Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Home  |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ
Druckversion  |       
Startseite > Blickpunkt Bundestag > Blickpunkt Bundestag - Jahresübersicht 1999 > Deutscher Bundestag - Blickpunkt Bundestag 6/99 Inhaltsverzeichnis >
Juli 06/1999
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

MASSNAHMEN ZUR HAUSHALTSKONSOLIDIERUNG

Das Sparpaket der Bundesregierung

"Deutschland erneuern" heißt das am 23. Juni 1999 von der Bundesregierung beschlossene wirtschafts­ und finanzpolitische Gesamtpaket. Es soll die Weichen für die Haushalts­, Finanz­ und Steuerpolitik des beginnenden 21. Jahrhunderts stellen. Einer der zentralen Punkte des Reformprogramms umfaßt Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, die für das Jahr 2000 ein Einsparziel von 30 Mrd. DM vorsehen. Dieses Sparpaket der Bundesregierung stand in den vergangenen Tagen im Mittelpunkt heftiger Kritik. Im "Blickpunkt Bundestag" nehmen die finanzpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der im Bundestag vertretenen Fraktionen zu den Sparvorschlägen der Bundesregierung Stellung.

Wir müssen das Ruder herumreißen

Jörg-Otto Spiller, SPD
Jörg-Otto Spiller, SPD

In den 16 Jahren Kohl­Regierung sind die Schulden des Bundes von 350 Milliarden DM auf 1,5 Billionen DM angewachsen. Eine astronomische Summe. Für die auf diesen Schuldenberg fälligen Zinsen von über 80 Mrd. DM jährlich muß der Bund inzwischen fast jede vierte Steuermark ausgeben. Auf jeden Bürger - ob Kind, ob Greis - entfallen rechnerisch jedes Jahr 1.000 Mark Zinslasten, auf eine vierköpfige Familie 4.000 Mark, also etwa ein Monatseinkommen. So kann es nicht weitergehen. Wir müssen das Ruder herumreißen, denn nur mit einem auch dauerhaft handlungs­ und leistungsfähigen Staat können wir die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der Zukunft meistern.

Das von Finanzminister Eichel vorgegebene Sparziel von 30 Mrd. DM für den Bundeshaushalt 2000 ist auf Anhieb erreicht worden. Damit ist es gelungen, den Bundeshaushalt für die nächsten Jahre wieder auf ein solides Fundament zu setzen - und zwar ohne Steuererhöhungen. Durch diese Konsolidierungsstrategie wird der jahrzehntelange Marsch in immer höhere Staatsverschuldung gestoppt. Die Neuverschuldung wird in den kommenden Jahren Schritt für Schritt zurückgeführt. Dies bringt auch ein Stück mehr soziale Gerechtigkeit: Staatsverschuldung bedeutet immer auch Umverteilung von unten nach oben.

Grundlage für den Sparerfolg der Bundesregierung ist, daß alle Ministerien ihren solidarischen Konsolidierungsbeitrag erbracht haben und den vereinbarten Kurs strikter Haushaltsdisziplin auch in den nächsten Jahren konsequent umsetzen. Die Höhe der Sparbeiträge der einzelnen Ministerien orientiert sich dabei an ihrem jeweiligen Anteil am Bundeshaushalt 1999, in dem wir in zentralen Handlungsfeldern bereits klare Akzente gesetzt haben. Die Ministerien haben dann in eigener Verantwortung ihren Einsparrahmen konkretisiert und gemäß ihren eigenen Prioritäten ausgefüllt. Das heißt, es ging gerade nicht um Kürzungen nach der "Rasenmäher­Methode", sondern um bewußte Politikgestaltung innerhalb eines vorgegebenen Finanzrahmens.

Mit der Sanierung des Bundeshaushalts werden erst die finanzpolitischen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß wir auch künftig die Vorhaben umsetzen können, die für unser Hauptziel, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, von entscheidender Bedeutung sind: Die Erhöhung der Zukunftsinvestitionen in Forschung, Bildung und Wissenschaft, die Verstetigung der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf dem hohen Niveau des Jahres 1999, die Verlängerung des Sonderprogramms zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und auch weitere Senkungen der Lohnnebenkosten in den nächsten Stufen der ökologischen Steuerreform.

Ein Erfolg bei der Haushaltssanierung ist zugleich die notwendige Voraussetzung für die im Zusammenhang des Zukunftsprogramms der Bundesregierung stehenden spürbaren Steuer­ und Abgabenentlastungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, insbesondere für die Familien, sowie für die Unternehmenssteuerreform im Jahr 2001. Die von der neuen Bundesregierung bereits beschlossenen Entlastungen für Bürger und Wirtschaft auf etwa 35 Mrd. DM im Jahr, wovon gut 20 Mrd. DM auf das bereits in Kraft getretene Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 entfallen, sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

Wir dürfen nicht länger zu Lasten unserer Kinder und Enkel die Probleme unseres Landes vor uns herschieben. Das Sparpaket ist kein Selbstzweck. Es eröffnet den Weg zu mehr Beschäftigung und geringeren Steuern und Abgaben. Wir setzen eine Entwicklung in Gang, in deren Verlauf sich staatliche und private Gestaltungsmöglichkeiten wieder kontinuierlich vergrößern. Hierfür müssen wir heute alle unseren Beitrag leisten. Daß es dabei sozial gerecht zugeht, dafür stehen wir Sozialdemokraten ein.

Sparpaket mit vielen Fragwürdigkeiten

Gerda Hasselfeldt, CDU/CSU
Gerda Hasselfeldt, CDU/CSU

Als Teil des sogenannten "Zukunftsprogramms 2000" hat das Bundeskabinett am 22. Juni 1999 den Entwurf für den Bundeshaushalt 2000 mit einem Sparpaket von 30 Mrd. DM sowie den Entwurf der mittelfristigen Finanzplanung 1999­2003 beschlossen. Der Bundeskanzler hat von Entscheidungen mit einer historischen Tragweite gesprochen. Die nähere Analyse zeigt, daß diese Einschätzung der Wirklichkeit nicht gerecht wird.

Der Bundeshaushalt 1998, den noch die alte Bundesregierung zu verantworten hatte, schloß mit Ausgaben von 456,9 Mrd. DM ab. Der Bundeshaushalt 1999 hat demgegenüber ein Volumen von 485,7 Mrd. DM. Diese enorme Steigerung von fast 29 Mrd. DM ist auf den Finanzbedarf zurückzuführen, der aus der Einlösung der Wahlversprechen der Koalition resultiert.

Nun will die Bundesregierung die Staatsausgaben drastisch reduzieren und im Jahr 2000 30 Mrd. DM einsparen. Dies entspricht genau der Summe, um die der Bundeshaushalt 1999 aufgebläht worden ist. Eigentümlich ist, daß im Entwurf des Bundeshaushalts 2000 jedoch Ausgaben von 478,2 Mrd. vorgesehen sind, der Haushalt 2000 sinkt gegenüber dem von 1999 gerade um 7,5 Mrd. DM. In der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2002 der alten Bundesregierung waren für den Bundeshaushalt 2002 Ausgaben von 485 Mrd. DM vorgesehen. Nach der mittelfristigen Finanzplanung der Koalition sind dagegen für das Jahr 2002 Ausgaben von 493,8 Mrd. DM vorgesehen. Für das Jahr 2003 projektiert die Koalition sogar Ausgaben von 505 Mrd. DM. Dies ist kein Ausdruck eines konsequenten Sparkurses.

Die Einzelheiten des Sparpaketes, von dem bislang gut 6 Mrd. DM nicht konkretisiert sind, läßt eine Reihe sozialpolitischer Unausgewogenheiten und finanzpolitischer Fehlentscheidungen erkennen.

Die Bonner Sparliste

Im Sozialbereich sind Einsparungen von rund 13 Mrd. DM geplant. Rund 4 Mrd. DM sollen durch die Aussetzung der Rentenanpassungsformel in den Jahren 2000 und 2001 eingespart werden. Die Bundesregierung kündigt damit nicht nur den 1992 erzielten Rentenkonsens auf, sie bricht auch in eklatanter Weise ihr Wahlversprechen des Jahres 1998, den von der alten Bundesregierung in die gesetzliche Rentenversicherung eingeführten demographischen Faktor wieder abzuschaffen. Die jetzigen Eingriffe bewirken ein Absinken des Rentenniveaus von 70,1% des letzten Nettolohns auf 66% binnen zwei Jahren. Durch diesen Wahlbetrug verlieren die Rentner in den nächsten Jahren einen Milliardenbetrag.

Die Kürzungen in den Bereichen Technologie, Bildung und Forschung in Höhe von rund 2,3 Mrd. DM schwächen den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb bei der Erschließung neuer Technologien und der Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze.

Nach den unzureichenden Ergebnissen bei der Agenda 2000 holt die Bundesregierung mit geplanten Einsparungen in Höhe von 800 Mio. DM, die sich vor allem im agrarsozialen Bereich auswirken, zu einem weiteren Schlag gegen die Landwirtschaft aus, die ohnehin schon im europäischen Vergleich unter gravierenden Wettbewerbsnachteilen leidet.

Im Bereich des Wohngeldes und der Arbeitslosenhilfe werden Ausgaben einfach auf Länder und Gemeinden verschoben. Die Kürzungen bei der Ostförderung in Höhe von 3 Mrd. DM zeigen, wie wenig der Aufbau Ost "Chefsache" ist.

Die Liste der finanz­ und haushaltspolitischen Fehlentscheidungen läßt sich beliebig fortsetzen. Nein, das sogenannte Sparpaket wird den Erfordernissen einer wachstumsorientierten Angebotspolitik, die von sinnvollen und dauerhaften Strukturreformen in den sozialen Sicherungssystemen begleitet wird, nicht gerecht.

Soziale Gerechtigkeit erhalten

Christine Scheel Bündis 90/Die Grünen
Christine Scheel Bündis 90/Die Grünen

Mit dem nun beschlossenen Sparprogramm werden wir die dringend notwendige Umkehr in der Finanzpolitik in Richtung Haushaltskonsolidierung beginnen. Dies geschieht nicht, wie gerne unterstellt wird, nach der Rasenmähermethode, sondern in Form aktiver Politikgestaltung innerhalb eines für alle vorgegebenen Finanzrahmens. Das heißt, die einzelnen Ressorts können innerhalb der vorgegebenen Einsparsumme frei entscheiden, wo gespart wird.

Dieses Zukunftsprogramm bedeutet für das Jahr 2000 Einsparungen in Höhe von 30 Milliarden DM. Insgesamt beläuft sich das Sparvolumen in den nächsten vier Jahren auf 150 Milliarden DM. Die Alternative wäre eine Neuverschuldung in Höhe von 80 Milliarden DM. Damit kann kein verfassungsmäßiger Haushalt aufgestellt werden und der europäische Stabilitätspakt nicht eingehalten werden. Wir haben also keine Alternative.

Wir wollen die soziale Gerechtigkeit erhalten und solidarisches Verhalten durch die Übernahme von Verantwortung und damit aktive Teilhabe am politischen Geschehen fördern. Zusätzlich werden wir Wachstumsimpulse setzen und durch ein international konkurrenzfähiges Steuerrecht die Investitionstätigkeit fördern. Familien mit Kindern und Durchschnittsverdiener werden finanziell besser gestellt. In diesem Jahr entlasten wir eine Durchschnittsfamilie um ca. 1.200 DM gegenüber 1998, im Jahr 2000 werden es 1.700 DM sein. In Umsetzung des Familienurteils aus Karlsruhe bedeutet dies eine steuerliche Entlastung von 5,5 Milliarden DM durch den erhöhten Kinderfreibetrag und das erhöhte Kindergeld.

Wir setzen die Ökosteuer fort und erreichen dadurch eine Strukturveränderung zugunsten des Faktors Arbeit, die Lohnnebenkosten sinken weiter, während die Energiepreisverteuerung langsam und planbar umgesetzt wird. Nicht zuletzt bleiben die politischen Schwerpunkte erhalten:

Gleichzeitig werden wir den Sozialstaat stabilisieren. Die strukturelle Anpassung bei Renten, Arbeitslosengeld und ­hilfe bedeuten in diesem Zusammenhang einen Umbau und nicht den Abbau der sozialen Sicherungssysteme. Der Subventionsabbau wird umgesetzt und der Staatsapparat im öffentlichen Dienst verkleinert. Auch konnten wir als Bündnisgrüne Erfolge in den Verhandlungen zum Sparpaket durchsetzen:

Im Bereich der Bekämpfung der Scheinselbständigkeit wird derzeit der Kriterienkatalog für die Abgrenzung von echten und Scheinselbständigen überarbeitet.

Bei der Besteuerung von Lebensversicherungen, die nicht der Altersvorsorge dienen, haben wir uns erfolgreich für einen Bestandsschutz bereits bestehender Verträge eingesetzt.

Insgesamt unterstützt die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen den Sparkurs des Bundesfinanzministers nachdrücklich, da hiermit der Grundstein gelegt wird, Deutschland zukunftsfähig zu machen.

Wir hoffen nunmehr auf das Verständnis, die Unterstützung und die Teilhabe der Bevölkerung an diesen zukunftsweisenden Maßnahmen.

"Zukunftsprogramm 2000" erweist sich als Mogelpackung

Hermann Otto Solm, F.D.P
Hermann Otto Solms, F.D.P.

Wenn es dem Finanzminister gelungen wäre, 30 Milliarden DM im Bundeshaushalt durch Kürzung der Ausgaben an der richtigen Stelle einzusparen, dann wäre dies ein Kraftakt, der alle Zweifler hätte verstummen lassen. Bei näherer Prüfung erweist sich das "Zukunftsprogramm 2000", in dessen Mittelpunkt die Haushaltssanierung steht, als Mogelpackung. Tatsächlich sinken die Ausgaben im Haushalt 2000 gegenüber dem laufenden Haushalt lediglich um 8 Milliarden DM und die Kreditaufnahme um magere 4 Milliarden DM. Zum Teil werden fiktive Ausgaben angeführt, um dann in der Liste der Einsparungen als Kürzungen zu erscheinen - reine Luftbuchungen. Darüber hinaus wurden Teile des Wohngelds und des Unterhaltsvorschusses nicht eingespart, sondern ohne Absprache auf Länder und Gemeinden verschoben. Der Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe belastet die Gemeinden, die Sozialversicherungsträger stehen vor Einnahmeausfällen.

So notwendig Einsparungen im Haushalt sind: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Viele Posten auf der Streichliste werden auf den erbitterten Widerstand auch in den rotgrünen Reihen stoßen. Nachdem die Steuerreform der christlich­liberalen Koalition blockiert und die Rentenreform zurückgenommen wurde, wird mancher die Vorschläge des Finanzministers als Provokation empfinden. Entscheidend wird deshalb sein, welche Summe unter dem Strich tatsächlich eingespart wird.

Um das Sparziel zu erreichen, sollen die Renten in den nächsten beiden Jahren nur noch der Inflationsrate entsprechend steigen. Die SPD hat die Wahl nicht zuletzt mit dem Versprechen gewonnen, die maßvolle und verläßliche Rentenreform 1999 außer Kraft zu setzen. Noch im Februar dieses Jahres hatte der Bundeskanzler versprochen: "Ich stehe dafür, daß die Renten in Zukunft steigen wie die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer." Die Renten werden zum beliebigen Instrument politischer Finanzakrobatik: ein glatter Wahlbetrug.

Einsparungen an anderer Stelle, insbesondere bei den Landwirten, beim Aufbau in Ostdeutschland sowie in den Bereichen Verkehr, Infrastruktur und Verteidigung, zeigen, daß es der Bundesregierung an einer Gesamtstrategie zur Lösung unserer Probleme fehlt. In dieses Bild paßt die drastische Mineralölsteuererhöhung in Höhe von insgesamt 30 Pfennig pro Liter.

Allein mit Sparen ist es jedoch nicht getan. Um die Wachstumskräfte der Wirtschaft zu mobilisieren, bedarf es einer Steuerpolitik, die den Standort Deutschland wieder attraktiv macht. Die zum Ausgleich für die Mehrbelastung der Wirtschaft angekündigte Senkung der Steuersätze ausschließlich für gewerbliche Einkünfte ist schon im Ansatz verfehlt. Völlig ungeklärt bleibt, wie die steuerliche Gleichbehandlung der Einzelkaufleute und Personengesellschaften - das sind etwa 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland - erreicht werden soll. Von einer steuerlichen Gleichbehandlung aller Einkunftsarten ist keine Rede. Mit dieser Politik wird eine mehrfache Diskriminierung bewirkt: Personengesellschaften werden gegenüber Kapitalgesellschaften diskriminiert. Die ausgeschütteten Gewinne werden benachteiligt und damit die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts eingeschränkt. Die vom Bundesfinanzhof gerade erst für verfassungswidrig erklärte Spreizung der Steuertarife zwischen unternehmerischen und nichtunternehmerischen Einkünften bleibt bestehen.

Der rot­grünen Steuerpolitik fehlt die Orientierung, die Steuerpläne sind nicht durchdacht, die Einzelmaßnahmen widersprechen sich. Das Recht wird komplizierter, die Rechtsunsicherheit steigt. Investoren werden abgeschreckt. Die Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen rückt in weite Ferne.

Fazit: Die Summe der Ausgabenverschiebungen auf Kommunen und Sozialversicherungsträger ist in jedem Fall höher als die Ausgabensenkung in Höhe von 8 Milliarden DM gegenüber dem Vorjahreshaushalt, das heißt, in Wirklichkeit kommt es zu keiner Ausgabensenkung.

Kein Einstieg in die Umverteilung von oben nach unten

Barbara Höll, PDS
Barbara Höll, PDS

Eine Zukunft nach Lesart des rotgrünen Sparpakets kann die PDS nicht akzeptieren. Denn wie sollte diese aussehen: So wird z.B. die originäre Arbeitslosenhilfe gestrichen oder die Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau gekürzt. Menschen mit Kindern werden durch die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag nur minimal entlastet: Die Art der Familienentlastung à la SPD nutzt nur einem Teil der Eltern. Menschen mit geringem Einkommen kommen zu kurz. Bis zu einem zu versteuernden Jahreseinkommen von jeweils rund 46.000 DM beträgt die maximale steuerliche Entlastung der Eltern durch den zukünftigen Kinderfreibetrag von rund 10.000 DM 3.240 DM, also 270 DM pro Monat. Bis zu dieser Einkommenshöhe profitieren die Eltern damit von einem Kindergeld von zukünftig 270 DM. Menschen mit einem höheren Einkommen erhalten durch den Freibetrag eine höhere Steuererstattung als 270 DM pro Monat. Bei Spitzenverdienern beträgt diese steuerliche Entlastung 5.055 DM im Jahr, rund 420 DM pro Monat!

Auf der anderen Seite werden die Unternehmen u.a. durch eine massive Steuersenkung mit einer Nettoentlastung von 8 Milliarden DM reich beschenkt, wird für Einkommensstarke der Spitzensteuersatz gesenkt. Hier zeigen sich SPD und Bündnisgrüne generös. "Wohlstand und soziale Stabilität" - so wie es die Regierung mit ihrem Programm verspricht - werden zumindest für ertragsstarke Unternehmen und Besserverdienende gesichert.

In ihrem "Reformwillen" läßt sich die Regierung leider auch nicht vom Sachverstand Dritter beeindrucken. Trauriges Beispiel dafür ist das Festhalten an der Kappung des Einkommensteuersatzes für Unternehmen. Diese geringe steuerliche Belastung von Personenunternehmen gegenüber allen anderen Steuerpflichtigen wurde im Frühjahr bereits vom Bundesfinanzhof als Verstoß gegen die Gleichbesteuerung kritisiert und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung übermittelt. Die Entscheidung steht noch aus. Doch selbst wenn die obersten Richter an dieser Regelung keinen Anstoß nehmen sollten, muß sich die rotgrüne Regierung fragen lassen, ob es ihrem Credo der sozialen Gerechtigkeit entspricht, daß ArbeitnehmerInnen, Freiberufler oder Landwirte auf ihr Einkommen höhere Steuern zahlen müssen als Unternehmen.

Zu dieser Schieflage der steuerlichen Belastung der Bürgerinnen und Bürger kommt: Gerade die SPD hat - vor ihrem Regierungsantritt - immer wieder dagegen opponiert, daß die Folgen von Arbeitslosigkeit und sozialer Not immer stärker auf die Kommunen abgewälzt werden. Mit ihrem Vorhaben, z.B. die Zahlung von pauschaliertem Wohngeld den Kommunen zu übertragen, ohne die Art des Ausgleiches durch den "Abbau von Steuersubventionen" konkret zu benennen, betreibt sie jedoch genau diese Politik in Reinkultur.

Diese

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9906/9906009
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion