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01/2002
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VERUNREINIGTES FISCHMEHL

Künast räumt "nicht akzeptable Zeitverzögerungen" im Ministerium ein

(vs) Die CDU/CSU- und die FDP-Fraktion haben Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) vorgeworfen, sie habe ihr Ministerium "nicht im Griff". In einer Sondersitzung des Ausschusses hatte die Ministerin am 18. Januar über die mit dem Breitband-Antibiotikum Chloramphenicol behandelten Garnelen im Fischmehl berichtet.

Am 27. Dezember war das Ministerium vom niederländischen Veterinärdienst darüber informiert worden, dass in den Niederlanden für den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignete Garnelen vermischt mit anderen Fischabfällen über eine Recyclingfirma illegal in eine Fischmehlfabrik nach Cuxhaven verbracht worden seien. Dabei habe es sich um gut 27.000 Kilogramm Garnelen gehandelt, bei denen Rückstände des in der EU verbotenen Chloramphenicol festgestellt und die deshalb als Risikomaterial eingestuft worden seien. Diese Mitteilung sei erst am 8. Januar an das zuständige niedersächsische Landwirtschaftsministerium weitergeleitet worden. Künast räumte ein, dass es im Ministerium zwischen dem 27. Dezember und dem 8. Januar zu "nicht akzeptablen Zeitverzögerungen" gekommen sei. Die Ministerin schilderte im Detail, welchen Weg das Schreiben aus dem Nachbarland in dieser Zeit in ihrem Ministerium zurückgelegt hatte. Sie verwies darauf, dass zwei Unterabteilungsleiter eine Dienstanweisung vom Mai vergangenen Jahres, wie in solchen Fällen vorzugehen sei, nicht eingehalten hätten und daher von ihren Aufgaben entbunden worden seien.

"Öffentlichkeit wurde falsch informiert"

Die CDU/CSU-Fraktion warf Künast vor, sie habe die Öffentlichkeit bei der "Grünen Woche" falsch informiert. Dieser Vorgang habe nicht in ihr Konzept zur Eröffnung der Berliner Agrarschau gepasst. Die Öffentlichkeit habe erst am 14. Januar Kenntnis von dem Vorgang erlangt. Dies sei ein "skandalöser Vorgang". Die Darstellung der Vorgänge in ihrem Ministerium sei "peinlich" gewesen. Die Fraktion warf ihr vor, die Bauern in der Öffentlichkeit beleidigt zu haben und gleichzeitig einen moralischen Anspruch zu erheben, an dem sie sich nun messen lassen müsse.

"Niemand hat politische Verantwortung übernommen"

Die FDP betonte, es reiche nicht aus, wenn die Ministerin die Verantwortlichen festgemacht habe. Niemand habe die "politische Verantwortung" übernommen. Das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelsicherheit sei ein weiteres Mal geschwächt worden. Auch die PDS betonte, beim Verbraucher bleibe der Eindruck zurück, dass nichts sicher sei.

Dagegen sprachen Bündnis 90/Die Grünen von einem reinen "Wahlkampfgetöse". Der Vorgang sei mit den BSE-Fällen nicht zu vergleichen. Das Antibiotikum habe in den Rückständen auf Grund der Verdünnung nicht einmal nachgewiesen werden können. Die Fraktion sprach von einer "absurden Gespensterdiskussion". Im Übrigen rief die Fraktion die CDU/CSU auf, zu belegen, dass die Ministerin die Öffentlichkeit falsch informiert habe.

In seiner Sitzung am 23. Januar hat sich der Verbraucherschutzausschuss erneut mit dem Fischmehlskandal und der verzögerten Weiterleitung der Information befasst. Dabei übte die Opposition Kritik an der Abwesenheit der Ministerin. Von Seiten der FDP wurde beantragt, Künast solle in der Sitzung der kommenden Woche noch einmal zu dem Vorgang Stellung nehmen, wozu es auf Grund der Abläufe im Plenum nicht kam. Der FDP-Antrag wurde von der CDU/CSU unterstützt und dahin gehend erweitert, die Ministerin möge bei dieser Gelegenheit auch vortragen, welche Fälle von verzögerter Informationsübermittlung über Kontaminierung von Schlachtrindern in ihrem Hause vorgekommen seien.

Der Ausschuss nahm den Bericht des Regierungsvertreters entgegen, der die Vorgänge noch einmal rekapitulierte und neuere Erkenntnisse des Ministeriums bekannt gab.

Im fraglichen Zeitraum vom 16. bis 30. November vergangenen Jahres, .so der Bericht, seien 1.144 Tonnen Fischmehl produziert worden. 974 Tonnen davon seien bereits ausgeliefert, davon 366 Tonnen in Deutschland. 170 Tonnen lagerten noch in Versandboxen. Derzeit lägen zehn Analyseergebnisse vor. In keiner Probe habe Chloramphenicol nachgewiesen werden können. Allerdings seien bei mikroskopischen Untersuchungen Chitinpanzerteile festgestellt worden. An Fischöl seien im genannten Zeitraum 888 Tonnen produziert worden. Bisher liege ein Analysebefund vor, der ebenfalls negativ sei.

37 Tonnen Fischöl in Deutschland ausgeliefert

Die Fischmehllieferungen in Deutschland gingen nach Angaben der Regierung in die Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Beim Fischöl seien 888 Tonnen ausgeliefert, 37 davon in Deutschland. Im Rahmen seiner Erläuterungen berichtete der Regierungsvertreter auch über Meldungen aus Holland, denen zufolge in der Urinprobe eines aus Deutschland stammenden Kalbs Chloramphenicol knapp über der Nachweisgrenze festgestellt worden sei. Weitere Erkenntnisse habe man bisher nicht, die Ermittlungen seien im Gange.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2002/bp0201/0201066
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