Rede von Dr. Jürgen Meyer im Europäischen
Konvent
am 05. Juni 2003
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
der Deutsche Bundstag hat gestern Nachmittag eine umfassende Stellungnahme zu den neuen Textvorschlägen des Präsidiums beschlossen, in der Vieles von den Gedanken meines Vorredners zu finden ist. Ich kann und muss nicht alles vortragen, zumal Ihnen der Beschluss mit mehreren Übersetzungen zugehen wird.
Deshalb will ich hier nur betonen, dass es viele Übereinstimmungen mit den Positionen gibt, die wir Ihnen gestern Vormittag, Herr Präsident, in der Gruppe der Nationalen Parlamentsdelegierten vorgetragen haben, z. B. zur Forderung, eine kohärente Verfassung ohne Optionen zu erarbeiten, oder zur Forderung, künftige Verfassungsänderungen grundsätzlich im Konventsverfahren vorzubereiten.
Zur Frage der Qualifizierten Mehrheitsentscheidung in der Außen- und Sicherheitspolitik zitiere ich einen Satz:
"In der Aussen- und Sicherheitspolitik dürfen einstimmige Entscheidungen des Rates nicht länger die Regel sein. Mehrheitsentscheidungen sind unabdingbar für eine in der internationalen Politik handlungsfähige Union. Ohne substanzielle Schritte zur Überwindung nationaler Vetorechte bleibt sonst auch der Wirkungskreis eines Europäischen Aussenministers eng begrenzt".
Ich füge hinzu:
Ein Europäischer Außenminister, der vom Veto eines jeden einzelnen Staats- oder Regierungschefs abhängig ist, wäre eine schwache Figur, auf die man auch verzichten könnte.
Gestatten Sie mir noch einen Hinweis zum Kapitel Demokratisches Leben.
Dort fehlt bisher die Anerkennung von Bürgerbegehren im Bereich der Europäischen Gesetzgebung. Morgen wird Ihnen dazu ein Vorschlag von mehr als fünfzig Delegierten zugehen. Wir schlagen vor, ein Bürgerbegehren einzuführen, dass sich an die Kommission richtet und diese, ähnlich wie es das Europäische Parlament bereits kann, zur Einleitung einer näher bezeichneten Gesetzesinitiative auffordert. Die Einzelheiten sollen durch ein Europäisches Gesetz geregelt werden. Bei Aufnahme dieses Vorschlages in die Verfassung können wir überzeugend sagen, dass wir in Europa "Mehr Demokratie wagen" wollen. (Beifall)