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Juli 06/1999
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IT­UMZUG

Computer ziehen von Bonn nach berlin um

It-Umzug

Moderne Informations­ und Kommunikationstechnologie ist längst selbstverständlicher Bestandteil der täglichen Arbeit beim Deutschen Bundestag. Der Umzug der Bundestagsabgeordneten nach Berlin betrifft demnach auch die elektronischen Informationssysteme. Ist die Rede vom Umzug der Bonner Abgeordnetenbüros nach Berlin, so denkt man gemeinhin an den Transport von Aktenordnern, Regalsystemen und Schreibtischen. Im Verlaufe dieses Umzugs werden jedoch auch immaterielle Daten transportiert: eine auf den ersten Blick überraschende Tatsache.

"Der Umzug bedeutet einen kompletten Wechsel in der kommunikationstechnischen Infrastruktur", erläutert Dr. Arnulf Lunze, Leiter des Referats Neue Informationssysteme beim Deutschen Bundestag sowie der "Projektgruppe IT­Umzug Berlin". Unter der Leitung der IuK­Kommission (Informations­ und Kommunikationssysteme) des Ältestenrates habe sich die Verwaltung schon früh mit der Einrichtung einer Infrastruktur in Berlin befaßt, die modernsten Anforderungen genügen sollte.

Entsprechend grundlegend nehmen sich die Veränderungen aus, welche die Abgeordneten aus Bonn an ihren neuen PC­Arbeitsplätzen in Berlin erwarten. Zur Zeit verfügt jedes Bonner Abgeordnetenbüro über zwei PC­Arbeitsplätze, die miteinander vernetzt sind. Einer der beiden PCs ist über ISDN mit der Telekommunikationsanlage verbunden: Sie vermittelt den Zugang zu den internen Informationssystemen von Bundestag und Bundesregierung sowie über das Internet "nach außen". Der Bundestagsabgeordnete kann sich die gewünschten Informationen aus den Datenbanken auf den Bildschirm seines PCs holen, sie verarbeiten und eigene Texte bzw. Dateien erstellen.

Computer Tastatur

Auch die neuen Berliner Abgeordnetenbüros sind mit zwei PC­Arbeitsplätzen ausgestattet. Beide Geräte aber sind über die interne Netzstruktur einer sogenannten LAN­Umgebung (LAN = local area network) miteinander verbunden. Die LAN­Infrastruktur umfaßt sämtliche Bildschirmarbeitsplätze in den Fraktionen, den Abgeordnetenbüros und der Bundestagsverwaltung. Sämtliche Text­ und sonstige Dateien, die vorher auf dem PC des Abgeordneten lagerten, werden nun an einer zentralen Stelle gesammelt, und auch der Ausdruck von Briefen, Dokumenten etc. auf dem Büro­Drucker des Abgeordneten wird zentral organisiert. Die Bundestagsabgeordneten arbeiten natürlich weiterhin am eigenen Büro­PC. Sobald sie jedoch den Befehl zum Abspeichern geben, werden die eigenen Dateien auf einen der rund 50 Zentralrechner übertragen und dort in einem speziell für das jeweilige Abgeordnetenbüro reservierten Bereich abgelegt: paßwortgeschützt und automatisch verschlüsselt, damit die Sicherheit der Daten gegen fremden Zugriff gewährleistet ist, wie Dr. Lunze betont.

Das Prinzip, die eigenen Daten auf einem Zentralrechner statt auf dem PC zu lagern, wird manchem Bundestagsabgeordneten die Bewältigung seiner Aufgaben außerhalb der Hauptstadt erleichtern. Von seinem Wahlkreisbüro aus kann er dann jederzeit auf die eigenen Texte sowie seinen elektronischen Terminkalender im Berliner Hauptstadtbüro zugreifen, sobald er sich per Paßwort legitimiert hat. Seine Termine und Aktivitäten lassen sich auf diese Weise weitaus besser koordinieren.

Die Vernetzung der Computer und die Einrichtung von Zentralrechnern (sog. Servern) wird in Berlin wohl die Regel darstellen. Es mag freilich auch Ausnahmen geben: Einige Bundestagsabgeordnete haben bereits den Wunsch geäußert, ihre Texte und Termine nach wie vor auf ihrem eigenen Bürocomputer zu lagern. "Das werden wir bei Bedarf auch so realisieren", sagt Dr. Lunze. Davon unberührt bleibt der PC­Zugang aller Bun­destagsabgeordneten zu sämtlichen elektronisch verfügbaren Informationssystemen, die in das nach außen hin abgeschottete Computernetzwerk (Intranet) des Bundestages integriert sind. Als "dynamisches System", so Dr. Lunze, sei das Intranet des Bundestages zu verstehen. Zur Zeit umfaßt es etwa 15 Datenbanken, und es kommen ständig neue Informationen hinzu: angefangen vom Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge, genannt "DIP", das die Arbeit von Bundestag und Bundesrat dokumentiert, bis hin zu den Dokumentations­ und Informationssystemen für Vorgänge in parlamentarischen Ausschüssen, die Sitzungsprotokolle, Beratungsplanungen etc. enthalten und für jeden Abgeordneten, sei er nun Ausschußmitglied oder nicht, recherchierbar sind. Von diesem nach außen hin abgeschotteten Intranet des Bundestages aus können sich die Abgeordneten in andere Netze, wie z.B. das der Bundesregierung, einwählen, das der sogenannte "Informationsverbund Berlin­Bonn", abgekürzt: IVBB, anbietet.

Der IVBB wurde eingerichtet, um der Bundesregierung das "verteilte Arbeiten" in Berlin und Bonn zu erleichtern. An einem vom öffentlichen Leitungsnetz unabhängigen Glasfasernetz sind, neben dem Bundestag, alle obersten Bundesbehörden angeschlossen sowie diejenigen Behörden, die in den Regionen angesiedelt sind. Auf diese Weise lassen sich etwa Dienststellen von Ministerien, die im Rahmen des Umzugs auf unterschiedliche Standorte verteilt wurden, effizient verwalten. Darüber hinaus bietet dieses Netz für seine Nutzer aus Bundestag und Bundesregierung noch diverse Dienste und Informationen an: Die Ratsdokumente der Europäischen Union sind hier ebenso abrufbar wie etwa Informationen aus den einzelnen Ministerien. Ob sich diese Informationen (Texte, Tabellen etc.) auf Zentralrechnern in Bonn oder Berlin befinden, spielt für den Anwender keine Rolle: Er kann sich von seinem Büro­PC in Bonn oder Berlin aus problemlos in die Intranet­Bereiche von Bundestag und Bundesregierung einwählen, ohne daß er den "Ortswechsel" bemerkt.

Wie aber gelangen nun die eigenen, vorläufig noch auf dem Büro­Rechner in Bonn gespeicherten Daten an den neuen Berliner Arbeitsplatz des Abgeordneten? Die Antwort von Dr. Lunze verrät, daß sich hier eine ausgefeilte Logistik zu bewähren hat: An einem vereinbarten Stichtag werden Beauftragte der Verwaltung jedes einzelne Abgeordnetenbüro betreten und die Dateien auf dem PC jedes Abgeordneten auf eine sogenannte "MO­Disk" ("magnetooptical disc") überspielen: auf ein Trägermedium, das - im Gegensatz etwa zur CD­ROM - mehrfach überschrieben werden kann. Dadurch können die Dateien nach Abschluß des "Umzugs" restlos gelöscht werden. Während des Überspielvorgangs selbst werden die zu übertragenden Dateien übrigens verschlüsselt. Noch in Bonn werden sie dann in einen Rechner eingespeist und über das IVBB­System nach Berlin in einen Datenübernahmeserver eingespielt, der die Daten schließlich auf die entsprechenden Zentralrechner verteilt. Der Abgeordnete trifft aus Bonn ein, nimmt Platz an seinem Schreibtisch im neuen Berliner Büro, schaltet den Computer ein und tippt sein Paßwort in die Tastatur: Die eigenen Dateien stehen ihm sofort wieder zur Verfügung. "Datenmigration" nennt Dr. Lunze den virtuellen Umzug. Und in der Tat: Es ist wohl eine ganz besondere Wanderungsbewegung, die sich hier von der bisherigen in die neue Hauptstadt vollzieht.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9906/9906092
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