Koalition und Union wollen mit Gesundheitsreform 10 Milliarden Euro sparen
Berlin: (hib/RAB) Mit einer umfassenden Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wollen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen die Kassen im Jahre 2004 um rund 10 Milliarden Euro entlasten. Das geschätzte finanzielle Entlastungsvolumen soll bis zum Jahre 2007 auf circa 14 bis 15 Milliarden Euro steigen, heißt im GKV-Modernisierungsgesetz (15/1525), das heute in erster Lesung im Bundestag beraten wird. Im Einzelnen ist vorgesehen, bestimmte Leistungen in die Eigenverantwortung der Versicherten zu übertragen. Dazu gehört der Zahnersatz, der ab 2005 allein von den Versicherten mit einem einkommensunabhängigen Beitrag finanziert wird. Dem Entwurf zufolge haben die Versicherten die Wahl zwischen privater und gesetzlicher Versicherung. Darüber hinaus wird das Krankengeld nicht mehr von den Arbeitgebern mitfinanziert. Nach dem Willen der Abgeordneten werden versicherungsfremde Leistungen der Kassen künftig gegenfinanziert aus Mitteln, die dem Staat durch eine stufenweise Erhöhung der Tabaksteuer in den Jahren 2004 und 2005 um insgesamt 1 Euro je Zigarettenpackung zufließen. Die Rentner leisten einen Beitrag zu den Einsparungen, indem sie künftig von ihren sonstigen Versorgungsbezügen volle Beiträge zahlen. Auch die Zuzahlungsregelungen werden nach dem Willen der drei Fraktionen neu gestaltet. Versicherte werden künftig "angemessen" an ihren Krankheitskosten beteiligt. Überforderungsregelungen schützen dabei vor unzumutbaren finanziellen Belastungen. Die Parlamentarier wollen besondere Rücksicht auf Familien und chronisch Kranke nehmen. Auch ist ein Bonussystem vorgesehen, von dem Versicherte, die an präventiven Maßnahmen oder an besonderen Versorgungsformen teilnehmen, profitieren. Auch die Leistungserbringer wollen die drei Fraktionen in die Pflicht nehmen. Die Vergütungen für Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser sollen an die stagnierende Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen gebunden werden, so dass auch 2004 kein Spielraum für Zuwächse bei Leistungserbringern vorhanden sei.
SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen schreiben, der medizinische Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen führten zu einem Ausgabenanstieg, hinter dem die Entwicklung der Einnahmen zurückbleibe. Diese Finanzierungslücke könne nicht durch weitere Beitragssatzsteigerungen finanziert werden, da dies die Arbeitskosten erhöhe und zu einer steigenden Arbeitslosigkeit beitrage. Auch wird eine Lösung durch Rationierung von Leistungen zu Lasten von Patienten parteiübergreifend strikt abgelehnt. Ziel sei es, ein hohes Versorgungsniveau bei angemessenen Beitragssätzen auch in Zukunft zu gewährleisten.
Die FDP hat ihre Vorstellungen zur Umgestaltung des Gesundheitswesens in einem eigenen Antrag (15/1526) formuliert. Die Fraktion will den Pflichtleistungskatalog der GKV auf einen Kernbereich konzentrieren. Im Einzelnen sollen die zahnmedizinische Behandlung, private Unfälle und das Krankengeld künftig privat abgesichert werden. Nach dem Willen der Parlamentarier soll der Arbeitgeberanteil auf maximal 6,5 Prozent begrenzt und steuerneutral als Lohnbestandteil ausgezahlt werden. Darüber hinaus wollen die Liberalen die Budgets umgehend abschaffen und durch einfache, leistungsgerechte Vergütungssysteme mit festen Preisen ersetzen. Auch sollen Leistungsansprüche im Pflichtversicherungsteil nur dann zugelassen werden, wenn im Zuge der Gegenfinanzierung andere Leistungsansprüche zurückgefahren werden. Zur Begründung schreibt die Fraktion, grundlegende strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem müssten darauf abzielen, die Generationengerechtigkeit herzustellen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken und neue Arbeitsplätze durch die Verbesserung der Einnahmeseite der GKV zu schaffen. Die Versicherten und Patienten sollten angesichts knapper Ressourcen größtmögliche Entscheidungsspielräume bei der Wahl ihrer Versicherungsform erhalten.