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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Helmut Sauer (Salzgitter), CDU/CSU Ortrun Schätzle, CDU/CSU >>

Es ist für mich bedrückend und schmerzlich zugleich, wie mit der deutschen Sprache und deren viel gepriesener Präzision leichtfertig umgegangen wird.

Es sind die Worte »Wiedervereinigung Deutschlands«, »ganz Deutschland«, »Wort halten« und »Glaubwürdigkeit« gefallen. Darum aus meiner Sicht:

Wir sollten nicht länger den Begriff »Wiedervereinigung« im Zusammenhang mit dem Einigungsprozeß verwenden, denn es wurden »Westdeutschland« als Bundesrepublik Deutschland und »Mitteldeutschland« als Deutsche Demokratische Republik vereint, während gemäß der Auffassung des Deutschen Bundestages und der Volkskammer auf »Ostdeutschland«, also auf die deutschen Gebiete jenseits von Oder und Görlitzer Neiße verzichtet worden ist bzw. nach Aussagen des Bundeskanzlers im Widerspruch zu seinem Außenminister verzichtet werden mußte, ohne daß die betroffenen Ostdeutschen ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben durften.

Der mehrfach benutzte Begriff »Hauptstadt für das ganze Deutschland« ist nicht gerechtfertigt auf Grund der Verzichtserklärung des Deutschen Bundestages auf Ostdeutschland. Damit ist das deutsche Parlament von seiner jahrzehntelangen Auffassung über »Deutschland in allen seinen Teilen« abgerückt.

Es ist erschreckend zugleich, wie man skrupellos den Begriff »Ostdeutschland« für die neuen östlichen Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen verwendet; denn diese Regionen sind immer als »Mitteldeutschland« bezeichnet worden.

Wenn ausgerechnet der frühere Außenminister und Altbundeskanzler Brandt von »Wort halten« und »Glaubwürdigkeit« unter Hinweis auf frühere Erklärungen des Bundestages aus den 50er Jahren verweist, erlaube ich mir um der Wahrheit willen als ein in Schlesien geborener und von dort gewaltsam vertriebener Deutscher an die zahlreichen Erklärungen

der Bundesregierung und die vielen Stellungnahmen der seit 1949 in diesem Hause wirkenden Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP zu den Fragen der deutschen Ostgebiete, der in der Heimat ausharrenden deutschen Landsleute und zu den Rechten der Heimatvertriebenen zu verweisen.

Beispielhaft nenne ich die 68. Sitzung des Hauses vom 13. 6. 1950.

Damals erklärte unter »langanhaltendem lebhaften Beifall« mit Ausnahme der Kommunisten der Alterspräsident und ehemalige Reichstagspräsident Paul Löbe (SPD):

Gemäß Potsdamer Abkommen ist das deutsche Gebiet östlich von Oder und Neiße als Teil der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands der Republik Polen nur zur einstweiligen Verwaltung übergeben worden. Das Gebiet bleibt ein Teil Deutschlands. Niemand hat das Recht aus eigener Machtvollkommenheit Land und Leute preiszugeben oder eine Politik des Verzichts zu treiben.

Der von mir zitierte Redner Brandt, der seine damalige Mitgliedschaft in der 1. Legislaturperiode des Bundestages auch noch hervorgehoben hat, sollte daher die Wirkung seiner Worte »Glaubwürdigkeit« und »Wort halten« in deutschlandpolitischen Fragen bedenken.

Deutschland ist seit den 50er Jahren politisch und rechtlich verändert worden, damit die Stellung Berlins auch im Hinblick auf die europäische Entwicklung.

Ich will mich ernsthaft bemühen, wie ich es seit 1972 im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen getan habe, mich für die alte Reichshauptstadt Berlin einzusetzen. Die Hauptstadt Berlin soll und muß auch als Brückenkopf und Zentrum für Begegnungen mit unseren osteuropäischen Nachbarn und als deutsches Kulturzentrum unseres Landes ausgebaut und gestärkt werden.

Auf Grund der neuen deutschlandpolitischen Lage und der europäischen Entwicklung spreche ich mich für den Konsensantrag gemäß Drucksache 12/817 aus.

Ortrun Schätzle, CDU/CSU >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_182
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