Einrichtung eines Registers unzuverlässiger Unternehmen empfohlen
Berlin: (hib/VOM) Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat am Mittwochvormittag dem Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen (14/9356) mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und der PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU, der FDP und eines Mitglieds der SPD-Fraktion zugestimmt. Das Gesetz soll am Freitag vom Bundestag verabschiedet werden. Geplant ist, beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ein Register für Unternehmen einzurichten, die von öffentlichen Auftraggebern wegen Unzuverlässigkeit von der Vergabe ausgeschlossen worden sind. Die Regierung soll durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen über die Einrichtung und Führung des Registers erlassen und dabei die Einzelheiten der zu speichernden Daten, den Zeitpunkt ihrer Löschung und die Einsichtnahme in das Register regeln. Öffentliche Auftraggeber sollen verpflichtet werden, Entscheidungen über den Ausschluss von Unternehmen von der Auftragsvergabe wegen Unzuverlässigkeit an das Register zu melden und Auskünfte aus dem Register über die Zuverlässigkeit von Unternehmen einzuholen.
Unzuverlässigkeit soll dann gegeben sein, wenn eine verantwortlich für das Unternehmen handelnde Person sich Bestechlichkeit oder Bestechung, Vorteilsgewährung oder Vorteilsannahme, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Betrug oder Untreue, wettbewerbsbeschränkende Absprachen, Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung sowie bestimmte Gesetzesverstöße hat zu Schulden kommen lassen. Dem Ausschuss lag eine Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten Joachim Jacob vor, der festgestellt hatte, die Speicherung in einem bundesweiten Register, dessen Nutzung den öffentlichen Auftraggebern zwingend vorgeschrieben werden soll, stelle einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar. Auskünfte aus dem Register dürften daher nur öffentlichen Auftraggebern und betroffenen Unternehmen erteilt werden. Auch sollten die gespeicherten Daten spätestens nach drei Jahren gelöscht werden. Die SPD empfahl, die Anregungen Jacobs in die Verordnung der Bundesregierung aufzunehmen. Die CDU/CSU kündigte für die Plenarsitzung einen eigenen Entschließungsantrag zu dem Gesetzentwurf an.
Die Unionsfraktion sprach von einer erheblichen Veränderung der Rechtssystematik und der Unternehmenskultur und äußerte die Befürchtung, dass angesichts des Katalogs für Unzuverlässigkeit viele, auch bedeutende Unternehmen als "unzuverlässig" erklärt werden müssten. Sie hingegen wolle lediglich ein Korruptionsregister. Im Übrigen kündigte die Fraktion an, dass dieses Gesetz "nicht kommen" werde. Entweder werde sich die Koalition bewegen oder das Gesetz werde scheitern. Die SPD erinnerte daran, dass die Einführung des Registers bereits Bestandteil des im Bundesrat gescheiterten Tariftreuegesetzes gewesen sei. Der Koalition gehe es lediglich um einen Informationsaustausch darüber, welche Unternehmen bestochen haben. Es werde keine neue Eingriffsgrundlage geschaffe. Man müsse nicht nur an die Unternehmen denken, die bestechen, sondern auch an jene, die auf Grund von Wettbewerbsverzerrungen, die durch Bestechung verursacht werden, vom Markt verschwinden. In Hessen gebe es bereits ein solches Register und die dortigen Erfahrungen deuteten nicht auf Rechtsunsicherheit hin. Große Bedenken, inwieweit der Entwurf rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt, äußerte die FDP. Der Gesetzentwurf stelle einen tiefen Eingriff in das rechtsstaatliche System und einen "Schnellschuss" dar, dessen wahre Folgen noch nicht abzusehen seien. Bedenken äußerte auch ein Mitglied der SPD-Fraktion, weil auch jene Unternehmen von Auftragsvergaben ausgeschlossen werden sollen, die noch nicht rechtskräftig verurteilt sind. Dies sei "nicht rechtsstaatlich".