BEI BEITRITTSBEMÜHUNGEN AUF KOPENHAGENER KRITERIEN ACHTEN (ANTRÄGE)
Berlin: (hib/BOB-eu) Die Bundesregierung soll bei den bevorstehenden Beratungen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am 10. und 11. Dezember in Helsinki darauf hinwirken, dass die EU Beitrittsverhandlungen mit allen Bewerberstaaten auf Basis der Empfehlungen der Europäischen Kommission in ihren Fortschrittsberichten aufnimmt.
Dies verlangen SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem Entschließungsantrag (14/2248) zur für Freitagvormittag geplanten Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Bundestag. Die Koalition betont in diesem Zusammenhang, Grundvoraussetzung für die Aufgaben neuer Mitglieder in die EU blieben die sogenannten Kopenhagener Kriterien von 1993.
Die EU hatte seinerzeit in der dänischen Hauptstadt festgelegt, neue Länder nur aufzunehmen, wenn diese politische Grundvoraussetzungen wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Schutz von Minderheiten sowie eine funktionsfähige Marktwirtschaft erfüllten.
Nach dem Willen von Sozialdemokraten und Bündnisgrünen soll der Bundestag zudem die Regierung in ihrem Bemühen unterstützen, in Helsinki den Kandidatenstatus der Türkei zu formalisieren, um diesem Land eine wirksame Hilfestellung auf seinem Weg hin zu einem demokratischen Rechtsstaat mit funktionierender sozialer Marktwirtschaft zu geben.
Dieses Angebot könne aber nur dann zu einer konkreten Aufnahme von Beitrittsverhandlungen führen, wenn die Türkei ihrerseits die Kopenhagener Kriterien erfülle. Auch wenn Ankara in dieser Richtung bereits erste Schritte unternommen habe, seien nach wie vor große Anstrengungen zur Durchsetzung von Demokratie, zur Gewährleistung der Menschen- und Minderheitenrechte, zur Änderung der Rolle des Militärs in der türkischen Politik, der Wirtschaft und Gesellschaft sowie zur Herstellung einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft erforderlich, unterstreichen die Regierungsfraktionen.
Zum bevorstehenden EU-Gipfel hat auch die CDU/CSU einen Antrag (14/2233) vorgelegt. Nach dem Willen der Union soll das Parlament die Regierung unter anderem dazu auffordern, dass diese sich in der finnischen Hauptstadt dafür einsetzt, dass die Erweiterung "zügig” vorangebracht, zugleich aber auch politisch und ökonomisch mit großer Sorgfalt und Umsicht vorbereitet wird.
Nur so könne den in der Bevölkerung noch vorhandenen Ängsten vor möglichen Risiken und negativen Folgen einer überhasteten Erweiterung begegnet werden. Nach Ansicht der CDU/CSU sind vor diesem Hintergrund auch die Ergebnisse des Berliner EU-Gipfels im März dieses Jahres zur Agenda 2000 nachzubessern.
Der Fraktion zufolge ist die Osterweiterung in der finanziellen Vorausschau unterfinanziert, die Beitragslasten der Mitglieder wiesen weiterhin strukturelle Ungerechtigkeiten auf und die für die Gemeinsame Agrarpolitik in einer erweiterten EU zwingend erforderliche Ko-Finanzierung der Agrarsausgaben sei nicht realisiert worden.
Auch die Union spricht sich für eine strikte Einhaltung der auf dem Europäischen Rat in Kopenhagen vereinbarten politischen und wirtschaftlichen Kriterien bei der Aufnahme neuer Mitglieder aus. Sie plädiert im Übrigen dafür, die Kandidatenländer müssten sich durch eigene Anstrengungen für den Beitritt qualifizieren.
Sie beeinflussten damit das Tempo und den Zeitpunkt des Beitrittes ab dem 1. Januar 2003 im wesentlichen selbst.
Die F.D.P. fordert in einem von ihr vorgelegten Antrag (14/2246), das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs müsse dazu benutzt werden, dem Erweiterungsprozess die dringend benötigte Dynamik zu verleihen.
Es sei ein deutliches Zeichen für die Bereitschaft der fünfzehn Mitgliedsstaaten der EU zu setzen, ab 2002 mit der Aufnahme der am weitesten fortgeschrittenen Bewerberstaaten zu beginnen. Dieses Zieldatum, so die Liberalen weiter, sei dazu geeignet, auf EU und Beitrittskandidaten den notwendigen Druck auszuüben, den "längst nicht abgeschlossenen” Reformprozess fortzusetzen und, wenn möglich, zu beschleunigen.
Ausserdem erhielten die Menschen in den Umbruchländern, die viele Opfer hinnähmen und große Anstrengungen machten, ein "Licht im Ende des Tunnels”, so die Freien Demokraten. Die F.D.P. befürwortet zudem, eine "ehrliche und realistische Europaperspektive der Türkei”. In ihrer jetzigen Verfassung sei das Land aufgrund ungelöster Probleme aber noch nicht beitrittsfähig.
Die PDS spricht sich in einem Entschließungsantrag (14/2245) zur Plenardebatte am Freitag dafür aus, der Empfehlung der Europäischen Kommission, mit weiteren sechs Beitrittskandidaten konkrete Verhandlungen zu führen, zuzustimmen.
Im Rahmen dieser Verhandlungen sei im Übrigen allen Bestrebungen, den acquis communautaire (den gemeinschaftlichen Besitzstand) auszuhöhlen, energisch entgegenzutreten. Bei der Gewährung notwendiger Übergangsfristen für einzelne Länder müssten soziale und ökologische Schieflagen, die aus einem Missverhältnis zwischen rascher wirtschaftlicher Öffnung und Liberalisierung, erneuter politischer Abschottung nach Osten und langen Übergangsfristen im sozialen und ökologischen Bereich entstehen könnten, vermieden werden, betont die Fraktion.
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