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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Klaus Bühler (Bruchsal), CDU/CSU Wolf-Michael Catenhusen, SPD >>

Im Einigungsvertrag steht der Satz: »Berlin ist die deutsche Hauptstadt.« Mit der Zustimmung zum Vertrag hat auch dieses Bekenntnis, zu dem wir in den mehr als 40 Jahren unserer jüngsten parlamentarischen Geschichte unverbrüchlich gestanden haben, seine Bestätigung durch den Deutschen Bundestag erfahren.

Die im Einigungsvertrag dem Bundestag übertragene Entscheidung über Sitz der Regierung und des Parlaments steht heute auf der Tagesordnung. In klarer Abwägung und differenzierter Wertung der dem Parlament zu dieser Entscheidung unterbreiteten Vorschläge spreche ich mich für die Bundesstaatslösung aus, die meines Erachtens eine gute und ausgewogene Aufgabenteilung zwischen der Hauptstadt Berlin, dem Parlaments- und Regierungssitz Bonn und auch für die neuen Bundesländer vorsieht.

Gerade weil heute von vielen Rednern gefordert wurde, daß Teilung durch Teilen überwunden werden soll oder -- wie ein Kollege es formuliert hat -- die gesellschaftlichen Veränderungen miteinander getragen werden müssen, die durch die lange Teilung entstanden sind, sollte in der heutigen Diskussion jede verletzende Schärfe vermieden werden. Um so mehr ist daher zu bedauern, daß der stellvertretende, SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse von einer »Erniedrigung der Menschen in Ostdeutschland« spricht, falls die Entscheidung über Sitz von Parlament und Regierung nicht zugunsten von Berlin getroffen wird.

In der parlamentarischen Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland hat sich eine dezentrale politische Machtverteilung entwickelt, die sich für unsere Gesellschaft in jeder Beziehung als segensreich herausgestellt hat. Bonn kann für sich mit Recht in Anspruch nehmen, Sinnbild für das gelungene föderale Wechselspiel zwischen den Interessen von Bund und Ländern gewesen zu sein. Ich vermag beim besten Willen nicht zu sehen, weshalb man dann an bewährten politischen Strukturen Entscheidendes ändern sollte.

Als Ausdruck der Dezentralisierung politischer Macht ist auch die Verteilung von obersten Bundesorganen und Bundesbehörden auf Städte wie Berlin, Frankfurt, Kassel, Karlsruhe, Nürnberg und München zu verstehen. Deshalb ist für mich auch die Einbeziehung von Städten der neuen Bundesländer -- ich denke hier an Dresden, Leipzig, Erfurt, Magdeburg, Schwerin und Rostock -- eine pure Selbstverständlichkeit.

Auch sollte man bei der heute anstehenden Entscheidung nicht vergessen, daß im Zeitalter eines werdenden politischen Europas ein Hauptstadtbild, wie es sich im 19. Jahrhundert entwickelt hat, nicht mehr zeitgemäß ist. Mit dem Installieren einer Machtzentrale und Metropole in Berlin wird der Weg zu einem gemeinsamen Europa meines Erachtens nicht leichter.

Abschließend gestatten Sie mir eine Bemerkung, die ich angesichts der gewaltigen Herausforderungen, denen wir im Hinblick auf den Aufbau in den neuen Bundesländern gegenüberstehen, für wichtig halte: Wer sich persönlich ein Bild vom augenblicklichen Zustand in den neuen Bundesländern gemacht hat, dem muß schon ein wenig bange werden, wenn er an die Kosten und Anstrengungen denkt, die mit dem Umzug von Bonn nach Berlin verbunden wären. Die Menschen drüben brauchen unsere Hilfe, im investiven wie auch im administrativen Bereich, allemal dringender. Es stünde uns daher gut an, nach pragmatischen politischen Gesichtspunkten eine Entscheidung für die vorliegende bundesstaatliche Lösung, also für Bonn, die im übrigen auch gar nicht gegen Berlin gerichtet ist, zu treffen, eine Entscheidung, die nicht zuletzt dem Wohle des Deutschen Volkes nutzt.

Wolf-Michael Catenhusen, SPD >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_113
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