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Oktober 10/2000
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"Forum für einen offenen Dialog"

Interview mit dem deutschen Delegationsleiter Markus Meckel
Markus Meckel.
Markus Meckel.

Frage: Was erwarten Sie sich von der Plenartagung in Berlin?

Markus Meckel: Zehn Jahre nach der deutschen Einheit treffen wir uns zum zweiten Mal in Berlin. Berlin war im Kalten Krieg ein Symbol der Teilung und eine Insel der Freiheit im Ostblock und stand damit für die Werte der Allianz. Heute präsentiert sich Berlins Mitte mit einem neuen Gesicht. Davon möchten wir unseren Gästen einen Eindruck verschaffen. Daneben steht uns die Neuwahl des Präsidiums bevor, die Einfluss auf die Schwerpunkte der Versammlung in den kommenden Jahren haben wird.

 

Wo sehen Sie diese Schwerpunkte?

Die NATO-PV hat traditionell eine wichtige Rolle als Forum für einen offenen transatlantischen Dialog. Frei von direkter Regierungsverantwortung können hier auch Interessenkonflikte offen diskutiert und für wechselseitiges Verständnis sowie um Vertrauen geworben werden. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Kosovo-Konflikts beschleunigten sich die Bemühungen um den Aufbau einer Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Zunächst war man skeptisch, ob hier nicht Aufgaben der NATO dupliziert werden. Mittlerweile ist klar, dass NATO und EU ergänzende Funktionen übernehmen.

Konsultationen der EU mit der NATO sowie den nicht zur EU gehörenden NATO-Mitgliedern haben begonnen. Daher genießt die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik heute schon viel größere Akzeptanz als noch vor kurzem.

 

Aber gibt es nicht auch Fragen, in denen die europäischen Abgeordneten mit dem Vorgehen der amerikanischen Partner Schwierigkeiten haben? Zu denken wäre dabei beispielsweise an das Stichwort "Nationale Raketenabwehr" (NMD)?

Selbstverständlich beschäftigen wir uns seit Jahren mit der Gefahr einer Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Im November diskutieren wir zwei Ausschussberichte, eines Deutschen und eines Niederländers, die mit unterschiedlicher Tendenz dazu Stellung nehmen. Auch unter den Europäern gibt es also noch Diskussionsbedarf. Ich begrüße es daher, dass US-Präsident Clinton darauf verzichtet hat, in diesem Jahr eine Entscheidung über die Stationierung von NMD zu treffen. Die gewonnene Zeit sollte man dazu nutzen, eine abgestimmte Nicht-Weiterverbreitungspolitik zu entwickeln und einen Dialog über alle Optionen von politischen Maßnahmen im Verhältnis zu den kritischen Staaten, über die Weiterentwicklung der Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie eine restriktivere Rüstungsexportpolitik zu führen.

 

Im März 1999 hat die NATO die ersten ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes als Mitglieder aufgenommen. Ist damit vorerst das Ende der Fahnenstange erreicht?

Mit dem Ende der Blockkonfrontation sahen wir uns mit zwei zentralen Herausforderungen bei der Gewährleistung von Sicherheit in Europa konfrontiert: der Kooperation mit Russland und der Ukraine sowie der Integration mittel- und osteuropäischer Staaten in EU und NATO. Beim Washingtoner Gipfel wurde im April 1999 beschlossen, die Tür für neue Mitglieder offen zu halten und im Jahr 2002 über eine zweite Erweiterungsrunde zu entscheiden. Bei der Öffnung der Bündnisses hat die NATO-PV eine wesentliche und manchmal eine Vorreiterrolle gespielt. Schon 1990 hat die Nordatlantische Versammlung den neuen Status eines "assoziierten Mitglieds" geschaffen und die ersten Abgeordneten aus ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes, darunter Russland, aufgenommen. Wir hatten uns schon 1996/97 dafür eingesetzt, dass weitere Staaten in der ersten Runde berücksichtigt werden. Ich würde mir wünschen, dass Slowenien, die Slowakei, Rumänien, Estland, Lettland und Litauen in der nächsten Runde zum Zug kommen.

 

Sie haben die Kooperation mit Russland angesprochen. Hat die NATO da nicht seit den Konflikten im Kosovo und der Kritik am Vorgehen in Tschetschenien erhebliche Probleme?

Bei der Friedenssicherung durch SFOR in Bosnien und durch KFOR im Kosovo klappt die praktische Zusammenarbeit. Aber die politische Kooperation im Ständigen Gemeinsamen Rat NATO-Russland (PJC) ruhte noch bis vor kurzem. Die Vertreter des Föderationsrates haben den Kontakt zur NATO-PV auch während der NATO-Luftangriffe nicht abreißen lassen. Ich hoffe, dass sich auch die Duma-Abgeordneten an der Versammlung in Berlin wieder beteiligen werden.

 

Zum Abschluss die Frage: Wie sehen Sie die neuesten Entwicklungen in der Bundesrepublik Jugoslawien?

Viele Forderungen, die ich bei der Vorlage eines Berichtsentwurfes im Politischen Ausschuss im Mai in Budapest erhoben habe, wie die nach Aufhebung des Ölembargos, sind jetzt bereits in der Umsetzung. Ich freue mich, dass es der demokratischen Opposition mit internationaler Hilfe gelungen ist, Milosevic zu stürzen. Für die Stabilisierung der Lage in der Region ist meines Erachtens auch eine langfristige militärische Präsenz im Rahmen von SFOR und KFOR nötig. Die Konsolidierung des demokratischen Wandels in Jugoslawien wird wesentlich von der internationalen Unterstützung abhängen, die wir im Rahmen des Stabilitätspaktes gewähren. Die Demokraten brauchen unsere Hilfe jetzt! Wir müssen aber auch klar machen, dass wir eine Kooperation mit dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal erwarten und auf eine weiterhin konstruktive Haltung im Bemühen um eine Klärung des Verhältnisses zu Montenegro setzen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0010/0010067
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