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046/2005
Stand: 17.02.2005
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Reisebüro-Verfahren begünstige illegale Einreise nach Deutschland

2. Untersuchungsausschuss

Berlin: (hib/CHE): Das so genannte Reisebüro-Verfahren begünstigte illegale Einreise in die Bundesrepublik. Zu diesem Ergebnis kam Joachim Teipel, Richter am Oberverwaltungsgericht Münster, während der ersten öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses am Donnerstagvormittag. Dieser hat die Klärung der Visa-Vergabe an deutschen Botschaften seit dem Jahr 2000 zum Ziel und begann mit der Anhörung von drei Sachverständigen. Im Zentrum standen grundsätzliche Fragen zum Recht der Visaerteilung unter Berücksichtigung des Ausländerrechts und des Schengener Abkommens. Teipel betonte die Bedeutung des persönlichen Erscheinens des Antragstellers für eine angemessene Prüfung des Visaverfahrens. Dieses sei zwar im nationalen Ausländerrecht der Bundesrepublik nicht als Pflicht formuliert, "eine angemessene Klärung sei aber ohne persönliche Befragung des Antragstellers nicht möglich, da so die Glaubwürdigkeit seines Anliegens kaum festgestellt werden könne", so Teipel. Es gehe dabei vor allem um Glaubwürdigkeit seines Reisezweckes und um die tatsächliche Rückkehrbereitschaft. Die so genannte Gemeinsame Konsularische Instruktion (GKI), Bestandteil des Schengener Durchführungsübereinkommens, das auch für die Visavergabe der deutschen Behörden bindend sei, lege jedoch fest, dass der Antragsteller zu erscheinen habe, wenn tatsächliche Zweifel in diesen Punkten bestehen. Ausnahmen sind nur erlaubt, wenn "bekannte und vertrauenswürdige Vermittlerorganisationen" für diese Absicht bürgen können. Als solche gelten Beratungsstellen für Verwaltungsangelegenheiten, Beförderungsvermittler oder Reisebüros und Reiseveranstalter und -unternehmen. Auch wenn die Mittlerorganisationen das Erscheinen des Antragstellers entbehrlich machten, so "entbindet die GKI die Auslandsvertretungen nicht von einer sorgfältigen Prüfung der Anträge", betonte der Richter. Diese unterstreiche vielmehr eine "besondere Sorgfalt" der Prüfung. Teipel stellte schließlich fest, dass das Zwischenschalten von Mittlerorganisationen eine "Einschränkung des Prüfungsverfahrens" bedeute. Dadurch werde auch das in der GKI ausdrücklich formulierte Ziel der Bekämpfung der illegalen Einreise geschwächt. Besondere Aufmerksamkeit solle laut dieser Bestimmung Personen mit "erheblichem Risikofaktor" gelten. Dazu gehören Arbeitslose und Menschen mit sehr geringen Einkommens- und Vermögenswerten. Olaf Reermann, über 30 Jahre als Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium (BMI) für Fragen des Ausländerrechts und der Visavergabe zuständig, betonte einerseits die Erfolgsgeschichte des Schengener Abkommens, wies aber zugleich darauf hin, dass den Beteiligten schon damals die Risiken der Reisefreiheit bewusst waren. Die Risikogruppe definierte er als "Personen zwischen 18 und 35 Jahren ohne regelmäßiges Einkommen". Hier sei immer von einer ganz besonders intensiven Prüfung ausgegangen worden. Auch hätte das Innenministerium schon im Rahmen der Schengener Verträge deutlich vor einer zu "laschen Visavergabe" gewarnt. Im Zweifel, so Reermann, sei das Visa zu versagen, schilderte der Experte die Meinung des Ministeriums als auch der damaligen Schengen-Partner. Dass man im Zweifel für die Reisefreiheit entscheiden solle, habe er erst kürzlich aus den Medien erfahren. "So hat das BMI die Dinge nie gesehen", betonte Reermann. Reinhard Böckmann, Fachdozent in einer Ausbildungsstätte des Auswärtigen Amtes, begründete abschließend die Bedingungen des Runderlasses vom März 2000, der die Visavergabe erheblich erleichtert hat. Es habe immer wieder Beschwerden gegeben, dass das Auswärtige Amt in humanitären Angelegenheiten, zum Beispiel in Fragen medizinischer Behandlungsmöglichkeiten, zu streng entscheide. "Es ging dabei jedoch nie um normale Touristenreisen. An der Definition von solchen Touristenreisen habe auch der Runderlass nie etwas geändert.
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2005/2005_046/01
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