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Debatte
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Wortlaut der Reden

Uta Titze, SPD Editha Limbach, CDU/CSU >>

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich heute morgen in Bonn-Röttgen aufstand und das Wetter bemerkte -- es regnete --, war mir klar, daß alles gut wird; denn alle schweren Prüfungen meines Lebens, als da waren Abitur, Hochzeit,

(Heiterkeit)

Führerscheinerwerb -- bei der Hochzeit heißt es ja: drum prüfe, wer sich ewig bindet --, fanden bei sehr schlechtem Wetter statt, und es ist immer gutgegangen.

(Heiterkeit)

Insofern habe ich, da ich mich sehr früh und eindeutig auf Bonn festgelegt habe, die Hoffnung, daß es für die Bonner gut ausgeht.

Nun zur Sache: Den Vorschlag, Regierung und Parlament zu trennen, halte ich für falsch, Herr Kollege Geißler, und zwar nicht nur aus der Sicht eines Mitglieds des Haushaltsausschusses. Sosehr ich als langjährige Kommunalpolitikerin Kompromisse geübt habe, muß ich in diesem Fall sagen: Dieser Kompromiß ist für mich schlicht Schwachsinn. -- Entschuldigung, ich bekomme gleich eine Rüge; ich nehme das zurück und sage: Der Kompromiß ist für mich nicht akzeptabel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nächster Punkt: Bonn oder Berlin? Die intellektuell glänzenden Argumente sind um diese Zeit längst ausgetauscht. Also beschränke ich mich auf ein Bild; vielleicht wird Ihnen dann klar, weshalb ich mich für Bonn entschieden habe.

Wir Abgeordnete sind nur für eine bestimmte Zeit hier, wir kommen und wir gehen. Unser Leben und unser Arbeiten hier ist begrenzt. Die Bonner Bevölkerung und die Bevölkerung in der Region Bonn dagegen hat sich hier eine Perspektive aufgebaut. Das heißt -- nun komme ich zu dem Bild --, ich mache hier wie ein Chirurg einen operativen Eingriff, ohne daß ich sagen kann, daß dieser Eingriff nachher zu einer Besserung führt. Dazu bin ich nicht bereit!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bevor an einen Patient Hand angelegt wird, wird er gefragt, ob er einverstanden ist, und er erklärt sich nur dann damit einverstanden, wenn er eine Perspektive hat.

Ich sehe die Entscheidung für Berlin als eine für Bonn eminent nachteilige an, als eine Art zweite Strukturkrise. Lassen Sie es sich sagen: Nordrhein-Westfalen hat beileibe genug geleistet, um mit seiner ersten Strukturkrise, nämlich der eines alten Industriestandorts, fertig zu werden. Deshalb würde ich es mir aus Jux und Tollerei -- und seien die Gründe noch so ehrenhaft -- als Abgeordnete nicht gestatten, dies einer Region nochmals zuzumuten.

Was die Geschichte betrifft, gebe ich dir, Willy

(Heiterkeit)

in einem recht: Als leidgeprüfte Dachauer Bürgerin habe ich viel Verständnis dafür, daß Willy Brandt die Koppelung von Berlin mit dem, was im Dritten Reich geschehen ist, zurückgewiesen hat. Dafür kann eine Stadt nichts,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

genau wie Dachau nichts dafür kann, daß es Standort des ersten Konzentrationslagers war.

Was du, Hans-Jochen Vogel,

(Heiterkeit)

gesagt hast, hat mich gestört. Ich bin -- du hast es mir einmal bestätigt -- der zweite Oberlehrer der Fraktion.

(Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Also, Frau Kollegin, bitte!)

-- Jochen, ich habe das Mikrophon, ich kann noch lauter;

(Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Das probieren wir erst einmal aus!)

-- ja, das probieren wir jetzt --, du hast gesagt, Bonn habe Anspruch auf umfassende Hilfe. Das klingt schon so, als wüßtest du, daß hier nachher ein Leichnam zu begraben ist, der mit künstlichen Infusionen aufgepäppelt werden muß.

(Heiterkeit)

Ich mache das erst gar nicht mit, nämlich jemanden abzustechen und ihm dann eine Infusion geben zu müssen!

(Heiterkeit)

Zum Schluß -- und jetzt wieder ernsthaft -- zu zwei Argumenten, die mich wahnsinnig ärgern: Ein so reiches Land, über dessen Diskussion über die Hauptstadtfrage das ganze Ausland leicht verstört ist, sollte nicht über Geld reden, wenn es um eine so wichtige historische Entscheidung geht. Wir managen hier nicht die Finanzen eines Fußballvereins.

(Zurufe: Nein! -- Eben!)

Das zweite Argument: Glaubwürdigkeit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, das tut weh!)

Ich kann es nicht mehr hören! Ich muß Ihnen sagen -- bevor ich als Abgeordnete nach Bonn kam, wo ja jeder so seinen Vorlauf hat, hörte ich: Du mußt schon 20 Jahre auf dem Buckel haben, bis du es da schaffst --: Wenn ein jeder von Ihnen hier mit der Elle der Glaubwürdigkeit gemessen würde, wäre dieser Raum fast leer.

Ich danke Ihnen.

(Heiterkeit -- Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Hans Klein: Das Wort hat die Frau Abgeordnete Editha Limbach.

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_057
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