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Juli 06/1999
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VOM UMSCHLAGBAHNHOF KÖLN­EIFELTOR STARTEN DIE ERSTEN ZÜGE MIT UMZUGSGÜTERN NACH BERLIN

Der Bundestag "rollt" nach Berlin

Güterbahnhof Köln-Eifeltor

Dahinter steckt eine logistische Glanzleistung. Wie bei Zahnrädern greift ein Umzugsschritt in den nächsten. Gibt es an einer Stelle Schwierigkeiten, geraten die darauffolgenden Schritte ebenfalls ins Stocken. Dr. Roger Cloes, Leiter der Projektgruppe "Steuerung Umzug Berlin" ist dennoch sicher, daß alles wie geplant verlaufen wird. "Wir meistern das", sagt er überzeugt. "Wir" - das sind er und vier Kollegen in der Projektgruppe, die sich seit anderthalb Jahren ausschließlich mit dem Umzug des Bundestages in die Hauptstadt beschäftigen. Meistern müssen das aber auch die Umzugsbeauftragten in den Fraktionen und der Verwaltung und alle Beteiligten. "Es gibt auf allen Ebenen Umzugsfachleute", sagt Cloes. Darin sieht er auch den Grund für sein "gutes Gefühl". "Da sind sehr findige Leute dabei."

Fachleute hat der Bundestag auch für Logistik und Durchführung zu Rate gezogen. Die Flughafen München GmbH ist für Planung und Steuerung zuständig, die Mannheimer Firma "confern" für den Transport. Die Fäden laufen wieder in der Projektgruppe des Bundestages zusammen.

Innerhalb von vier Wochen werden 4.058 Arbeitsplätze verlegt. Der Zeitplan ist straff kalkuliert. Mögliche Pannen können nur an den Wochenenden ausgebügelt werden. Die besondere Herausforderung sieht Cloes aber nicht nur in der Größe des Umzugs, sondern vor allem darin, daß in den meisten Fällen nicht einfach in Bonn ein­ und in Berlin wieder ausgepackt wird. "Das ist kein Eins­zu­Eins­Umzug". Aus den Büros werden teilweise nur Akten, teilweise Akten und Möbel mitgenommen. Außerdem werden Möbel in Berlin von anderen Abgeordneten oder Mitarbeitern weiter benutzt oder in Bonn den Tauschbehörden zur Verfügung gestellt.

Das gleiche gilt für die Mitarbeiter auch. 700 Arbeitsplätze wurden getauscht. Das bedeutet, daß viele Kartons in Bonn von Bediensteten gepackt werden, die anschließend ihre Arbeit in einer anderen Behörde aufnehmen. Ausgepackt werden sie in Berlin von Angestellten, die bis dahin woanders gearbeitet haben.

793 Büroräume sind in Berlin bereits vormöbliert. Sie wurden in den letzten Wochen entsprechend den Bedürfnissen ihrer zukünftigen Benutzer neu konfiguriert. 1.265 Büro­Einrichtungen in der "Standardausführung" und 900 in der "Echtholzausführung" werden aus Bonn mitgenommen. Rund 1.700 Standard­Büroeinrichtungen verbleiben in Bonn und werden dort den Tauschbehörden überlassen, die die freigewordenen Liegenschaften weiter nutzen. Für Berlin wurden 600 Büroeinrichtungen haushaltsneutral neu beschafft und in die dortigen Zielliegenschaften eingebracht. Der Grund für dieses komplizierte Vorgehen sind in erster Linie die Kosten. Rund eine Million Mark werden nach Angaben von Roger Cloes dadurch eingespart, "nicht eingerechnet die Umzugsschäden, die so vermieden werden". Ein weiterer Grund für die Entscheidung, so wenig wie möglich zu transportieren, war, die Umweltbelastung gering zu halten.

In Container­Lastern werden die Kartons und Möbel von den Bonner Büros zum Kölner Güterbahnhof Eifeltor gebracht und auf Sonderzüge verladen. Mit Lastern werden sie am Hamburg­ und Lehrter Güterbahnhof in Berlin wieder abgeholt und zu den Büros in der Bundeshauptstadt gebracht. 32.000 Kubikmeter Umzugsgut werden beim Hauptumzug im Sommer nach Berlin transportiert. Insgesamt werden rund 50.000 Kubikmeter Möbel, Akten und Schränke in die Zielliegenschaften nach Berlin befördert. 56.000 Umzugskartons müssen gepackt werden, davon 16.000 von den Umzüglern selbst und 40.000 von den Fachleuten der Speditionsfirma. Dazu gehören auch 3.600 Kunstgegenstände, hauptsächlich Bilder, die in den Büros der Abgeordneten oder in den Fluren hingen. Diese wurden eingesammelt, digital erfaßt, von der Restauratorin überprüft, fachgerecht verpackt und nach Berlin transportiert. Platz gab es ursprünglich nur für 600, also mußten zusätzliche Räume her.

Bei der Planung des Umzugs wurden bereits einige größere Herausforderungen gemeistert. Dazu zählte die Detail­Koordinierung mit den zuständigen Stellen für eine millimetergenaue Verlegung einer oberirdischen Rohrleitung von der Straße Unter den Linden bis zur Neustädtischen Krichstraße. "Wenn die Leitungen tatsächlich wie geplant verlegt worden wären, hätten die Laster mit den Containern bei den ohnehin schon schwierigen Verkehrsverhältnissen eine Vielzahl von Bürogebäuden nicht mehr termingerecht beliefern können", sagt Cloes. Die Umzugstermine insgesamt wären damit gefährdet gewesen. In mehreren Koordinierungs­Gesprächen mit der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr, der Baufirma und des vom Deutschen Bundestag beauftragten Speditionsunternehmen wurde das Problem gelöst. Deutlich sichtbar, wie Roger Cloes beschreibt: "Die Rohre laufen im Zickzack. Sie sind exakt so verlegt worden, daß der Umzug nicht behindert wird."

Ankunft Berlin

Rund zehn Millionen Mark kostet der reine Umzug insgesamt. "Es sieht so aus, als schaffen wir es, unter dieser Marke zu bleiben", zeigt sich Cloes optimistisch. Ob die veranschlagten Kosten eingehalten werden, ist auch eine Frage der Zeit. "Jede Verzögerung kostet." Sollte ein einzelnes Büro seinen Termin nicht einhalten, könnte dessen Umzug wegen der Verkettung von Einzelbewegungen nur unter größtem Koordinierungsaufwand hinten wieder angehängt werden, erklärt er. Eine Sondersitzung des Deutschen Bundestages in der Sommerpause allerdings würde den Gesamtplan ins Wanken bringen. Aber jede Terminverschiebung bringt Probleme mit sich. Bei einzelnen Büros muß dann die Verteilung der Möbel neu gelöst werden. Bei größeren Verschiebungen müssen die Zeitpläne mit der Deutschen Bundesbahn neu koordiniert werden, auch deswegen, weil sich die Straßenverkehrssituation mit der Einrichtung neuer Baustellen, dem teilweisen Abbau bestehender Baustellen und des unsteten Straßenverkehrsaufkommens laufend verändert.

Wenn die Mitarbeiter von Fraktionen, Verwaltung und Abgeordneten im August in Berlin die Arbeit aufnehmen, ist der Umzug des Deutschen Bundestages noch lange nicht abgeschlossen. Im August beginnen in Bonn die "Verdichtungsumzüge". Die Mitarbeiter, die vorläufig in Bonn bleiben, rücken dann enger zusammen. 660 Mitarbeiter ziehen innerhalb Bonns um. Sie werden räumlich zusammengefaßt, um ganze Gebäude und Gebäudeteile für Nachnutzer freizumachen. Hierbei spielt auch die Verminderung der Gebäudeunterhaltskosten eine wichtige Rolle. Von insgesamt 81 Gebäuden, die der Bundestag in Bonn benutzt, behält er 27, bis die sich im Bau befindlichen Gebäude in Berlin abschließend bezogen werden können.

Im Jahr 2001 stehen dann die Umzüge von Bibliothek und Parlamentsarchiv an: 38.000 laufende Meter Bücher und 11.000 laufende Meter Akten werden nach Berlin gebracht. Auch Abgeordnete, Fraktionen, und Verwaltung lassen sich in ihren neuen Berliner Büros nur vorläufig nieder: Sie ziehen in Zwischenunterkünfte, bis die Bundestagsneubauten fertiggestellt sind.

So lange, bis jeder seinen endgültigen Platz gefunden, bleibt auch Roger Cloes im Amt. Er besetzt zur Zeit zwei Büros: eins in Bonn und eins in Berlin. "Ich bin immer da, wo ich gebraucht werde", sagt er. Was er machen wird, wenn der Umzug abgeschlossen ist, weiß er heute noch nicht. Eins weiß er allerdings jetzt schon ganz genau: "Wenn alles vorbei ist, brauche ich erst einmal eine Pause."

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9906/9906088
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