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Das Parlament
Nr. 15 / 11.04.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Andrea Thom

Zwischen Heuchelei und Feindseligkeit

Eckdaten zum Verhältnis der DDR und Israel

1948: Die SED-Führung unterstützt die UN-Resolution 181 vom April 1947, die die Teilung Palästinas vorsieht. Politbüro-Mitglied Paul Merker schreibt im Februar 1948 im "Neuen Deutschland": "Der jüdischen Bevölkerung gehören die Sympathien und die tatkräftige Hilfe aller fortschrittlichen Kräfte. Besonders die demokratischen Kräfte Deutschlands haben die Verpflichtung, ihre Sympathien und Hilfsbereitschaft zum Ausdruck zu bringen."

Otto Grotewohl, Co-Vorsitzender der SED, lehnt gegenüber dem Gesandten der Jewish Agency, Chaim Jachil, eine individuelle Rückgabe des durch die Nationalsozialisten "arisierten" jüdischen Eigentums ab, spricht jedoch von der Möglichkeit einer kollektiven Entschädigung an den zu gründenden jüdischen Staat.

1951: Die israelische Regierung übermittelt allen vier Besatzungsmächten Deutschlands Noten, in denen sie eine Milliarde US-Dollar von der Bundesrepublik und 500 Millionen US-Dollar von der DDR fordert, um die Kosten für die Eingliederung von Holocaust-Überlebenden in den Staat Israel zu decken. Während die Westmächte die Aufnahme direkter deutsch-israelischer Verhandlungen befürworten, lehnt die UdSSR Reparationszahlungen ab.

1952/1953: Das SED-Zentralkomitee fasst einen Beschluss über die "Lehren aus dem Prozess gegen das Verschwörertum Slansky", in dem Israel der Spionage- und Diversantentätigkeit in den volksdemokratischen Ländern Osteuropas im Auftrag der USA beschuldigt wird. Ferner heißt es, Paul Merker sei Leiter einer zionistischen Agentengruppe und habe "die Entschädigung der jüdischen Vermögen" nur gefordert, "um dem USA-Finanzkapital das Eindringen in Deutschland zu ermöglichen". Merker wird verhaftet und in einem Geheimprozess 1955 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt; 1956 wird er aus der Haft entlassen, eine vollständige Rehabilitierung jedoch bleibt aus.

Die durch den Slansky-Prozess ausgelöste antisemitische Kampagne führt zur panikartigen Flucht hunderter Juden aus der DDR, unter ihnen die Vorsitzenden nahezu aller jüdischen Gemeinden.

1954/1955: Nach Gesprächen zwischen Diplomaten der DDR und Israels in Moskau über die "Wiedergutmachungsfrage" lehnt die DDR-Regierung am 28. Dezember 1955 Zahlungen an Israel grundsätzlich ab.

1956: Während des Suezkrieges unterstützt die DDR Ägypten; die "Dreieraggression Großbritanniens, Frankreichs und Israels" wird scharf verurteilt. Außenminister Lothar Bolz fordert die Bundesregierung auf, die im Luxemburger Abkommen fixierten Zahlungen nicht an Israel, sondern an Ägypten zu leisten.

1961: DDR-Rechtsanwalt Friedrich Karl Kaul nimmt als Beobachter am Eichmannprozess in Jerusalem teil. Er führt Gespräche mit dem israelischen Justizminister und dem Generalstaatsanwalt. Seine Aktivitäten zielen vor allem auf eine Diskreditierung der Bundesrepublik. Die DDR ist mit Nachdruck bestrebt, "die Kontinuität deutscher Geschichte von Adolf Hitler bis Konrad Adenauer" nachzuweisen und BRD-Staatssekretär Globke zum Rücktritt zu veranlassen.

1965: Der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht besucht Kairo. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser wird betont, Israel sei "als Speerspitze des Imperialismus" geschaffen worden. Mit Hilfe der arabischen Staaten sucht die DDR die Hallstein-Doktrin zu durchbrechen und internationale Anerkennung zu erlangen.

1967-1975: Alle osteuropäischen Staaten mit Ausnahme Rumäniens brechen während des Sechstagekrieges 1967 die Beziehungen zu Israel ab und verstärken ihre antiisraelische Polemik. Die DDR - 1969 von Irak, Ägypten, Syrien, Sudan und Südjemen diplomatisch anerkannt - unterstützt auf internationalem Parkett mit Vehemenz die Positionen der PLO und der arabischen Staaten im Nahostkonflikt. Israel spricht sich anlässlich der Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO 1973 gegen den Beitritt der DDR aus.

Im November 1975 stimmt die DDR der UN-Resolution zu, in der der Zionismus als "eine Form von Rassismus und Rassendiskriminierung" verurteilt wird.

1976: Die DDR verbietet ostdeutschen Außenhandelsfirmen jeglichen Handel mit Israel.

1982 und 1987/88: Während des Libanonkrieges und der ersten Intifada solidarisiert sich die DDR mit der PLO; die antiisraelische Propaganda erreicht einen Höhepunkt. Israel wertet die politische und militärische Unterstützung der Palästinenser durch die DDR als "feindlichen Akt".

1988: Der Präsident des World Jewish Congress, Edgar M. Bronfman, weilt auf Einladung Erich Honeckers in Berlin. Er setzt sich für die Normalisierung der Beziehungen zwischen der DDR und Israel sowie für eine Regelung der Wiedergutmachungsfragen ein. An den staatlichen Gedenkveranstaltungen in der DDR, die aus Anlass des 50. Jahrestages der Pogromnacht von 1938 durchgeführt werden, nehmen offizielle Gäste aus Israel teil.

1989: DDR-Staatssekretär für Kirchenfragen Löffler reist im Januar auf Einladung des World Jewish Congress und der Gedenkstätte Yad Vashem nach Israel. In Jerusalem trifft er unter anderem mit dem israelischen Religionsminister Hammer zusammen.

Der Fall der Berliner Mauer am 9. November wird von israelischer Seite begrüßt. Ministerpräsident Schamir bringt jedoch zugleich die "Zweifel und Ängste des jüdischen Volkes" angesichts der sich abzeichnenden deutschen Wiedervereinigung zum Ausdruck.

1990: Vertreter der Außenministerien Israels und der DDR führen in Kopenhagen Gespräche über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Israel fordert die Begleichung des "dritten Drittels" der Reparationszahlungen, veränderte Positionen zum Zionismus sowie die Einstellung der militärischen Unterstützung für Palästinenser-Organisationen. Die Verhandlungen werden allerdings nach der dritten Runde erfolglos abgebrochen.

Am 12. April erklären die Abgeordneten aller Fraktionen der frei gewählten Volkskammer einstimmig: "Wir bitten die Juden in aller Welt um Verzeihung. Wir bitten das Volk in Israel um Verzeihung für Heuchelei und Feindseligkeit der offiziellen DDR-Politik gegenüber dem Staat Israel und für die Verfolgung und Entwürdigung jüdischer Mitbürger auch nach 1945 in unserem Land. (...) Wir erklären, uns um die Herstellung diplomatischer Beziehungen und um vielfältige Kontakte zum Staat Israel bemühen zu wollen."

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