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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Dr. Dietrich Mahlo, CDU/CSU Erwin Marschewski, CDU/CSU >>

Was ich zu sagen habe, ist nicht das Wichtigste zu unserem heutigen Thema. Nach sechs Stunden Diskussion ist das Wichtigste schon gesagt.

Mit dem Fall der Mauer erfüllte sich eine deutsche Sehnsucht. Berlin war wiedervereinigt. Ein Wunschkind war geboren. Aber nun soll es im Heim abgegeben werden.

Bonn steht für die Lebensleistung der ersten Nachkriegsgeneration. Aber reicht das? Bonn, sagen seine Befürworter, habe sich uneingeschränkt bewährt. Ist das so? Gibt es in dieser Stadt Stilgefühl, gibt es geschichtliches Bewußtsein? Vermag es die Nation zu repräsentieren? Ich stelle nur die Frage.

Wo ist der angemessene Ort für das Parlament der Deutschen? Wo Rathenau aufgebahrt war? Wo Stresemann seine erste Europa-Rede hielt? Wo Scheidemann die Republik ausrief? Wo die Nationalversammlung 1933 vertrieben wurde? In dem Haus, in dem Hitler stellvertretend für das

Reich Feuer legen ließ und Stalins Truppen die rote Fahne hißten? Oder hier, in der durchgrünten Funktionalität unseres heutigen Regierungsviertels, in dem das einzige wirklich historische Haus, der erste Deutsche Bundestag, mit Zustimmung der Stadtväter inzwischen abgerissen wurde?

Kann Deutschland in einem europäischen Konzert auf London und Paris, auf Rom und Budapest mit Bonn antworten?

Das Berlin des ersten Drittels dieses Jahrhunderts, von seinen preußischen Ursprüngen, die ich nicht geringschätze, längst emanzipiert, war ein Weltereignis oder -- um mit Benn zu sprechen -- ein Stück des großen Abendlandes. Davon ist vieles verschwunden, aber vieles ist auch noch da. Trotz aller Katastrophen noch immer eine bauhistorisch bedeutende Gestalt, Architekturreste einer einstigen Weltstadt, die darauf warten, in ein neu entstehendes Ganzes einbezogen zu werden. In Berlin steht ein deutscher Louvre, Kunst der Welt in einzigartiger Dichte und Qualität, die darauf wartet, neu geordnet und neu präsentiert zu werden. In Berlin ist neuere deutsche Geschichte in ihren deprimierenden, aber auch in ihren glänzenden Momenten präsent und will wieder einbezogen werden in unser politisches Leben.

Berlin ist ein vergessener Konzertflügel. Er war für diejenigen, die darauf nach dem Kriege nur klimpern konnten, eine Nummer zu groß. Er wartet darauf, einst wieder richtig bespielt zu werden.

Berlin war vierzig Jahre lang für Millionen von Menschen -- auch solchen, die nicht wußten, wo es liegt -- Symbol für den Selbstbehauptungswillen der westlichen Welt.

Was wird diese Welt sagen, wenn wir heute anfangen, unsere Schwüre von gestern rabulistisch zu verleugnen?

Erwin Marschewski, CDU/CSU >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_155
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