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12/2001
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Panorama

Droht die "Beirätedemokratie"?

Heinz Riesenhuber

Heinz Riesenhuber

Margot von Renesse

Margot von Renesse

Ethikrat, Zuwanderungskommission, Bündnis für Arbeit. Dies sind nur einige aktuelle Beispiele für die zunehmende Zahl von Gremien, in denen sich vor allem die Exekutive Rat und Entscheidungshilfe holt. Wissenschaftler und politische Praktiker sehen diese Entwicklung nicht ohne Sorgen. Für die Deutsche Vereinigung für Parlamentsfragen war sie jedenfalls Anlass zu fragen: Droht die "Beirätedemokratie"?

Für Margot von Renesse (SPD), die die Enquete-Kommission Recht und Ethik der modernen Medizin des Bundestages leitet, ist grundsätzlich nichts daran auszusetzen, dass sich die Regierung beraten lässt. Bei Wertfragen oder Themen, die die Gesellschaft spalten könnte, gehe es aber nicht ohne das Parlament. Durchaus skeptisch sieht die erfahrene SPD-Parlamentarierin die Koalitionsrunden. Dort würden nicht selten von einer Gruppe der Regierung Entscheidungen festgezurrt, an denen auch die Koalitionsfraktionen später nichts mehr ändern könnten. "Man kann gegen solche Beschlüsse anrennen, es wird nichts nützen", sagte sie. Zur Gegensteuerung empfahl Renesse, das Parlament müsse wieder öfter mit Leidenschaft in Rede und Gegenrede auch über schwierige Themen debattieren und die Argumente messen.

Für Heinz Riesenhuber (CDU/CSU), Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des Bundestages, ist ein erhöhter Beratungsbedarf unausweichlich, da auch die Parlamentarier mit immer komplexeren Fragen befasst würden. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages sei dafür oft nicht ausreichend. Enquete-Kommissionen als "legitime Beiräte der Parlamentsarbeit" seien zur Klärung der richtige Ort. Externe Beratung von Regierung und Parlament müsse vor allem dazu dienen, Alternativen offen zu legen und die Möglichkeiten für eine rationale Debatte zu eröffnen. Die "Grenzen der Nützlichkeit" solcher Gremien sind für den früheren Bundesforschungsminister aber da erreicht, wo die Herrschaft der Politik und des Parlaments zurückgedrängt wird und diese Beratungszirkel sich verselbstständigen. Der Bundestag habe es in der Hand, mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein auf solche Tendenzen zu reagieren. Die Abgeordneten müssten darauf achten, dass beim Zustandekommen von Gesetzen ein "sauberer Prozess" eingehalten wird.

Der langjährige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm wies darauf hin, dass die sich immer stärker ausprägende "Verhandlungsdemokratie" am Parlament vorbei im Grundgesetz nicht vorgesehen sei. Das liege am zunehmenden Rückzug des Staates aus vielen Bereichen und dem daraus resultierenden Verzicht auf Machtausübung. Die Einrichtung von immer neuen "Verhandlungssystemen" führe in solchen Gremien nicht selten zu bereits ausgehandelten Gesetzentwürfen, die die Regierungsfraktionen faktisch nur noch ratifizieren sollten. Diese Entwicklung wirke sich nicht nur auf die parlamentarische Debatte aus, sondern setze auch das Gewicht von Wahlen herab.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0112/0112091a
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