance, vorausgesetzt, wir verspielen diese Chance nicht durch einen dem menschlichen, moralischen, kulturellen Stellenwert unangemessenen Stil. Die Debatte um die Staatsbürgerschaftsfrage zeigt bereits, wie schnell wir mit Unterstellungen, Ungenauigkeiten, vielleicht gar bewußten Ungenauigkeiten bei der Hand sind. Die geplanten neuen Regelungen sind weder ein Staatsstreich des Parlaments noch eine Einladung an den Terrorismus. Und umgekehrt gibt es Gründe, die gegen die doppelte Staatsbürgerschaft angeführt werden können, die weder rechtsextremistisch sind noch den Tatbestand der Ausländerhetze erfüllen.
Aber, diese kritische Anmerkung muß schon erlaubt sein: Dieses Thema eignet sich besonders wenig zur Vereinfachung. Wer ohne seriöse Information und Aufklärung Unterschriftenkampagnen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft inszeniert, die ja nur unter definierten Voraussetzungen zugebilligt werden soll, der trägt weniger zur Problemlösung bei, der polarisiert unvermeidlich, der befördert eher dumpfe ausländerfeindliche Ressentiments. Ich kann nur die eindringliche Bitte aussprechen, dieses Thema nicht wie begonnen auf der Straße zu beenden. Es sollte eine Warnung für alle demokratischen Parteien sein, daß immer dann - ich verweise auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg -, wenn das Thema "Ausländer" zum Wahlkampfschlager gemacht wurde, die rechtsextremistischen Parteien die eigentlichen Gewinner waren!
Gerade das aber sollte doch unsere Demokratie auszeichnen: daß sie den sachlichen Meinungsaustausch befördert, in dem Argumente sorgfältig geprüft und auf dieser Grundlage akzeptable Entscheidungen gefunden werden. Weil es bei uns oft an der notwendigen Gelassenheit fehlt, weil unzulässig verallgemeinert wird (die Ausländer, die Deutschen) und weil die Auseinandersetzungen nicht selten in ein Freund-Feind-Denken abzudriften drohen, möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich für den argumentativen Dialog werben. Wir brauchen nicht einseitige Zuspitzung, sondern mehr Differenzierung, nicht emotionale Aufladung, sondern mehr Nachdenklichkeit, nicht Bestätigung von Vorurteilen, sondern mehr Aufklärung, nicht nur politische Machtstrategie, sondern auch Verantwortlichkeit für die Betroffenen. Dieses gilt um so mehr, als sowohl von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages als auch der übergroßen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die Integration der ausländischen Mitbürger befürwortet wird. Das dürfte demnach nicht Gegenstand des Streits sein. Gegenstand des Streits kann nur sein, mit welchen Mitteln die Politik, der Gesetzgeber, die Kirchen, Religionsgemeinschaften, die Verbände, Gewerkschaften und jeder einzelne - ob inländischer oder ausländischer Abstammung - diese Integration beschleunigen und vertiefen können.
Meine Damen und Herren, einer Zivilgesellschaft sind Intoleranz, Rassismus und Ausländerhaß unwürdig, diesen Einstellungen muß immer wieder neu der Nährboden entzogen werden. Wir wissen aus der eigenen Geschichte, wohin solche Denkhaltungen und Verhaltensweisen geführt haben. Die nationalsozialistische Diktatur beruhte auf einer völkischen, rassebiologischen Ideologie, die zu ethnischer, religiöser und kultureller Ausgrenzung und systematischer Abwertung anderer führte. Genozid und Mord waren dann die Konsequenz solchen Denkens. Das darf sich niemals wiederholen. Wir sind verpflichtet, alles zu tun, damit jetzt und künftig die zivilisatorischen Werte Grundlage unseres Zusammenlebens in Deutschland bleiben. Das gilt in besonderem Maß für das gemeinschaftliche Miteinander von deutschen und ausländischen Bürgern. Der Artikel 1 unseres Grundgesetzes mit seinem Bekenntnis zu Menschenwürde und Menschenrechten, das möchte ich ins Gedächtnis rufen, gilt ausdrücklich für alle Menschen, nicht nur für Deutsche.
Selbst wenn wir uns über sonstige politische Grenzen hinweg einig darin sind, daß wir nationalsozialistische und rassistische Ideologie und Politik mit ihren ausgrenzenden und (aus heutiger Sicht) ausländerfeindlichen Konsequenzen ablehnen, so müssen wir doch zugleich wachsam bleiben, daß ausgrenzende, integrationsfeindliche Ideologien nicht gewissermaßen durch einen Hinter- oder Nebeneingang in die Köpfe der Menschen finden. Mir scheint, daß das immer mehr Verbreitung gewinnende Ideologem vom "Kampf der Kulturen" das Orientierungsvakuum auf einfache und scheinbar überzeugende Weise zu füllen droht, das nach dem Verschwinden des kommunistischen Feindbildes auf der öffentlichen Bühne entstanden ist. Dieses Ideologem deutet wirkliche Konflikte, die in unseren Gesellschaften und zwischen Staaten in den 80er und 90er Jahren auf neue Weise und mit neuen Energien ausgebrochen sind, als einen Ausdruck der angeblichen Unverträglichkeit unterschiedlicher Religionen und Kulturen. Es gewinnt seine rasche und weit verbreitete Plausibilität, indem es in unserer Nachbarschaft und in fernen Weltgegenden entflammende Konflikte als Erscheinungen eines einzigen neuartigen Grundkonfliktes deutet und damit wieder Ordnung in eine unübersichtliche Welt zu bringen scheint. In Gruppen und Parteien, Redaktionen und Seminaren aber auch politischen Berater- und Führungsstäben beginnt die Ideologie vom unvermeidlichen Kampf der Kulturen sich festzusetzen.
Durch die Art, wie diese Ideologie tatsächliche Konflikte deutet, beeinflußt sie die Sicht anderer Kulturen und Religionen in den Augen vieler Menschen und die Orientierung und Gewohnheiten im Umgang mit solchen Konflikten. In der Nachbarschaft, in der Gesellschaft im ganzen und in der großen Politik gehen von dieser fatalistischen Deutung der kulturellen Unterschiede Wirkungen aus, die langanhaltend Bedeutung gewinnen können und sogar die Ursachen für die Feindseligkeit von Repräsentanten unterschiedlicher Religion und Kulturen erst erzeugen, die sie dann wieder zur Rechtfertigung ihrer trostlosen Deutung der Welt in Anspruch nimmt.
Die Ideologie vom Kampf der Kulturen könnte auf diese Weise rasch zu einer weltweiten Gefahr werden, die sich verselbständigt und die Ereignisse erst schafft, die sie vermeintlich nur schildert. Während nämlich die einen aus unterschiedlichen Motiven tatsächlich an der Politisierung kultureller Differenz für die Zwecke ihrer Machtsicherung arbeiten, fürchten andere, daß auch sie sich in ihren eigenen kulturellen und religiösen Bezugsgruppen enger zusammenschließen und auf feindselige Auseinandersetzungen einstellen müssen, da ja die anderen ebenfalls ihnen gegenüber solche Absichten verfolgen. Der Kreislauf der selbstbestätigenden Prophezeiung kommt in Gang und dient auf allen Seiten als Rechtfertigung für verweigerte Verständigungsversuche, wird zur Verteidigung eigener Privilegien oder aggressiven Vormachtsstrebens.
Meine Damen und Herren, ich weiß, so weit ist es noch nicht. Und soweit sind wir auch in Deutschland noch nicht. Es stimmt, daß die übergroße Mehrheit der Deutschen nicht ausländerfeindlich ist. Und ich bin auch froh darüber, daß viele Menschen mit Abscheu und persönlichem Einsatz dagegen protestierten, daß bei uns Asylbewerberheime brannten, und sich schützend vor ihren Nachbarn gestellt haben. Diese sympathischen Aktionen ändern nichts daran, daß es einen harten Kern von Neonazis und anderen Rechtsextremisten mit den entsprechenden rassistischen Einstellungen und fremdenfeindlichen Äußerungen gibt. Es handelt sich um eine kleine und kriminelle Minderheit. Der jüngste Verfassungsschutzbericht belegt, daß die Zahl der von Rechtsextremisten und Neonazis verübten Straftaten wieder zugenommen hat. Besondere Sorge bereitet mir die große Gewaltbereitschaft Jugendlicher, die durch eine entsprechende hetzerische Subkultur unterstützt wird. Die rassistisch motivierten tätlichen Angriffe auf ausländische Mitbürger dürfen genauso wenig verharmlost werden wie das Zusammenschlagen von Menschen aus Lust an der Gewalt, aus Frustration oder Wut. Ich meine, hier sind wir alle gefordert: als Eltern, Lehrer, Jugendbetreuer, Politiker, Bürger. Jungen Menschen muß klar gemacht werden, daß Gewalt nicht akzeptiert wird. Wir müssen deshalb stärker als bisher die Bedeutung unserer Grundwerte für das menschliche Zusammenleben aufzeigen. Und wir brauchen mehr Aufklärung über die unhaltbaren geistigen Grundlagen des Rassismus. Aber das allein reicht nicht. Ich bin schon der Auffassung, daß es eine Grenze der Toleranz und der Fürsorglichkeit gibt. Rechtsextremismus, zumal gewaltbereiter und gewalttätiger Rechtsextremismus, ideologisch-fundamentalistische Intoleranz verlangen nach konsequenter Anwendung aller staatlicher Mittel der Polizei und der Justiz.
Ich bin allerdings auch der Ansicht, daß die negativen
Erscheinungen, auf die ich eben hingewiesen habe, nicht zu
Zerrbildern und Fehleinschätzungen führen dürfen.
Die überwiegende, schlichte Normalität des Zusammenleben
von Deutschen und Ausländern in unserem Land darf nicht aus
dem Blickfeld geraten. Zu uns kommen viele als Touristen,
Studenten, Teilnehmer an Tagungen, Freunde und Bekannte. Bei uns
arbeiten viele Menschen aus anderen Staaten in ganz
selbstverständlicher Weise, als Arbeitnehmer oder Unternehmer,
als Wissenschaftler oder Dienstleistende. Der dadurch bestehende
geistige, wirtschaftliche und kulturelle Austausch bereichert
Deutschland in hohem Maß. Er lebt von dem Einsatz und dem
Engagement vieler Menschen.
Das gilt auch für die vielfältigen Initiativen und
spontanen wie organisierten Hilfen im Alltag. Es gibt bei uns viele
Bürgerinitiativen im Land, die sich um Flüchtlinge ebenso
kümmern wie um den Austausch mit Angehörigen anderer
Länder und Kulturen. Ich denke auch an die vielfältigen
sozialen Unterstützungen durch Auslandsämter,
Jugendwerke, Stiftungen, Verbände und die Kirchen - die
heutige Aktion ist ja eine unter vielen anderen. Diese Arbeit
verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung. Sie zeigt,
daß Deutschland insgesamt weltoffener geworden ist.
Dazu beigetragen hat nicht nur die Politik des Ausgleichs mit den
Nachbarn Deutschlands seit 1945, sondern auch die Einigung zur
Europäischen Union. Sie vermittelt über die regionale und
nationale Identität hinaus ein neues
Zusammengehörigkeitsgefühl als Europäer. Der
gemeinsame Binnenmarkt hat eine umfassende wirtschaftliche
Integration ermöglicht. Ich bin sicher, daß die
gemeinsame Währung, deren Start wir vor wenigen Wochen erlebt
haben, diesen Prozeß weiter voranbringt. Der Vertrag von
Maastricht hat darüber hinaus die rechtliche Grundlage
für eine europäische Staatsbürgerschaft geschaffen.
Das kommunale Wahlrecht für Bürgerinnen und Bürger
der Europäischen Union eröffnet durch die
Möglichkeit politischer Teilhabe weitere Schritte der
Zugehörigkeit. All dieses führt dazu, daß im Rahmen
der Europäischen Union aus Ausländern inländische
Mitbürger werden. Je besser die Integration Europas gelingt,
desto größer werden die Gemeinsamkeiten eines
staatsbürgerschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen
Miteinanders. Das ist angesichts der kriegerischen, leidvollen
Auseinandersetzungen in der Geschichte Europas ein großer
historischer Fortschritt. Aber dieser Prozeß der
europäischen Integration bietet darüber hinaus mehr - bei
allen Unzulänglichkeiten im einzelnen -, nämlich auch das
Modell eines fruchtbaren Zusammenlebens mit ursprünglich
Fremden. Die Unterschiede von Ausländern und Inländern in
der Europäischen Union werden ja mit zunehmender Integration
immer geringer, ohne daß von der Zugehörigkeit zur
eigenen Nation gelassen werden muß. Wenn wir also danach
fragen: wie kann das "Fremde" angenommen werden, ohne das "Eigene"
aufzugeben, dann lautet die Antwort: dadurch daß wir einen
erweiterten gemeinsamen Rahmen schaffen, eine neue Ebene der
Identität und der Zugehörigkeit.
Ich glaube, daß ein solcher Ansatz uns auch in Deutschland
für das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern helfen
kann. Über alle sozialen und kulturellen Unterschiede hinweg
verfügen wir ja über einen gemeinsamen Referenzrahmen:
unser Grundgesetz und die Werte von Freiheit, Gerechtigkeit,
Solidarität und Frieden. Durch die Akzeptanz von
Menschenwürde, Menschenrechten und Grundwerten kann eine
Identität entstehen, durch die sich Deutsche und
Ausländer bürgerschaftlich verbunden fühlen
können, ohne die eigene Tradition, die eigene Kultur aufgeben
zu müssen. Und wenn wir darüber hinaus in den vielen
Situationen alltäglicher Begegnungen immer auch danach fragen,
was ist über das Unterschiedliche hinaus an Gemeinsamem da,
dann wäre für ein Zusammenleben auf der Basis von
Akzeptanz und Partnerschaft viel gewonnen.
Nach einer jüngsten Umfrage haben 67 % aller Deutschen
positive Erfahrungen mit Ausländern gemacht. Wenn wir uns
Gedanken machen, wie wir darauf aufbauend in den Kommunen, in den
Regionen oder im nationalen Bereich neue Gemeinschaft und
Identität stiften können, dann heißt das nicht,
daß wir Konflikte zwischen Deutschen und Ausländern,
zwischen dem Eigenen und dem Fremden, zwischen Mehrheit und
Minderheit leugnen, verschweigen oder wegdefinieren dürfen.
Solche Konflikte sind niemals Bagatellen, sondern bergen immer eine
entsprechende Brisanz. Um so wichtiger ist es, sie offen
anzusprechen. Vorbehalte und Unsicherheiten treten bei Teilen
unserer Bevölkerung in bezug auf Ausländer vor allem dort
auf, wo sie mit ungewohnten oder negativen Erscheinungen zu tun
haben. Viele Bürger haben Angst vor der Organisierten
Kriminalität - vor allem bei Drogen, wollen nicht in sozialen
Problemvierteln wohnen, ihre Kinder nicht in Schulklassen mit einem
hohen Ausländeranteil lassen. Oder sie haben Schwierigkeiten,
andere kulturelle oder religiöse Verhaltensweisen zu ertragen,
wie beispielhaft die Auseinandersetzungen um den Gebetsruf des
Muezzins in verschiedenen deutschen Gemeinden zeigen. Nicht zuletzt
werden auch die aus den Herkunftsländern "mitgebrachten"
Probleme ausländischer Mitbürger - wie die zwischen
Türken und Kurden - oft sehr kritisch wahrgenommen. Ich bin
dafür, Menschen mit ihren jeweiligen Wahrnehmungen,
Befürchtungen, Ängsten und fremdenskeptischen Haltungen
ernst- und dadurch anzunehmen. Wer das nicht tut, der treibt sie
womöglich erst dahin, wo sie sich (noch) gar nicht befinden:
in die Fremdenfeindlichkeit. Das können wir nicht wollen.
Aber genauso, wie wir diese Ängste und Befürchtungen ernst zu nehmen haben, müssen wir dem einzelnen abverlangen, daß er das Gefühl der Fremdheit selbst angeht im Sinne "aktiver Toleranz". Der Respekt vor den kulturellen und religiösen Traditionen des eigenen Landes und Kulturkreises gebietet zugleich die Achtung vor denen, die unsere ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger mitbringen. Das kann ganz praktische Auswirkungen haben. Es ist ein Unterschied, ob islamische Schülerinnen mit einem Kopftuch zur Schule kommen, was ihnen nicht verwehrt werden kann, oder ob ihre Eltern ihre Befreiung von einem Teil ihres gemeinsamen Unterrichts, z.B. dem Turnen, verlangen, was im Interesse der sozialen Integration nicht gefördert werden sollte. Für ein angemessenes Wechselverhältnis von kultureller Identität und Anerkennung einer gemeinsamen politischen Kultur in unserem Lande wäre ein islamischer Religionsunterricht an unseren Schulen von Bedeutung, für den deutsche und türkische Repräsentanten sowie Islam-Wissenschaftler gemeinsam die Verantwortung tragen sollten, so daß er in den Geist des Curriculums unserer Schulen im ganzen eingefügt werden kann und auch den religiösen Ansprüchen der Muslime gerecht werden kann. Die Verfassung der islamischen Religionsgemeinschaft als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts könnte ein weiterer wichtiger Schritt in diese Richtung sein.
Wir brauchen also einen produktiven Umgang mit diesen Problemen und Konflikten. Weil unausgesprochene, nicht zugelassene Konflikte belastend wirken und Probleme weiter verschärfen, ist es meiner Ansicht nach notwendig, daß wir über sie offen miteinander sprechen. Wenn wir das nicht tun, verbauen wir uns die Möglichkeit, Konflikte friedlich auszutragen und die Schwierigkeiten zu bewältigen. Schließlich sind Konflikte und Probleme nicht notwendig destruktiv, sondern bieten vielfältige Chancen für neue Erfahrungen, für Kreativität in der Problemlösung und für die Herstellung von Gemeinsamkeit. Oft wird dadurch erst eine Ebene des Verständnisses und der Aufnahme von Argumenten geschaffen. Deswegen bin ich auch für die Initiative "Lade Deine Nachbarn ein" sehr dankbar. Sie wird mit dazu beitragen, über vielfältige persönliche Begegnungen ambivalente Gefühle anzusprechen, einseitige Sichtweisen durch bessere Kenntnis übereinander zu verändern und Toleranz im Umgang miteinander zu fördern.
Was muß darüber hinaus in der nächsten Zeit in
Angriff genommen werden, um den hier lebenden ausländischen
Mitbürgerinnen und Mitbürgern bessere Chancen zur
Integration zu eröffnen, um aus den Fremden unter uns
Mitbürger in unserer Mitte zu machen? Lassen Sie mich im
Folgenden auf vier Punkte hinweisen, die mir wichtig
erscheinen:
Zum ersten ist die Anerkennung dessen wichtig, daß wir,
anders als im 19. Jahrhundert, heute de facto ein Einwanderungsland
geworden sind. Deutschland ist in Relation zur
Bevölkerungsgröße das weltweit größte
Zuwanderungsland geworden. Allerdings entspricht dem nicht die
(noch) geltende Rechtslage. Dies müssen wir ändern. Wir
bekommen durch eine Anerkennung dieser Tatsache besser die Probleme
in den Blick, die vielfältige Migrationsbewegungen bei uns
erzeugt haben und erzeugen. Ich denke da nicht nur an die
Asylbewerber und die ausländischen Flüchtlinge, sondern
vor allem an die angeworbenen Gastarbeiter, deren Familien
inzwischen in der zweiten oder dritten Generation bei uns leben.
Sie gehören zu uns, sie haben hier ihren Lebensmittelpunkt,
vielleicht sogar ihre Heimat gefunden. In unser Blickfeld
gehören aber auch die Heimatvertriebenen, die Aussiedler und
die aus der damaligen DDR geflüchteten Deutschen. Auch wenn
uns das oft nicht bewußt ist: Unser Land, das zeigt sich
bereits in der Aufzählung, hat vielfältige Erfahrungen
gesammelt bei der Integration unterschiedlicher Gruppen. Wäre
es nicht sinnvoll, uns diese bewußt zu machen und zu nutzen
für die Integration?
Zum zweiten gehört dazu die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Wir können nicht wollen, daß Ausländer auf Dauer als Bürger zweiter Klasse in unserem Gemeinwesen leben. Deshalb hat die Bundesregierung, wie Sie alle wissen, einen entsprechenden Entwurf als ersten Teil einer allgemeinen Reform vorgelegt. Die kürzeren Einbürgerungsfristen und die Ergänzung des Abstammungsprinzips durch das Territorialprinzip eröffnen den lange hier lebenden oder hier geborenen Ausländern die Möglichkeit, nun auch in die Rechte und Pflichten eines deutschen Staatsbürgers einzutreten. Ich glaube, daß durch die gleichberechtigte Teilnahme am öffentlichen Leben stärkere Bindungen und Zugehörigkeitsgefühle entstehen können.
Es kommt, und das ist mein dritter Punkt, auch auf die Haltungen
der Hilfe an. Das gilt besonders für den sozialen und
wirtschaftlichen Bereich. Hier müssen wir unsere
Bemühungen verstärken, um Arbeitsstellen zu schaffen.
Wenn man weiß, daß nur 40 % der ausländischen
Jugendlichen (im Gegensatz zu 70 % der deutschen) eine Ausbildung
aufnehmen, dann wird schnell deutlich, wo wir ansetzen müssen,
um eine bessere Integration zu erreichen. Dazu gehört auch der
Abbau sprachlicher Barrieren. Der Erwerb der deutschen Sprache
erleichtert nicht nur die allgemeine Verständigung, sondern
führt zugleich zu besseren Ausbildungs- und
Einstellungschancen in Unternehmen. Deswegen glaube ich nicht,
daß es Sinn macht, Mittel für Sprachförderung zu
streichen, im Gegenteil.
Darüber hinaus meine ich: Statt einseitig Ausländer als
Konkurrenten im Kampf um knappe Arbeitsplätze zu sehen,
sollten wir wahrnehmen, was sie alles zur Wirtschaftsleistung
Deutschlands beitragen. Es müßte stärker beachtet
werden, daß viele Konflikte, die seit Jahren als solche
zwischen verschiedenen Kulturen begriffen worden sind, vor allem
soziale Konflikte sind, Differenzierungen etwa zwischen Unter- und
Mittelschicht, zwischen arm, gut verdienend und wohlhabend sind,
die sich allmählich auch innerhalb der Gruppen
ausländischer Herkunft entwickelt haben.
Türkischstämmige Mitbürger, die sich hier
größeren Wohlstand erworben haben, leben nicht mehr in
Ausländervierteln, sondern ziehen in Stadtviertel um, in denen
auch die deutschstämmige Mittelschicht und die deutschen
Wohlhabenden leben.
Mein letzter Punkt betrifft den kulturellen Umgang miteinander. Mit
den Ausländern sind andere Vorstellungen von Lebensstil, von
religiösen Bindungen und kulturellen Traditionen in unser Land
gekommen. Sie erfordern die grundsätzliche Anerkennung des
anderen - nichts anderes heißt ja Toleranz. Denn eine
freiheitliche Gesellschaft gründet sich nicht nur auf der
Pflege der eigenen kulturellen Wurzeln als Teil der eigenen
Identität. Sie beruht auch auf dem Austausch und der
produktiven Auseinandersetzung mit anderen Kulturen. Wir Deutschen
tun uns damit nicht leicht. Gerade weil bei uns nationale Kultur
und Nationalstaat nicht zusammen gewachsen sind, weil die
Bestimmung des Eigenen historisch gesehen nicht
selbstverständlich war, sind Unsicherheiten im Umgang nicht
nur mit uns selbst, sondern auch mit dem Fremden, Andersartigen,
bis heute an der Tagesordnung.
Die Frage der Exklusion und Inklusion: "Wer gehört dazu und
wer nicht?" taucht deshalb heute als Problem immer wieder auf.
Ebenso geschieht es mit der Frage nach Universalität und
Partikularität: "Soll der Staat die Menschenrechte als
universale Normen durchsetzen oder muß er die
Eigenständigkeit der Kultur(en) mit andersgearteten Normen
anerkennen?". Übrigens ist dies ein Konflikt, der schon die
Auseinandersetzung zwischen Kant und Herder bestimmt hat - die
damaligen Positionen und Argumente finden wir auch heute immer
wieder.
In der globalisierten Welt von heute ist der auf Herder zurückgehende traditionsreiche Kulturbegriff, der Kulturen auf homogene ethnische Gruppen bezieht und die Individuen in ihren Kulturen gänzlich eingeschlossen und eingeschmolzen sieht, allerdings einer gründlichen Revision bedürftig. Die alte Vorstellung aus der Frühzeit der Moderne, derzufolge Kulturen wie Kristallkugeln wirken, die alles starr und dicht verschließen, was zu ihnen gehört, und untereinander nur die Verkehrsform des Zusammenstoßes zulassen, entspricht nirgends mehr der Realität. Sie ist heute nicht nur falsch, sondern auch verhängnisvoll und gefährlich. Überall erleben wir, daß sich die Kulturen intern in höchstem Maße differenzieren und ebenso große Unterschiede in der Fortschreibung derselben kulturellen Traditionen zu beobachten sind wie zwischen den Kulturen.
Unter dem Einfluß der globalen Massenkommunikation, der Angleichung vieler Berufsrollen, des Kontaktes mit anderen Kulturen durch Reisende und als Reisende, durch die Werbung und auf vielen anderen Wegen sind die Kulturen in der Gesellschaft eher wie Flüssigkeiten, die sich mischen und auch innerhalb der einzelnen Gesellschaften und innerhalb des selben kulturellen Rahmens zu ganz unterschiedlichen Kombinationen, Akzentuierungen, Lebensmustern, Denkweisen und Orientierungen führen. Schon aus diesem Grund ist die Abgrenzung von Kulturen untereinander nach dem alten Modell der Kristallkugel heute eine verfehlte Vorstellung.
Ohne diesen philosophischen Streit nun entscheiden zu wollen,
sollten wir uns jedoch auf zweierlei verständigen können.
Auf der einen Seite gilt es, für die Annahme unserer
Verfassung einzutreten, auf der anderen Seite kulturelle Vielfalt
anzuerkennen. Ich denke, daß wir angesichts dieser
grundsätzlichen Problemlage zusätzlich zwei Dinge
besonders fördern müssen: Erstens brauchen wir eine
Konfliktkultur, die im Alltag demokratisch und produktiv zugleich
mit den interkulturellen Konflikten umgehen hilft. Und zweitens
brauchen wir vielfältige Maßnahmen interkultureller
Verständigung und interkulturellen Lernens, die bereits in der
Schule ansetzen müssen. Auf Dauer wird uns dadurch die
sachliche Auseinandersetzung mit den Problemen und ein gelassener
Umgang mit religiöser, ethnischer und kultureller
Pluralität gelingen.
In dieser Perspektive baue ich auf die gemeinsame Bereitschaft von
Deutschen und Ausländern zur Integration. Wir haben alle
Bestrebungen zu fördern, die Abschottungen und Separierungen
überwinden. Dazu gehören Aufklärung,
Erfahrungsaustausch und die Erweiterung des eigenen Wissens
über andere Kulturen, Lebensweisen und Vorstellungen. Dies
fördert die Gemeinsamkeit von Grundwerten, die Haltung der
Toleranz und die Anerkennung von Vielfalt. Ohne persönliche
Begegnung wird dieses nicht gehen. Deswegen erhoffe ich mir eine
breite Teilnahme an der Aktion "Lade Deinen Nachbarn ein" und
wünsche ihr einen großen Erfolg.