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Dezember 12/2000
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ANHÖRUNG ZUR RENTENREFORM

VDR: Ausgleichsfaktor schon jetzt in Rentenversicherung aufnehmen

(as) Der von der Bundesregierung vorgesehene Ausgleichsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung soll bereits jetzt und nicht erst im Jahr 2011 aufgenommen werden. Diese Forderung vertrat Professor Franz Ruland vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) im Verlauf einer dreitägigen öffentlichen Anhörung des Arbeits- und Sozialausschusses, die vom 11. bis 13. Dezember stattfand. Im Mittelpunkt der Befragungen standen der Regierungsentwurf des Altersvermögensgesetzes (14/4595) und ein Antrag der CDU/CSU zur Zukunft der Rentenversicherung (14/1310).

Der Sachverständige erklärte, der Ausgleichsfaktor, der ab 2011 das Rentenniveau senken soll, belaste die jüngere Generation zu stark. Auch Klaus Michaelis von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) war der Auffassung, der Ausgleichsfaktor schaffe keinen fairen Ausgleich zwischen den Generationen. Zusammen mit Professor Ruland setzte er sich dafür ein, die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung ab sofort über die Anpassungsformel zu lösen. Schon durch eine minimale Verringerung der Anpassung sei es möglich, den voraussichtlichen Beitragssatz des Jahres 2030 unter 22 Prozent zu halten, also unterhalb des von der Regierung mit der Reform angepeilten Beitrages.

Verbände wollen Reformen

Vertreter von Wohlfahrts- und anderen Verbänden waren sich in der Anhörung grundsätzlich einig, dass die gesetzliche Rentenversicherung substanziell reformiert werden müsse. In seinem Statement machte Apostolos Tsalastras von der Arbeiterwohlfahrt Gemeinsamkeiten des Regierungsentwurfs und des Rentenreformgesetzes 1999 der Vorgängerregierung aus. Beide gingen davon aus, dass die demografische Entwicklung eine Absenkung des Rentenniveaus langfristig notwendig macht. Die aktuellen Entscheidungsträger würden zudem Verbesserungen wie die Förderung der zusätzlichen privaten Alterssicherung, die eigenständige Sicherung der Frau sowie eine Stärkung der Betriebsrenten vorsehen.

Hans-Jürgen Leutloff lehnte die Initiative der Regierung im Namen des Sozialverbandes Deutschland in der Anhörung ab. Der Entwurf belaste einseitig und in erheblicher Weise die Versicherten und Rentner, während die Arbeitgeber geschont und zunehmend aus ihrer sozialen Verantwortung entlassen werden sollten. Die Verwirklichung der beabsichtigten Kürzungen und Leistungseinschränkungen würde zu einem drastischen und nicht hinnehmbaren Absinken des Rentenniveaus führen, so der Experte weiter. Eine eklatante Benachteiligung von Eltern gegenüber Kinderlosen in der Generation der heutigen und künftigen Ruheständler machte der Vertreter des Deutschen Caritasverbandes, Othmar Rest, in einer schriftlichen Stellungnahme aus. Die vorgelegten Initiativen würden die dafür verantwortliche Unterbewertung der Leistung "Kindererziehung" gegenüber der Leistung "eingezahlte Beiträge" nicht grundlegend ändern. Der Caritasverband forderte, Familien mit zwei und mehr Kindern von der geplanten Kürzung des Rentenniveaus auszunehmen.

Vorsorge für Frauen verbessert

Die anvisierte eigenständige Altersvorsorge der Frau begrüßte Michaelis von der BfA. Es sei richtig, diese über die gesetzliche Rentenversicherung zu organisieren. Das vorgesehene Splitting bei der Hinterbliebenenrente werde die Situation der Frauen verbessern und habe Vorbildcharakter für andere Sozialversicherungssysteme. Mit Vorbehalten begegne er aber der ins Auge gefassten Einfrierung des Freibetrages in der Hinterbliebenenrente. Diese senke das Niveau der Witwen- und Witwerrenten nicht unerheblich.

Professor Ruland äußerte sich positiv zu der vorgeschlagenen Höherbewertung der kindbezogenen Beiträge. Dies verbessere das Alterseinkommen vieler Frauen. Da aber der Ausgleichsfaktor ab 2011 greife und die Hinterbliebenenrente gesenkt werde, ergebe sich in der Bilanz eine Verschlechterung für Frauen. Sinnvoll sei dagegen der Gedanke des "Splitting" bei den Hinterbliebenenrenten. Auch Achim Backendorf vom Sozialverband VdK Deutschland begrüßte die im Gesetzentwurf vorgesehene kindbezogene Höherbewertung von Beitragszeiten.

Geplante Förderung kritisiert

Besserverdienende kommen nach Meinung von Manfred Westphal von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände bei der geplanten Förderung der privaten Altersvorsorge besser weg als Bezieher von niedrigen Einkommen. Unterstützt wurde der Sachverständige von Dr. Erich Standfest vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der in einer schriftlichen Stellungnahme die hohen Einkommensbezieher ebenfalls im Vorteil sah. Sie könnten beim Absetzen ihrer Vorsorgebeiträge von der Steuer weit mehr sparen, als Niedrigverdiener durch die Grundzulage an Zuschüssen für den Aufbau der privaten Altersvorsorge erhalten sollten.

Zu dem von der Regierung im Rahmen der privaten Vorsorge ins Auge gefassten Förderkatalog erklärte Jürgen Wagner vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, das anvisierte System sei zu kompliziert. Es werde sehr schwierig sein, den Bruttolohn der Arbeitgeber permanent zu überprüfen, um die Fördersumme festzulegen. Er schlug vor, das Fördervolumen an der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung festzumachen. Die förderfähigen Anlagemöglichkeiten müssten garantieren, dass die eingezahlten Beiträge zu einer lebenslangen Rente führten. Außerdem müsse Transparenz und Vergleichbarkeit gegeben sein, so der Sachverständige weiter.

Als undurchschaubar bezeichnete auch Dieter Ondracek von der Deutschen Steuergewerkschaft den Förderkatalog. Es sei wichtig, eine Testierung der angebotenen Produkte einzuführen oder die Anbieter in Haftung zu nehmen. Dr. Werner Upmeier hielt es für geboten, privates Wohneigentum im Rahmen der privaten Altersvorsorge zu berücksichtigen. Ansonsten müsse mittelfristig mit höheren Mieten gerechnet werden, da die Bauaktivität nachlassen werde.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0012/0012053
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