BUNDESTAG VOTIERTE FÜR ÄNDERUNG DES GRUNDGESETZES
Frauen sollen freiwillig Waffendienst in der Bundeswehr leisten dürfen
(re) Frauen sollen freiwillig Dienst mit der Waffe in der Bundeswehr leisten dürfen. Um dieses Ziel zu ermöglichen, hat der Bundestag am 27. Oktober auf Antrag von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und F.D.P. (14/4380) für eine Änderung des Grundgesetzes (GG) gestimmt. Mit Blick auf Frauen soll es dort in Artikel 12a künftig heißen: "Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden."
In namentlicher Abstimmung sprachen sich 512 Abgeordnete für die Verfassungsänderung aus. Mit Nein stimmten jeweils 2 Abgeordnete der SPD und der CDU/CSU sowie 1 Parlamentarierin von Bündnis 90/Die Grünen. Es gab 26 Enthaltungen, darunter 9 von der SPD, 2 von der Union, 1 von den Bündnisgrünen und 14 von der PDS.
Der Rechtsausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (14/4420) vorgelegt. Einen Antrag der F.D.P. mit der Forderung, die bisherige Formulierung im Grundgesetz zu streichen, der zufolge Frauen "auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten" dürfen, erklärte das Parlament für erledigt.
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Bald Normalität in der Bundeswehr: Frauen an der Waffe |
In der Plenardebatte erklärte für die SPD-Fraktion Anni Brandt-Elsweier, eine Änderung des Grundgesetzes wäre eigentlich gar nicht erforderlich gewesen. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 11. Januar dieses Jahres habe der Verteidigungsminister bereits reagiert und eine Änderung des Soldatengesetzes und der Laufbahnverordnung initiiert.
"Kompromiss wurde nötig"
Da Europarecht "zweifelsfrei höherrangiges Recht" und bei der Auslegung des Artikels 12a GG entsprechend anzuwenden sei, hätte man die entsprechende Bestimmung auch so auslegen können, dass das Waffendienstverbot für dienstverpflichtete, nicht aber für freiwillig dienende Frauen gelten solle. Da die Oppositionsfraktionen von CDU/CSU und F.D.P. aber ein "Koppelgeschäft" mit der Änderung des Artikel 16 Grundgesetz (siehe Seite 45) verlangt hätten, habe man einen Kompromiss finden müssen.
Rupert Scholz (CDU/CSU) erwiderte, wer das Urteil des EuGH zitiere, dürfe die deutsche Rechtsprechung nicht vergessen. So habe das Bundesverwaltungsgericht noch im Jahre 1999 klargestellt, dass auch der freiwillige Dienst von Frauen an der Waffe mit der geltenden Fassung des Grundgesetzes unvereinbar sei. Dies sei dann "mit Recht" Staatspraxis geworden, so Scholz. Das gesellschaftliche Bewusstsein in dieser Frage habe sich allerdings in der Tat geändert. Auch die "Bürgerin in Uniform" müsse deshalb berechtigter integraler Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft sein, so der CDU-Politiker.
Dennoch wäre es falsch gewesen, den freiwilligen Waffendienst von Frauen über eine Änderung des Soldatengesetzes zu ermöglichen. Damit wäre die Regierungskoalition in einen "massiven Gegensatz" zur höchstrichterlichen Rechtsprechung geraten.
Für Bündnis 90/Die Grünen verdeutlichte Volker Beck, mit der Entscheidung stärke der Bundestag die Berufsfreiheit in Deutschland und beende ein Stück Diskriminierung von Frauen im Berufsleben. Verfassungsrechtliche Bedenken würden ausgeräumt, die notwendige Rechtsklarheit und -sicherheit geschaffen. Beck wandte sich in diesem Zusammenhang gegen eine "schleichende Uminterpretation des Grundgesetzes, nur weil es uns gerade opportun zu sein scheint". Er betonte zudem, die Veränderung öffne die Bundeswehr für die Frauen, führe aber nicht zu einer Wehrpflicht für das weibliche Geschlecht.
Jörg van Essen (F.D.P.) betonte, seine Partei sei die erste gewesen, die sich dafür ausgesprochen habe, Frauen den gleichberechtigten Zugang zur Bundeswehr zu ermöglichen. Nunmehr falle das letzte geschlechtsspezifische Berufsverbot in der Verfassung. Eine Änderung des Grundgesetzes sei erforderlich gewesen, um eine eindeutige und klare verfassungsrechtliche Grundlage zu schaffen.
Petra Bläss (PDS) wies darauf hin, als "Antikriegspartei" müsste die PDS diese Verfassungsänderung eigentlich ablehnen. Die Gleichstellung von Frauen und Männern sei aber gleichzeitig ein zentrales politisches Ziel ihrer Partei, begründete Bläss das Verhalten der Mehrheit ihrer Fraktion, sich der Stimme zu enthalten.