Karl-Heinz Baum
Stoiber und Müntefering sehen Chancen
für eine schnelle Einigung
Klausurtagung der Bundesstaatskommission in
Potsdam
Nach einer zweitägigen Klausurtagung Ende Januar in Potsdam
sehen die Vorsitzenden der Bundesstaatskommission aus Bund und
Ländern, Franz Müntefering (SPD) und Edmund Stoiber
(CSU), noch in diesem Jahr Chancen für eine Neuordnung der
föderalistischen Ordnung. Die nächste, dann wieder
öffentliche Sitzung findet am 11. März in Berlin statt.
Es ist eine Anhörung von Sachverständigen vor allem zu
den Themen Steuern und Mischfinanzierung.
Der SPD-Fraktionschef und der bayerische Ministerpräsident
berichteten von hitzigen Diskussionen, die aber durchaus eine
Annäherung in zahlreichen umstrittenen Fragen gebracht
hätten. "Niemand hat sich so festgelegt, dass sich weitere
Diskussionen erübrigen." Das Motto, auf das sich hinter
verschlossenen Türen alle verständigen konnten,
heißt laut Franz Müntefering: "So viel Föderalismus
wie möglich, so viel Zentralismus wie nötig." Es gehe
darum, das Verfahren der Gesetzgebung so zu vereinfachen, dass
nicht mehr so viele Gesetze wie bisher den Bundesrat passieren
müssten. Die Neuordnung des Föderalismus sei "schwierig,
aber möglich". Es gebe Vorschläge, ganze Gebiete wie
Jugend, Bildung und Familie allein den Ländern zu
überlassen.
Edmund Stoiber hält eine "Staatsreform" für
unabdingbar, um Deutschland an die Erfordernisse der Gegenwart
anzupassen. Er geht davon aus, dass Bundestag und Bundesrat bis
Ende des Jahres "wesentliche Entscheidungen getroffen haben".
Sollten diese Entscheidungen wider Erwarten ausbleiben, "dann
schaffen wir es nicht", warnte der CSU-Politiker. Das Ziel
müsse sein, weniger Mitwirkungsföderalismus, mehr
Gestaltungsföderalismus. Die Bundesländer und ihre
Parlamente müssten also wieder mehr Rechte bekommen: im
Gegenzug müssten die Länder auf Teile ihrer
Mitwirkungsrechte in der Länderkammer verzichten.
In der Diskussion ist, die Zustimmungspflicht des Bundesrats
häufig erfordernde Rahmengesetzgebung des Bundes ganz
wegfallen zu lassen: Als großes Gebiet käme da das
Hochschulrahmenrecht in Frage, vor allem der Hochschulbau; der Bund
übernähme dafür lieber die Verantwortung für
die Spitzenforschung an ausgewählten Universitäten. Die
Länder möchten vor allem im Beamtenrecht eigene Akzente
setzen können.
Am meisten umstritten sind die Finanzbeziehungen zwischen Bund
und Ländern und die Interessenvertretung von Bund und
Ländern in Europa. Hier zeichnen sich bisher keine
Fortschritte ab, geht es doch bei den Reformern der
Steuergesetzgebung und der Steuerverwaltung ebenso wie bei
Änderungen der Mischfinanzierung um viel Geld. Die
Länderneugliederung steht gar nicht auf der Tagesordnung der
Bundesstaatskommission.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)
hatte mit seinem Vorstoß der Tagung ein besonderes Thema
verpasst. In einem Brief an die Kommission hatte er eine
Hauptstadtklausel im Grundgesetz gefordert; in Artikel 22
Grundgesetz solle sich der Bund künftig zur finanziellen
Unterstützung der Hauptstadt Berlin verpflichten und damit die
Kosten für "hauptstadtbedingte Sonderbelastungen"
übernehmen, darunter die staatliche Repräsentanz wie auch
das kulturelle Angebot für Touristen. Ein so armes Bundesland
wie Berlin sei da überfordert.
Verständnis für Wowereit
Klaus Wowereit fand Verständnis bei allen parteipolitischen
Richtungen, so bei Edmund Stoiber und bei Brandenburgs
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Der Berliner
Regierungschef zeigte sich nach der Sitzung zuversichtlich, dass
Bund und Länder eine einvernehmliche Lösung für die
Hauptstadt finden werden. Hessens Ministerpräsident Roland
Koch (CDU) sagte dazu in Potsdam: "Ich erkenne das Problem an."
Doch trotz der Sonderverpflichtungen als Hauptstadt müsse
Berlin seine weiterhin zu hohen Ausgaben vermindern. "Es muss
verhindert werden, dass daraus eine Dauersubvention wird." Koch
warnte, die Bundesrepublik Deutschland zu einem Zentralstaat zu
machen. Für Baden-Württembergs Ministerpräsident
Erwin Teufel (CDU) gehört eine Hauptstadtklausel nicht ins
Grundgesetz. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) stellt
sich ebenfalls gegen eine Hauptstadtklausel im Grundgesetz. Eine
Verfassung habe Grundzüge zu regeln und keine
Finanzbeziehungen.
Bundestag und Bundesrat haben Mitte Oktober in gleichlautenden
Beschlüssen die Bundesstaatskommission eingesetzt, die Mitte
November ihre Arbeit aufnahm. Ihr gehören 32 Vertreter an, je
16 aus dem Bundestag und 16 aus den Ländern. Vertreter der
Bundesregierung, der Länderparlamente und der kommunalen
Spitzenverbände gehören als beratende Mitglieder der
Kommission für die Neuordnung des Föderalismus an.
Zurück zur
Übersicht
|