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Das Parlament
Nr. 21 / 23.05.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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K. Rüdiger Durth

Baustopp für den Großflughafen

Airport Berlin-Brandenburg: Inbetriebnahme 2010 gefährdet

Nun hat auch die Enquete-Kommission "Eine Zukunft für Berlin" unter Vorsitz der grünen Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus Sibyll Klotz die wirtschaftliche Bedeutung des geplanten Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) unterstrichen. Dieser Ausbau müsse Priorität haben, zumal er für mehrere tausend Menschen Arbeit schaffe. Dabei sieht es um den Bau - trotz gegenteiliger Beteuerungen der Regierungen von Berlin und Brandenburg - nicht gut aus. Denn das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat einem Eilantrag zahlreicher Anwohner des neuen Flughafens stattgegeben, nach dem die Flughafengesellschaft bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Bauvorbereitungen nicht weiter vorantreiben darf. Eine Entscheidung in der Hauptsache ist aber nicht vor Mitte 2006 zu erwarten. Auch wenn Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) davon ausgeht, dass der vorerst verfügte Baustopp für den neuen Flughafen "kein Rückschlag" ist, rechnen Experten nicht mehr mit einer Fertigstellung im Jahr 2010. DDies ist der zweite Rückschlag für die Flughafengesellschaft innerhalb kurzer Zeit, denn bereits im Februar hatte das Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) den Landesentwicklungsplan für den Standort Schönefeld für nichtig erklärt. Hintergrund: Man hatte Alternativen zu diesem Standort nicht hinreichend untersucht, was aber nach dem Landesentwicklungsplan notwendig gewesen wäre.

Ursprünglich sollte der Flughafen bereits fertig sein. Jedenfalls nach den Planungen, die 1991 begannen, und die seit 1996 Schönefeld als Standort festgelegt hatten. Dieses neue internationale Drehkreuz soll für 30 Millionen Fluggäste pro Jahr ausgerichtet werden. Geht er in Betrieb, werden die innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof stillgelegt.

Inzwischen aber erlebt ausgerechnet Tempelhof eine Renaissance, obwohl dieser Flughafen wegen angeblich zu geringer Auslastung und zu hohen Kosten bereits in diesem Jahr geschlossen werden sollte. Nun hat die Deutsche BA, in der zwischenzeitlich Germania Express (GEXX) aufgegangen ist, alle ihre Berlin-Flüge von und nach Köln/Bonn aus Tegel nach Tempelhof verlegt. Mit großem Erfolg, da dieser Flughafen sehr citynah gelegen ist und außerdem über einen U-Bahn-Anschluss verfügt. Aber auch Fluggesellschaften, die mit Maschinen Regionalflughäfen vor allem für Geschäftsreisende ansteuern, bestehen wegen der günstigen Stadtlage auf einer Offenhaltung von Tempelhof. Die Deutsche BA wird wahrscheinlich bald weitere Nachahmer finden, sodass wahrscheinlich über die beabsichtigte Schließung Tempelhofs neu nachgedacht werden muss. Vor allem, so die Forderung, soll er genauso lange offen bleiben wie Tegel.

Derweil kursieren auch neue Gerüchte über die Kosten für den Großflughafen, der ursprünglich von privaten Kapitalgesellschaften finanziert werden sollte. Da sich diese Pläne aber zerschlugen, wollen nun die Eigentümer der Berliner Flughafengesellschaft - nämlich der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg - den Bau vorfinanzieren und anschließend veräußern. Die Baukosten sind mit weniger als zwei Milliarden Euro veranschlagt. Doch in Wahrheit sollen sie sich bereits jetzt auf vier Milliarden Euro belaufen.

Inzwischen hat Bahnchef Hartmut Mehdorn neues Öl in das strittige Feuer Großflughafen gegossen: Ab 2006 ist der Flughafen Leipzig/Halle, der über große Ausbaukapazitäten verfügt und das europäische DHL-Umschlagzentrum aufnehmen wird, per Bahn von Berlin City aus in 50 Minuten zu erreichen. Nur zehn Minuten mehr, als die Regionalbahn nach Schönefeld benötigt, da sich das Land Berlin und die Bahn nicht über eine Schnellverbindung zu diesem Flughafen einigen können. Damit wächst die Gefahr, dass der Flughafen Leipzig/Halle Fluggesellschaften an sich zieht, die später für den Flughafen BBI verloren sind. Gleiches gilt dann für die Ströme der Fluggäste.

Freilich erlebt der bisherige Flughafen Schönefeld durch die Billigflieger einen ungeahnten Boom. Dieser erfordert schon jetzt immer neue provisorische Umbauten. Da auch Tegel an seinen Kapazitätsgrenzen angelangt ist, dürfte Tempelhof bald der sprichwörtlich lachende Dritte sein.

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