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072/2002
Stand: 18.03.2002
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Sachverständige: Fischbestände sind weltweit in einem schlechten Zustand

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Anhörung)/

Berlin: (hib/JUM) Die Fischbestände befinden sich weltweit in einem schlechten Zustand. 25 Prozent der kommerziell genutzten Gebiete sind überfischt, etwa 50 Prozent werden voll genutzt. Das sagte Prof. Gerd Hubold von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei am Montagmorgen bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Perspektiven der deutschen Fischerei und Fischwirtschaft in der Europäischen Union (EU). Allein in der Nordsee hätten die Fischbestände in den vergangenen 30 Jahren deutlich abgenommen, die Fänge seien von 1,1 Millionen Tonnen auf 300 000 Tonnen geschrumpft, so Hubold weiter. Viele der für die deutsche Fischerei wichtigsten Arten und Bestände, darunter Hering, Kabeljau, Dorsch, Makrele, Rotbarsch, sind nach den aktuellen Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) bedroht. Es gelte nun, die Fischbestände wiederaufzubauen und zwar durch eine Festlegung der Fangmengen, Verringerung des Beifangs (seltene oder bedrohte Meeressäuger oder Seevögel, die zufällig ins Netz gehen und nach dem Fang meist tot oder sterbend über Bord geworfen werden), durch strenge Sanktionen und Kontrollen sowie durch verbesserte Netzqualitäten, so die Bundesforschungsanstalt für Fischerei. Zugleich müsse der Umfang der deutschen Flotte abgebaut werden.

Diese Position deckt sich nach der schriftliche Stellungnahme des Deutschen Fischerei Verbandes mit den Erkenntnissen der Europäischen Union. Die Kommission plane, die Fischereibetriebe in den Mitgliedstaaten um 40 Prozent zu reduzieren. Der Verband bezeichnet diese Politik als katastrophal. Eine solche Maßnahme sei das falsche Signal und führe in Deutschland zu einem Verlust von Arbeitsplätzen. Nach Erhebungen des Fischinformationszentrums arbeiten derzeit 46.450 Personen in der gesamten Fischwirtschaft. Deutschland habe an der Gesamtkapazität der europäischen Fischereiflotten einen Anteil von unter drei Prozent. Eine Verringerung der deutschen Flotte hätte daher keinen Einfluss auf die Bestände, sagt Kapitän Klaus Hartmann, Vorsitzender des Deutschen Hochseefischereiverbandes. Wenn dagegen aber alle EU-Mitgliedsländer ihre Flottenkapazitäten so abbauten, dass sie ihre Fangquoten nur zu 52 Prozent nutzten wie Deutschland, dann könne dies einen positiven Effekt auf die Fischbestände sowie auf die deutsche Flotte haben.

Um die Existenz der deutschen Fischerei und Fischwirtschaft zu sichern, forderte Hartmann, die veraltete Flotte zu erneuern, Fangquoten langfristig abzusichern und zu kontrollieren und innerhalb der Mitgliedsstaaten Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Wichtig sei auch eine langfristige Sicherung der bestehenden Drittlandsverträge und die Verhandlung neuer Abkommen zum Beispiel mit Russland und den USA. Die Bildung von regionalen Räten bringe Fachwissen in das Management ein und nehme den Fischereisektor mit in die Verantwortung. So werde die Akzeptanz der jeweiligen Maßnahmen höher. Der World Wide Fund For Nature (WWF) forderte, die Kapazität der Fischereiflotten zu verringern. Auch solle ein Ökomanagement eingerichtet werden, das für die Erhaltung aller marinen Arten und Lebensräume Sorge trägt. Die Überfischung könne nur unterbunden werden, wenn die Subventionspolitik für Schiffsneubauten reformiert werde, hieß es weiter. Künftig solle kein Schiffsneubau mehr unterstützt werden. Dem widersprach der Verband der deutschen Kutter- und Küstenfischer. Die deutsche Fischereiflotte sei im Durchschnitt über 30 Jahre alt, sagt Verbandsvorsitzender Willy Jacobs. Eine Modernisierung der Flotte sei im Hinblick auf die Arbeitssicherheit unumgänglich. Auch benötige die Fischerei dringend Nachwuchskräfte.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_072/01
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