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Embryonalen Stammzellen
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Plädoyer für eine ethisch unbedenkliche Forschung

  22.11.01 René Röspel, MdB, SPD-Fraktion
Embryonale Stammzellen - der neue Superstar am Himmel moderner Medizin?
Mindestens wissenschaftlich gesehen sind embryonale Stammzellen (ES) von höchstem Interesse. 1998 konnten erstmals menschliche Stammzellen, die aus Embryonen gewonnen wurden, unter Laborbedingungen vermehrt werden. Im Labor könnten die ES-Zellen so beeinflusst werden, dass sich aus der noch unentwickelten Stammzelle eine der über 200 speziellen Zelltypen des Menschen entwickelt. Für einige Zelltypen der Maus sind solche Versuche bereits veröffentlicht. Die Reihe der ins Spiel gebrachten Krankheiten, für die die Hoffnung auf Heilung oder Linderung durch embryonale Stammzellen postuliert wird, wird immer länger. Die Chancen für die Nutzbarkeit embryonaler Stammzellen werden aber selbst von den Befürwortern relativiert: Es gehe zunächst nur um Grundlagenforschung. Von einer therapeutischen Anwendung könne vielleicht in 10 Jahren ausgegangen werden. Eine Herstellung ganzer Organe wird mittlerweile schon als illusorisch abgetan. Meines Erachtens wird es eher 20 Jahre dauern, wenn überhaupt eine Verwendung von ES-Zellen möglich ist, denn die Lösung medizinischer Probleme wie Abstoßungsreaktionen, unkontrollierte Vermehrung und Differenzierung ist nicht in Sicht. Ethisch gesehen bleibt das Dilemma, dass für die Herstellung von ES-Zellen Embryonen vernichtet werden. Ob die (theoretische!) Möglichkeit der Heilung ein ausreichend hohes Gut ist, das mit dem Lebensrecht des Embryos abgewogen werden kann, halte ich für fraglich.

Adulte Stammzellen - die ethisch unproblematische Alternative
Gewebespezifische/"adulte" Stammzellen (AS) sind dadurch gekennzeichnet, dass auch sie die Fähigkeit sowohl zur Selbsterneuerung als auch zur Entwicklung in spezialisierte Zelltypen besitzen. Es sind die einzigen Zellen, die bereits therapeutisch verwendet werden. Vielen Menschen ist bekannt, dass aus Knochenmarkzellen Blutzellen "hergestellt" werden können, um Leukämie zu therapieren. Mittlerweile ist es sogar möglich, aus Knochenmark- Knorpelzellen herzustellen. In über 20 Geweben des Menschen sind solche Zellen gefunden worden, und der Erkenntnisfortschritt ist ähnlich rasant wie bei den embryonalen Stammzellen. Allerdings ist die therapeutische Nutzung in großem Stil auch hier noch weit entfernt. AS sind, weil sie nur in geringer Zahl in den Geweben zu finden sind, sehr schwer zu isolieren. Darüber hinaus gibt es noch keine Möglichkeit, sie unter Laborbedingungen in ausreichender Zahl zu vermehren. Aber sie besitzen den unschlagbaren Vorteil, körpereigenes Material zu sein, also keine Abstoßungsreaktion hervorzurufen. Und ihre Gewinnung wäre ethisch unproblematisch.

Deutsche Forschung im Hintertreffen?
Vermutlich Anfang nächsten Jahres soll in Deutschland entschieden werden, ob embryonale Stammzellen des Menschen zu Forschungszwecken importiert werden sollen - was rechtlich bereits heute möglich ist. Aus meiner Sicht wird das über kurz oder lang dazu führen, dass auch in Deutschland sog. "überzählige" Embryonen aus künstlichen Befruchtungen zu Forschungszwecken benutzt werden. Da es nur wenige solcher eingefrorener Embryonen hier gibt, wird es nicht lange dauern, bis auch extra zu Forschungszwecken Embryonen hergestellt werden. Damit sind die Türen weit geöffnet und die letzten Grenzen niedergerissen. Der Druck, Stammzellen zu importieren, resultiert nicht unbedingt aus der Angst, Deutschland könne zur therapeutischen Wüste werden. Es geht auch darum, Patente zu sichern. Das ist ein legitimer Grund. Er reicht aber für mich nicht aus, um vorschnell Fakten zu schaffen, deren gesellschaftliche Konsequenzen wir nicht übersehen können.
Wir werden nicht ins Hintertreffen geraten, im Gegenteil: Wir haben die Chance, im Bereich der adulten Stammzellen die größten Erfolge zu erzielen, wenn wir unsere Forschung auf diesen ethisch unproblematischen Bereich konzentrieren.

  23.11.01 rainer S.
Herr Röspel,

"Ob die (theoretische!) Möglichkeit der Heilung ein ausreichend hohes Gut ist, das mit dem Lebensrecht des Embryos abgewogen werden kann, halte ich für fraglich."
Ich halte das nicht für fraglich! Die auch nur theoretische Möglichkeit der Heilung tausender Kranker rechtfertigt die "Opferung" einiger weniger gehirnloser Zellklumpen. Die theoretische Möglichkeit eines militärischen Angriffs rechtfertigt ja auch die Aufrechterhaltung des militärischen Apparats unter Inkaufnahme von Todesopfern bei Manövern. Und der Tod eines Embryos ist sicher harmloser als der Tod eines Soldaten! Der von Ihnen an die Wand gemalten "Gefahr", dass viele Embryonen extra für die Forschung hergestellt werden, sobald die ES-Forschung einmal begonnen hat, können Sie ja mit einer Stichtagsregelung begegnen (so wie Bush). Ein absolutes Importverbot für Überreste einiger teils seit Jahren toter Embryonen schützt keinen einzigen Embryo. In einem solchen Verbot kann ich nur einen religionsartigen Reinheitswahn sehen, geprägt von der Furcht, das deutsche Volk koennte durch ausländische Stammzellen "verunreinigt" werden.
"Adulte Stammzellen - die ethisch unproblematische Alternative"
Letztlich hängen in der biomedizinischen Forschung alle Bereiche zusammen. Verzögerungen oder Ausfälle in einem Bereich können daher Verzögerungen und Ausfälle in vielen anderen Bereichen nach sich ziehen. Darum befürworten auch viele AS-Forscher die Forschung an ES und sagen das beides parallel laufen muss. Man sollte nicht AS als Alternative zu ES darstellen. Wer das eine bekämpft, bekämpft auch das andere.
"Wir werden nicht ins Hintertreffen geraten" Das bezweifle ich. Ich bin ja kein Experte auf dem Gebiet, aber die Ausicht durch Differenzierung von ES grosse Mengen aller im Körper vorkommenden Zelltypen in Zellkultur zu gewinnen könnte nachhaltige Auswirkungen auf alle biochemischen Forschungsbereiche haben.
"...Fakten... deren gesellschaftliche Konsequenzen wir nicht übersehen können" Damit können Sie jedem alles verbieten. Welche negativen Konsequenzen sollte der Verbrauch gehirnloser Zellklumpen zum Wohle vieler Kranker haben?

  24.11.01 Wolfgang Perreiter PerreiterW@aol.com
Ich bin für eine embryonale Forschung unter einer gewissen staatlichen Kontrolle (= um zu wissen, was auf diesem Gebiet gemacht wird; extreme Situationen können definiert und reglementiert sein.)

  25.11.01 Uwe S UweStickelmann@gmx.net
Herr Rainer S.,
Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass das Embryo nach seiner Entstehung hirnlos - also nicht selbständig ist. Mit dieser Zellsammlung können vielleicht Heilungsmöglichkeiten für Kranke erforscht werden.
Aber die Entscheidung für oder gegen ES gibt auch die weitere Richtung der Forschung vor: Wenn die Forschung an ES legitimiert wird und vorangetrieben wird, werden in Zukunft die Embryonen in späterem Stadium vielleicht zu Forschungszwecken verwandt werden. Weitere gefährliche Entwicklungen ähnlich wie in der Gentechnik deuten sich hier an.
Deshalb ist die Frage pro/contra ES grundsätzlich zu betrachten: Hier ist es noch möglich, die Forschung aus ethischen Bedenken einzuschränken.
Allerdings denke ich, dass Deutschland letztlich nicht eine eigene Richtung gegen die europäische und amerikanische Forschung behaupten kann. Wenn dann nicht in Deutschland, wird in USA ES-Forschung betrieben.
Nichtsdestotrotz sollte die ES-Forschung meiner Meinung verboten werden.

  25.11.01 Walter Schuldt Walter.Schuldt@t-online.de
Ich kann Rainer nur zustimmen!
Im Übrigen ist es eine Bigotterie ersten Ranges, wenn einerseits Embryonale Stammzellen nicht verwendet werden dürfen, jedoch offenbar niemand etwas mehr dabei findet, jedes Jahr bis zu 170.000 Abtreibungen von bereits lebenden Föten hinzunehmen und diese straffrei zu stellen.

W.Schuldt

  25.11.01 Hilko ter Hell hilko.terhell@t-online.de
Eine ethische unbedenkliche Forschung
gibt es nicht.
Die Stammzellenforschung in der Form ist ein Verbrechen und erinnert mich an die 70 ziger Jahre wo die Physik behauptet hat, ihr Wissen verdoppelt sich alle 8 Jahre. Die Physik sagt in der politschen Diskussion, Atomkraft ist vollkommen harmlos, da man in 30 Jahren den Prozess des Atomarenverfalls stoppen und umkehren könne. Nun, die Industrie hat mit dem Feuer gespielt ohne wirklich die Folgen absehen zu könnnen. Dies scheint uns auch mit der Gen/ Stammzellen Forschen bevor zustehen. Tolle Profitte, aber keinen blassen Schimmer womit man wirklich umgeht. Nur wissenschaftliche Autoritäten, die mit Arbeitsplätzen agumentieren.

Hilko ter Hell

  26.11.01 Peter T autor@miria.com
Leider kann man der medizinischen Forschung nicht unbedingt nachsagen, dass sie in der Vergangenheit sehr verantwortungsvoll mit dem Begriff Ethik umgegangen ist. Das liegt am Menschenverständnis der Medizin, die im Menschen kein geistiges Wesen, sondern eine Ansammlung von Gehirnzellen sieht. Menschliches Leben sollte niemals patentiert oder Forschungszwecken ungeschützt "ausgeliefert" werden.

  26.11.01 Lorena Tiefenthal lorena.tiefenthal@web.de
Meine 3 jährige Tochter ist an Mukoviszidose erkrankt und Forschung ist ihre einzige Chance.Wir hoffen sehr darauf,dass die Forschung an embryonalen Stammzellen auch in Deutschland zugelassen wird,wissen aber auch dass der Weg zu einer hoffentlich einmal möglichen Heilung noch lang sein wird,vielleicht 10 oder 20 Jahre,aber sie könnte es noch schaffen diesen Wettlauf zu gewinnen.Wenn man selbst betroffen ist,sieht man vieles anders.Wer sein Kind ansonsten verlieren muss,wird nicht sagen dieses oder jenes Medikament will ich nicht,da es auf ethisch bedenklichem Weg hergestellt wurde.Wer gesund geboren ist oder gesunde Kinder hat,kann leicht sagen,dass er soetwas nicht machen würde.Braucht er ja auch gar nicht!
Alle Frauen,die mit der Spirale verhüten,vernichten Monat für Monat so wertvolle Lebewesen ohne dass sich jemand darüber aufregt und die überzähligen Embryonen von künstlichen Befruchtungen werden lieber vernichtet,sprich in die Mülltonne geworfen?
Lorena Tiefenthal aus Hagen

  27.11.01 Ralf Houven ralf.houven@firemail.de
Selbstverständlich sind Embryonen noch nicht allzu intelligent, schließlich muß sich ja auch das Gehirn entwickeln. Dennoch handelt es sich schon um Menschen, da die Zeugung ja schon geschehen ist. Allerdings ist dieser Mensch noch nicht lebensfähig, jedoch ist auch ein neugeborener Säugling noch nicht alleine lebensfähig, ohne Unterstützung würde er verhungern, verdursten und erfrieren. Insofern steht der Embryo dem Säugling und damit dem geborenen Menschen gleich. Entscheidend für die Menschwerdung ist die Zeugung, nicht die Geburt, denn bei der Zeugung werden zwei Zellen zu einer vereint und ergeben einen Menschen, bei der Geburt verläßt aber ein bereits fertiger Mensch den Körper der Mutter.
Ein Embryo ist also bereits Mensch und muß auch so behandelt werden. Wer Stammzellen aus lebenden Embryos entnimmt und ihnen damit die Lebensfähigkeit entzieht, handelt deshalb genauso verwerflich, wie jemand der einem Erwachsenen das Leben nimmt. Die Argumentation, daß mit den Ergebnissen der Stammzellenforschung kranken Menschen geholfen werden könne, ist entsprechend schwach. Was ist schon Krankheit gegen Leben.
Merkwürdig ist auch das Argument, daß man in Deutschland hinterherhinken könne. Käme es sich wirklich darauf an, Menschen zu helfen, dann wäre es egal, wo die Forschungsergebnisse erzielt würden, die diese Hilfe ermöglichen.
Hilfe für kranke Mensche haben die Wissenschaftler, die in Deutschland an embryonalen Stammzellen forschen wollen also anscheinend weniger im Sinne als vielmehr Gewinnsucht und Geltungssucht.
Deutschland sollte nicht an diesem Wettbewerb teilnehmen, bei dem wohl das Ziel ist, das Land mit der größten wirtschaftlichen Freiheit und den geringsten ethischen Standards zu sein.

  30.11.01 A. Bernert abernert@bigfoot.com
Guten Tag,

die Heilung von Mukoviszidose durch Einsatz adulter Stammzellen ist etwa genauso weit weg wie die durch Heilung embryonaler Stammzellen: 10 bis 20 Jahre oder sogar mehr. Auch die Schwierigkeiten sind vermutlich aehnlich hoch: Bei embryonalen Stammzellen muss man die Abstossungsreaktion in den Griff bekommen (dazu weiter unten), bei adulten muss man vor allem die Reprogrammierung hinkriegen; in beiden Faellen muss man die korrekte Ausdifferenzierung schaffen.

Hinsichtlich der Forschungszeit moechte ich darauf verweisen, dass in der Physik die Kernfusion seit ca 20 Jahren immer 10 bis 20 Jahre in der Zukunft liegt. Aehnliches (eher mit 5 Jahren) gilt fuer Impfstoffe gegen Aids, die Heilung von Krebs etc. Auf dieser Zeitskala laesst sich Forschung im wesentlichen nicht verlaesslich prognostizieren: Das ist auch bei Betrachtung der Wissenschaftsgeschichte immer wieder deutlich, auch und gerade in der Medizin.

Als einzigen Ansatzpunkt fuer die wahrscheinlich erfolgreiche Behandlungsmethode kann man danach schauen, was bislang tatsaechlich schon gemacht wird: Und da verwendet man meines Wissens adulte Stammzellen zur Heilung, nicht embryonale. Derzeit ist also die Konzentration auf embryonale Stammzellen so, wie wenn man sich auf die Erforschung eines strahlungsfreien Atommotors konzentriert statt Solarmobile zu bauen. Na gut, das ist ein bisschen uebertrieben, aber derzeit sind adulte Stammzellen die einzigen, mit denen erfolgreich therapiert wird --- soweit ich weiss; fuer Hinweise (am besten Referenzen) auf das Gegenteil bin ich sehr dankbar.

Es gibt aber noch einen ganz schweren Nachteil der embryonalen Stammzellen: Diejenigen, an denen man forscht, lassen sich zur Therapie wegen der Abstossungsreaktion nicht verwenden. Um das zu umgehen, muss man entweder das Immunsystem des Kranken medikamentoes schwaechen, was sich kaum foerderlich auf die Lebenserwartung auswirkt oder aber folgende Methode verwenden. Man klont den Kranken, d.h. man entnimmt ihm Erbmaterial, setzt es in eine leere Eizelle ein und erzeugt so, wie beim beruehmten Schaf Dolly, einen einzelligen Klon. Den laesst man sich vermehren. Wenn er alt genug ist, also Embryo, toetet man ihn, also reisst ihn auseinander, entnimmt die (somit embryonalen) Stammzellen und therapiert damit. Heilung mit embryonalen Stammzellen erfordert also fuer jede Behandlung einen toten Embryo, der zu diesem Zweck gezuechtet wurde. Gegen die ethischen Probleme, die sich damit ergeben, sind die gegenwaertigen geradezu laeppisch: Ist das Recht auf Leben des klonierten Embryos kleiner als das Recht auf Leben des "Originals"?

Ausserdem hat sich beim Klonieren bisher gezeigt, dass die entstehenden Lebewesen nicht so sehr gesund sind. Die meisten sterben noch vor der Geburt, viele sind in irgendeiner Form gehandicapt. Oder sie altern vorschnell, etc. Woran das liegt, weiss derzeit keiner und wird vermutlich auch nicht so schnell bekannt sein, da die Forscher derzeit noch raetseln, was genau die Eizelle macht, um das Erbmaterial so zu reprogrammieren, dass aus Nicht-Stammzell-Erbmaterial und der Eizelle Stammzellen entstehen koennen. Die dabei auftretenden Probleme zu verstehen, wird aber noch laenger dauern.

Es stellt sich daher auch die Frage, ob man nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreibt, wenn man mit aus Klonen gewonnenen Stammzellen, also eben den embryonalen Stammzellen, Kranke behandelt. Und wie lange die Behandlung tatsaechlich wirkt.

A. Bernert



  07.12.01 Peter N.
Sehr eifrig wird in diesem Forum der Zeitpunkt der Zellverschmelzung nach der Befruchtung als der Beginn eines neuen Lebewesens argumentiert. Per gesetzlicher Definition, insbesondere im Zusammenhang mit Organentnahmen zum Zwecke der Organspende, gilt der Hirntod als Fakt, sobald kein EEG mehr messbar ist. Zeitgleich mit dieser Feststellung ist folgendes möglich: Organentnahme, abschalten der lebenserhaltenden Systeme. Dies führt unweigerlich zum Exitus und damit zu den begehrten Organen.
Da es unmittelbar nach der Befruchtung und der damit einhergehenden Zellverschmelzung noch kein Gehirn gibt, ergo kein EEG messbar ist, ist doch per bereits erlassener und praktizierter Rechtslage im Grunde auch das 'Organspendergesetz' anzuwenden.

  07.12.01 Peter N.
Herr Bernert,
um diese Forschungsergebnisse, die Sie in Ihrem Beitrag zitieren geht es genau in dieser Ethikdiskussion. Ohne die gesetzliche 'Erlaubnis' zu dieser Art der Forschung an ES wird es in Deutschland noch Jahrhunderte dauern, wenn es überhaupt jemals dazu kommen wird.
Und ohne die Forschung, die damit verbundenen Risiken, aber auch den potentiellen Erfolgen, kommen wir in dem Thema ES, was geht, was geht eben nicht, nicht voran, denn nur dann, wenn wir den Forschern erlauben zu forschen werden wir iregendwann verwertbare Ergebnisse haben. Um diese zu erreichen muss aber erstmal geforscht werden und dazu muss entweder ein gesetzlicher Rahmen her, oder es wird ohne gesetzliche Regelung toleriert. Letzteres hielte ich bei allen positiven Erwartungen an ES, Gentherapie u.ä. allerdings für erheblich riskant.

  10.12.01 seniorbioethik heinrich@muenster.de
Sehr geehrter Herr Röspel,hier ein anderer Ansatz:
Ergebnis einer Tagung mit Menschen aus der Hilfe für Menschen mit Behinderung und aus der Hilfe für Frauen in Schwangerschaftskonflikten zur Prä-Implantations-Diagnostik: die absolut schützenswerte menschliche Existenz beginnt nach der erfolgreichen Einnistung des befruchteten Eis in die Gebärmutter der Frau.
Begründungen:
a) positiv: menschliche Existenz ist soziale Existenz - total, von Beginn an (Zeugung) und lebenslang (ohne Du kein Ich). Die Definition des Lebensschutzes ab dem Moment der Kernverschmelzung entspricht einem radikalindividualisti-schen, gefährlich einseitigen Bild des Menschen. Das nicht zu erkennen, werfe ich den bislang bekannten, insbesondere den protestantisch kirchlichen Stellungnahmen vor. Frauen sprechen zu Recht von einer bio-psychischen Einheit zwischen Embryo und Mutter. Das scheint Männern schwer zu fallen, ernst zu nehmen;
b) die Natur produziert ständig Situationen, die zur Nichteinnistung und zum Absterben der befruchteten Eizelle führen.

Schlussfolgerung und Aufforderung an die Wissenschaft: Findet Methoden heraus,die Frauen zumutbar sind, um solche natürlich abgegangenen, befruchteten Eizellen zu erhalten. Dann mögt ihr damit Ersatzgewebe züchten.
Dabei bleibts dann aber auch.


seniorbioethik

  18.12.01 Dr. Marcus Steierwald, privat steierwald@ta-akademie.de
Die Anliegen der Forscher wie der (Angehörigen von) Kranken sind sehr verständlich, doch geht es hier ja um diese Frage: welchen Weg soll der Gesetzgeber nach Abwägung aller berührten Güter und Werte gehen. Und da kann man es sich nicht so einfach machen, einen Embryo in einem frühen Stadium als einen 'unnützen Zellhaufen' zu bezeichnen, sondern man muß schon sehen, daß es sich hier um ein Lebewesen handelt, das zu einem einzigartigen Menschen mit singulärer Persönlichkeit heranwachsen kann. Und die Schranke zu beachten und verschlossen zu halten, die die Gebiete einer grundsätzlichen Anerkennung des Rechtes von Menschen auf Würde und die Gebiete der Verfügung über menschliches Leben trennt, halte ich für sehr wichtig.
Das Arbeitsplatzargument ist hier ebenso lächerlich wie gefährlich; die Menschen werden sich die Frage stellen: "Wie wird man mit mir verfahren, wenn ich mich einmal nicht mehr wehren kann, wenn man schon wegen ein paar Arbeitsplätzen die Grundwerte über Bord wirft?"

  20.12.01 rainer S.

Bemerkung zum Begriff "Würde":

Es gab und gibt Leute, die ihre Würde durch die Tatsache bedroht sehen, dass sich die Erde um die Sonne dreht oder dadurch dass der Mensch vom Tier abstammt oder dadurch dass wir in einer Demokratie leben oder....
Mit einem so dehnbar und schwammigen Argument wie "Würde" kann man alles mögliche rechtfertigen. Man sollte sich in der Debatte lieber an fassbare Tatsachen halten und fragen wem durch staatliches Handeln Leid zugefügt wird:
Überzählige Embryonen und deren Eltern leiden nicht. Kranke Menschen denen Therapiechancen genommen werden leiden schon. Fundamentalisten und andere, die ihre "Würde" durch Stammzellen bedroht sehen leiden nicht wirklich (im Vergleich zu schwer kranken Menschen). Kein humaner Staat würde den Stammzellimport verbieten.

  22.12.01 Markus Weber ethikberatung@gmx.de
Bemerkung zu Rainer S.
Herr Rainer S.,
ich denke, Sie haben tatsächlich nicht wirklich begriffen, um was es bei all den Fragen zum Thema Verwendung humaner embryonaler Stammzellen geht. Dies machen auch Ihre teilweise absurden Kommentare zu den anderen Stellungnahmen deutlich.
Nachdem Sie ihre Auffassung von der Bedeutung von Embryonen haben ("hirnlose Zellklumpen") und scheinbar nichts verstehen wollen, ist jede weitere Diskussion mit Ihnen ziemlich zwecklos. Sie halten Gegner der Embryonenforschung für Fundamentalisten, während Sie selber erbittert und scheinbar festgefahren an der Richtigkeit ihrer Auffassung kleben. Macht das einen Unterschied? Ich denke kaum.

Sie reden davon, man solle sich "in der Debatte lieber an fassbare
Tatsachen halten und fragen wem durch staatliches Handeln Leid zugefügt wird: Überzählige Embryonen und deren Eltern leiden nicht. Kranke Menschen denen Therapiechancen genommen werden leiden schon. Fundamentalisten und andere, die ihre "Würde" durch Stammzellen bedroht sehen leiden nicht wirklich (im Vergleich zu schwer kranken Menschen)"
Herr Rainer S., es geht hier nicht um Leiden, sondern um die Verfügung und die Vernichtung von Leben zum Zweck der Heilung. Und dies ist mit keinem noch so "höherrangigen" Ziel zu rechtfertigen.
Für manche genügt es auch, wenn dieser Forschungszweig Arbeitsplätze schafft. Das ist dann offensichtlich auch ein "höherrangiges" Ziel.
Danach bringen wir Schwerkranke einfach um, denn deren Pflege kostet Geld und ersparen ihnen "Leiden". Dieses Geld zu sparen und für "wichtigere" Dinge auszugeben wäre dann auch ein weiteres "höherrangiges" Ziel. Mit so einer Argumentation kann man alles auf die Spitze treiben. Ist das etwa ihre Auffassung? Abgesehen davon ist Leiden ebenfalls ein sehr schwammiger und dehnbarer Begriff. So dehnbar, dass andere, Schwerkranke aus "Mitleid" umbringen. Womit wir beim Thema Euthanasie wären, das hier nicht Thema ist. Sie sehen, es ist nicht alles so einfach, wie Sie glauben.
Vielleicht denken Sie auch darüber einmal nach.

Zur Debatte in diesem Forum abschließend eine allgemeine Anmerkung:
Die meisten Kommentare zeugen von derartiger Agressivität, dass ich mir die Frage stelle, wie überhaupt eine vernünftige Diskussion bei so einem Thema stattfinden soll, wenn einigeTeilnehmer dieses Forums nichtmal Grundregeln von Respekt gegenüber anderen Menschen in öffnetlichen Debatten beherrschen. Dass diese dann auch keinen Respekt vor "hirnlosen Zellklumpen", sprich menschlichem Leben haben, ist daher schon fast verständlich.

Quelle: http://www.bundestag.de/dialog/forum/enquete_medizin_archiv_02/01roespel
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