Hermann Gröhe, CDU/CSU
Menschenrechtspolitik ist eine zentrale politische Aufgabe; sie ist wesentlicher Bestandteil der deutschen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik, verknüpft aber auch wirtschafts- und außenwirtschaftspolitische sowie innen- und rechtspolitische Elemente miteinander. Auf dieser Basis muss die deutsche Menschenrechtspolitik noch prägnantere Konturen entwickeln. Dabei reicht allein die Schaffung von Institutionen nicht aus.
Der in dieser Legislaturperiode ins Leben gerufene Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe hat sich nach etlichen Anlaufschwierigkeiten etabliert. Dem Engagement der Ausschussmitglieder ist es zuzuschreiben, dass dem Thema Menschenrechte nicht nur im parlamentarischen Raum, sondern auch in der Öffentlichkeit ein größeres Interesse entgegengebracht wurde. Die Zusammenarbeit mit den Menschenrechtsorganisationen hat sich in den letzten Jahren intensiviert. Zu kritisieren ist jedoch das Verhalten der rot-grünen Bundesregierung: Sie hat sich schwer getan, das neue Gremium auch als vollwertigen Ausschuss angemessen zu behandeln. Dies zeigte sich schon daran, dass die politisch Verantwortlichen aus der Spitze der für den Ausschuss maßgebenden Ministerien sich auch bei politisch wichtigen und brisanten Fragen rar machten. Zu diesem Bild passt auch, dass die per Bundestagsbeschluss alle zwei Jahre vorzulegenden Menschenrechtsberichte von der rot-grünen Bundesregierung nie rechtzeitig zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember veröffentlicht wurden. Damit handelte der grüne Außenminister seiner eigenen Forderung aus Oppositionszeiten zuwider. Der Minister hat zugleich zu verantworten, dass der Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt nur unzureichend in außenpolitische Entscheidungsprozesse eingebunden wurde und damit keinen prägenden Einfluss auf die deutsche Außenpolitik gewinnen konnte.
Als Fazit bleibt, dass die rot-grüne Regierung es nicht vermochte, ihren im Koalitionsvertrag festgeschriebenen hehren Zielen gerecht zu werden. Menschenrechtspolitik bedarf klarer Worte. Dies gilt beispielsweise im Hinblick auf die Lage der Menschenrechte in China. Im jüngsten Menschenrechtsbericht der Bundesregierung wird ein ganz wichtiges Menschenrechtsproblem Chinas - das System der Administrativhaft - überhaupt nicht erwähnt, während es im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe immer wieder eine bedeutende Rolle spielte. Die dramatische Zahl von über 4.000 Todesurteilen und beinahe 2.500 Hinrichtungen wird verharmlosend als "häufige" Verhängung der Todesstrafe umschrieben. Aus Sicht von CDU und CSU ist hingegen erfreulich, dass die Bundesregierung das Schwerpunktthema der Union, die Religions- und Meinungsfreiheit, aufgenommen und als wichtigen Bestandteil der Menschenrechtspolitik bezeichnet hat. Dies ist dem überparteilichen Konsens zuzuschreiben, dass bei allem Ringen um den richtigen Weg die Menschenrechtspolitik von dem Bewusstsein bestimmt ist, zuallererst den Menschen verpflichtet zu sein, die weltweit unter schrecklichen Menschenrechtsverletzungen zu leiden haben. Grundsätzlich gilt, dass den Worten auch Taten folgen müssen.