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Juni 06/2000
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"Wir müssen durch Argumente überzeugen"

Interview mit der Vorsitzenden der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin"

Margot von Renesse.
Margot von Renesse.

Blickpunkt Bundestag: Was war Ihr persönlicher Zugang zu dieser Enquete-Kommission?

Margot von Renesse: Großes Misstrauen stand am Anfang. Ich habe die Absicht, diese Kommission zu bilden, zunächst als Gefahr gesehen, dass damit dringende Entscheidungen verzögert werden - also als potenzielles Verhinderungsinstrument. Erst seit sich alle in die Hand versprochen haben, die aktuelle Gesetzgebung zu begleiten, sehe ich die Enquete als echte Chance an.

Wie wollen Sie diese "Begleitung" schaffen?

Es nutzt uns nichts, wenn jeder sein Bekenntnis abgibt. Wir müssen durch Argumente überzeugen. Die Qualität dieser Argumente wird umso einflussreicher, je mehr sie von einem Konsens in unserer Kommission getragen sind.

Gerade in diesen ethischen Fragen wird man einen Konsens aber nur sehr schwierig erreichen.

Natürlich gibt es in einer pluralen Gesellschaft eine Vielzahl von Antworten zu ethischen und moralischen Fragen. Es muss uns aber gelingen, zwischen drei Ebenen zu unterscheiden: Die erste ist, was wir persönlich für uns für richtig halten. In der zweiten geht es darum, was wir jemandem empfehlen, der uns um Rat fragt. Und die dritte dreht sich darum, was wir für alle gültig ins Gesetz schreiben.

Und das wäre?

Auf jeden Fall keine Spielwiese für Bekenntnisse. Wir dürfen nicht Ideen im luftleeren Raum wälzen. Wir müssen als Ergebnis den Betroffenen ihre Ängste nehmen: Angehörige von Unfallopfern müssen sicher sein, dass die Sorge der Ärzte der Lebensrettung und nicht der Organtransplantation gilt. Eltern Behinderter müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder nach ihrem eigenen Tod nicht als Menschen zweiter Klasse angesehen werden, mit denen man alles machen kann. Die Älteren müssen wissen, dass sie der Intensivmedizin nicht hilflos ausgeliefert sind, auch wenn sie sich nicht mehr äußern können. Und die Patientin, die sich von Grund auf untersuchen ließ, darf nicht befürchten müssen, dass ihr Arbeitgeber die Daten über ihre Genzusammensetzung erhält.

Sehen Sie einen Grundkonsens in der Kommission, auf dem sich aufbauen lässt?

Kein Einziger sagt, dass Forschung um jeden Preis sein muss. Während in Amerika Fortschritte auf diesem Gebiet sofort gefeiert werden, kommen bei uns als Erstes Fragezeichen. Das ist typisch deutsch. Aber das ist auch richtig.

Kontakt: margot.renesse@bundestag.de

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0006/0006063
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