Geplante Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie stößt auf Kritik
Berlin: (hib/VOM) Die geplante Umsetzung der EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce) in deutsches Recht stößt auf Kritik. In schriftlichen Stellungnahmen zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (14/6098), der am heutigen Montag ab 15.00 Uhr Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses ist, verweisen die Sachverständigen auf das Ziel der Richtlinie, bestimmte für die Dienste der Informationsgesellschaft geltende innerstaatliche Regelungen anzugleichen, um den freien Verkehr von solchen Diensten innerhalb der EU sicherzustellen. Gegenstand der Richtlinie sind Dienstleistungen, die auf Abruf im Fernabsatz und auf elektronischem Weg angeboten und erbracht werden.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erinnert daran, dass Internetseiten in der gesamten EU abgerufen werden können, so dass ein Diensteanbieter allein in der EU mit 15 Rechtsordnungen konfrontiert sei. Die EU-Kommission wolle diese Rechtsunsicherheit beseitigen, indem sie durch das "Herkunftslandprinzip" festlege, dass Anbieter nur dem Recht des Staates unterworfen seien, in dem sie ihren Sitz haben. Durch die von der Regierung geplante Umsetzung dieses Herkunftslandprinzips durch Prüfung des internationalen Privatrechts und anschließenden Günstigkeitsvergleich würde die Rechtslage aber komplizierter als bisher, was dem Ziel der Richtlinie wiederspräche. Würde das Herkunftslandprinzip eindeutig gelten, wäre die Rechtslage dagegen von vornherein klar, so der DIHK. Für Anbieter in Deutschland würde deutsches Recht gelten, was zu Rechts- und Planungssicherheit im grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr führen würde. Dagegen würde nach der geplanten Umsetzung das anwendbare Recht nicht von vornherein feststehen. Im Einzelfall würden Gerichte erst auf Grund eines Günstigkeitsvergleichs entscheiden können, ob deutsches Recht oder ausländisches Recht anzuwenden ist. Ähnlich argumentiert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der im "Günstigkeitsvergleich" selbst eine unzulässige Regel des internationalen Privatrechts sieht, die im Ergebnis zu "absurden Aufspaltungen der rechtlichen Wertung einheitlicher Lebenssachverhalte" führt. Unter Umständen erfahre der Diensteanbieter erst nach mehreren Instanzen vor Gericht, welches Recht das "günstigere" war. Dadurch würde das Ziel, Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen, ins Gegenteil verkehrt. Für einfache und einheitliche Regelungen plädiert auch der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft -ZAW. Das Internet sei ein Raum ohne Binnengrenzen. Aus diesem Grund passe das Herkunftslandprinzip auch so gut zum Internet, während die "überkommenen Regeln" des internationalen Privatrechts Probleme aufwürfen. Das Herkunftslandprinzip sollte nach Meinung des Zentralverbandes so umgesetzt werden, dass für deutsche Unternehmen deutsches Recht und für Anbieter in anderen Mitgliedstaaten deren Recht gilt. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (BITKomm) betont, der europäische Binnenmarkt könne für den Handel nur durch ein umfassendes Herkunftslandprinzip eröffnet werden. Für die Anbieter elektronischer Dienste sei es von Bedeutung, dass allein das Recht des Niederlassungsorts maßgeblich ist. Dagegen hält Professor Karl-Heinz Fezer von der Universität Konstanz die wörtliche Übernahme des Herkunftslandsprinzips aus der EU-Richtlinie im Hinblick auf die Rechtssicherheit nicht für sinnvoll. Damit würden Auslegungsschwierigkeiten den Gerichten überlassen.