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September 03/1998
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Fortgang der Reformen in Rußland angemahnt

(hh) Die Stabilität Rußlands und der Fortgang seiner  politischen und wirtschaftlichen Reformen sind nach Überzeugung von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) von "existentieller Bedeutung" für die Entwicklung Europas und Deutschlands. Ohne diese Reformen werde Rußland keine gute Entwicklung nehmen, erklärte der Kanzler am 3. September im Plenum des Bundestages. Dort war die Generaldebatte mit einer Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amtes verbunden worden. Zu deren Schwerpunkten zählten die gegenwärtige Krise in Rußland und die Lage im Kosovo.
Kohl zufolge hängt die Lage in Mittel-, Ost- und Südosteuropa entscheidend davon ab, daß auch die Situation in Moskau stabilisiert wird. Deswegen sei es "nur natürlich", daß alles getan werde, um in diesem Sinne zu wirken. Die entscheidenden Maßnahmen müßten aber in Rußland selbst ergriffen werden.
Der Kanzler betonte zudem, das Vertrauen, das Deutschland weltweit genieße, sei ein "kostbares außenpolitisches Kapital", in Jahrzehnten hart erarbeitet. Er denke nicht daran, dies aufs Spiel zu setzen. Außenminister Klaus Kinkel (F.D.P.) ergänzte, in einer Zeit, in der große Verantwortung auf Deutschland zukäme, müßten - wie bei einem großen Tanker - erfahrene Leute am Ruder stehen und nicht "politische Leichtmatrosen".
Für die SPD kritisierte Günter Verheugen, wer das Thema "Angst vor den Russen" benutzen wolle, um eine bestimmte Wahlkampfsituation anzustreben, der handele national wie international unverantwortlich. Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, der Versuch, die Rußlandkrise als Thema für den Wahlkampf zu nutzen, heiße innenpolitisch auf außenpolitischen Krisengewinn zu spekulieren.

Einfluß geltend machen

Zur Lage im Kosovo betonten Kohl und Kinkel übereinstimmend, es bedürfe schnellstmöglich einer politischen Lösung. EU und NATO müßten dazu ihren Einfluß geltend machen. Der Außenminister ergänzte, die Staatengemeinschaft werde eine humanitäre Katastrophe nicht noch einmal hinnehmen. Komme es zu keiner politischen Lösung, werde militärisch reagiert werden müssen.
SPD-Sprecher Verheugen erwiderte, die humanitäre Katastrophe stehe bereits bevor. Gelinge es nicht, die Flüchtlinge in ihre Dörfer zurückzubringen und sie dort zu versorgen, werde es eine große Fluchtbewegung nach Deutschland geben. Die deutsche Kosovo-Politik dürfe aber nicht bestimmt werden von der Furcht vor einer solchen Fluchtwelle, sondern müsse sich auf eine tragfähige und dauerhafte politische Lösung konzentrieren.
Fischer erklärte, faktisch gebe es mit der Verantwortungsübernahme für die Balkankrise schon jetzt eine Südosterweiterung der EU. Gefordert sei eine europäische Perspektive für die Region, um den "blutigen Irrweg" von Krieg, Vergewaltigungen und Morden zu beenden.

Kritik zurückgewiesen

Differenzen zwischen Koalition und SPD gab es im Plenum angesichts der jüngsten amerikanischen Kritik zur Rückführung von bosnischen Flüchtlingen aus Deutschland. Der Bundeskanzler erklärte, in der Frage der humanitären Verpflichtungen Deutschlands brauche er von niemandem Nachhilfe. Auch Kinkel verbat sich "Belehrungen". Deutschland trage bei der Aufnahme von Kosovo-Albanern als Asylbewerber die "mit Abstand größte Last".
Verheugen kritisierte diese "ungewöhnlich starken und undiplomatischen Worte". Auch in der Sache sei die Kritik unangemessen. In Washington gebe es die Sorge, mit einer zu forcierten Rückführung von Flüchtlingen könne es in dem sehr schwierigen politischen Prozeß vor den Wahlen in Bosnien zu ethnischen Spannungen kommen.
Winfried Wolf (PDS) erklärte in der Debatte, die derzeitige Weltordnung sei gekennzeichnet von Chaos, Krieg und Unfrieden. Dafür trage die Bundesregierung in erheblichem Maß Verantwortung.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9803/9803028b
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