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März 02/1999
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ZWEITE ANHÖRUNG ZUR ÖKOSTEUER

Experten etwas milder gestimmt

(fi) Gemessen an der Kritik am Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Einstieg in die ökologische Steuerreform (14/40) am 18. Januar zeigten sich die Sachverständigen bei einer neuerlichen Anhörung am 18. Februar im Finanzausschuß etwas milder gestimmt. Die Änderungen am ursprünglichen Entwurf wurden zwar im allgemeinen als "Schritt in die richtige Richtung" bewertet, auf überwiegende Zustimmung stieß das Vorhaben bei den Experten aber immer noch nicht.

Der Kölner Ökonomieprofessor Johann Eekhoff stellte fest, daß die Steuerbelastung für das produzierende Gewerbe zunächst gar nicht so hoch sei. Dennoch empfahl er der Koalition, alle Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, von der vollständigen Ökobesteuerung auszunehmen. Der Deutsche Industrie­ und Handelstag (DIHT) rief dazu auf, auch an die Dienstleistungsunternehmen zu denken. Durch die jetzt vorgesehene Regelung könnten gerade jene Unternehmen von der ermäßigten Besteuerung ausgenommen bleiben, die künftig Arbeitsplätze bereitstellten.

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung bemängelte die Unterscheidung zwischen produzierendem Gewerbe und anderen Wirtschaftsbereichen. Dies sei eine rein statistische Unterscheidung, wobei das produzierende Gewerbe in den Genuß einer Steuererstattung komme, während dies bei anderen Unternehmen nicht der Fall sei. Nach Meinung der Wissenschaftler ist die jetzige Regelung besser als die vorhergehende, aber immer noch "keine besonders gute". Sie plädierten für eine Freibetragsregelung, die die Belastung für die Unternehmen reduzieren, die ökologische Lenkungswirkung aber beibehalten würde. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warf Sozialdemokraten und Bündnisgrünen vor, die eigene Koalitionsvereinbarung gebrochen zu haben. Danach sollte die energieintensive Wirtschaft durch die Ökosteuer nicht stärker belastet werden. Genau dies geschehe aber, argumentierte der BDI. Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft beklagte, daß der Gesetzentwurf innerhalb der Europäischen Union nicht abgestimmt sei. Zudem herrsche Unklarheit über die Durchführung des Gesetzes, und es fehle ein Faktor, der den Kohlendioxidausstoß berücksichtige. Der Verband der Chemischen Industrie sprach von einer negativen Lenkungswirkung der Ökosteuer und bezeichnete die bereits vorgenommenen Korrekturen am Entwurf als "Notoperation nach mißglückter Voroperation". Die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Produkte in Deutschland werde beeinträchtigt.

Der Deutsche Bauernverband beklagte, daß die Landwirtschaft nicht zum produzierenden Gewerbe gezählt wird (was die Koalitionsfraktionen erst nach der Anhörung änderten). Dies würde für viele Familienbetriebe das Aus bedeuten. In seiner zur Anhörung vorliegenden Fassung stelle der Gesetzentwurf eine erhebliche Belastung für die Landwirtschaft in Höhe von 400 bis 500 Millionen DM dar.

Dagegen hält der Deutsche Gewerkschaftsbund die geplanten Regelungen für vertretbar. Wenn die Industrie insgesamt von der vollständigen Besteuerung ausgenommen würde, hätte dies eine nicht akzeptable Umverteilung zur Folge. Der "Förderverein Ökologische Steuerreform" bezeichnete den Gesetzentwurf als "keinen schlechten Kompromiß". Im Ergebnis gewinne die Industrie an Wettbewerbsfähigkeit. Professor Hennicke vom Wuppertal­Institut für Klima­Umwelt­Energie erwartet von der Ökosteuer eine Beschleunigung des Strukturwandels sowie positive Netto­Arbeitsplatzeffekte.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9902/9902024a
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