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Hartmut Hausmann
Kommission will deutlich unter der
Ausgabenobergrenze bleiben
EU-Haushalt soll in zehn Jahren um ein Drittel
steigen
Ungeachtet des Appells von sechs EU-Staaten, die
EU-Ausgaben auf dem gegenwärtigen Stand einzufrieren, hat
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi am 11. Februar in
Straßburg die wegen der Erweiterung der Union veränderten
Haushaltsperspektiven für die nächsten zehn Jahre
vorgestellt. Der Vorentwurf für die EU-Haushalte im Zeitraum
2007 bis 2013 sieht bei den Zahlungsermächtigungen im Jahr
2007 eine Ausgabenhöchstgrenze von 1,09 Prozent, gemessen an
der Wirtschaftsleistung der Union vor, welche bis auf 1,15 Prozent
in 2013 ansteigt, um sich danach wieder zu verringern.
Harte Auseinandersetzungen auf den
nächsten EU-Gipfeln im April und Juni sind damit
vorprogrammiert. Als Begründung für die
Ausgabenerhöhung, die den Haushalt der EU in realen Zahlen von
heute 100 Milliarden auf 143 Milliarden Euro ansteigen lässt,
sind die erhöhten Agrar- und Strukturfondsausgaben für
die neuen Beitrittsländer, aber auch das von den heutigen
Mitgliedstaaten beschlossene Engagement in der Außen- und
Sicherheitspolitik in Verbindung mit der schnellen
EU-Eingreiftruppe.
An längerfristigen
Zahlungsermächtigungen gemessen, die aber konkret selten
ausgeschöpft werden, würden die Steigerungszahlen sogar
1,24 Prozent und 158 Milliarden Euro betragen. Dabei sind aber
nicht nur die Integrationskosten der in diesem Jahr geplanten
Aufnahme von zehn Länder Mitteleuropas sowie Zyperns und
Maltas berücksichtigt, sondern auch bereits die für 2007
vorgesehene Aufnahme von Rumänien und Bulgarien. Allein
für die Landwirtschaft dieser beiden Länder rechnet
EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer mit Mehrausgaben von zwei
Milliarden Euro jährlich.
In einem Schreiben an die Kommission hatten
dagegen die sechs Länder Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Schweden, Niederlande und Österreich als
Nettozahler Mitte Dezember ein Einfrieren des Haushalts auf ein
Prozent der Wirtschaftsleistung gefordert. Die von den deutschen
Grünen stammende Kommissarin Schreyer sagte zu diesem
Vorstoß in der Debatte, dass er weder den "vertraglichen
Vereinbarungen noch einem Realiätscheck" standhalte. Der neue
Streit könnte zudem auch den mühsam gefundenen Kompromiss
über die Agrarreform in Frage stellen, von dem besonders
Frankreich, das aber nach Berechnungen aus dem Europaparlament
spätestens ab 2011 Nettozahler im Bereich der Agrarpolitik
würde, Vorteile hätte. Da die Agrarausgaben, die noch
immer deutlich über 40 Prozent des Gesamtetats ausmachen, nach
dem von der Kommission nicht angetasteten Kompromiss aber nur noch
begrenzt wachsen dürfen, hat dieser Sektor einen
dämpfenden Einfluss auf den Gesamthaushalt.
Von der Höchstgrenze von 158 Milliarden
Euro an Verpflichtungsermächtigungen werden nach den
Kommissionsplanungen 57,8 Milliarden Euro auf die Agrarpolitik,
Fischerei und den Umweltschutz entfallen, auf die Regionalpolitik
50, Förderung der Wettbewerbsfähigkeit 25,8, auf die
Justiz- und Innenpolitik 3,6 sowie 15 Milliarden auf die
Außenbeziehungen und die Entwicklungshilfe.
Überproportional gegenüber den bisherigen Anteilen an den
Haushaltsposten sollen nach den Vorstellungen Brüssels die
Ausgaben für die Außen-, Sicherheits- und
Forschungspolitik steigen.
In der Debatte unterstützten die meisten
Abgeordneten den Vorschlag der EU-Kommission und machten Front
gegen die Nettozahler. Auch für den EVP-Finanzexperten Markus
Ferber sind die Bremsversuche der Sechs weit weg von der
Realität. Schon jetzt sei die EU nicht in der Lage, von den
Außenministern eilfertig eingegangene Verpflichtungen wie im
Irak, Kosovo, Afghanistan und Bosnien einzulösen. Dieses
Budget liegt nur bei fünf Milliarden Euro. Andererseits mochte
sich Ferber auch nicht mit Stoiber anlegen, der die EU ebenfalls
beschneiden will. Er nannte deshalb die Ein-Prozent-Lösung
dennoch für denkbar.
Die Finanzpolitiker des Parlaments aus nahezu
allen Fraktionen erinnerten daran, dass der Abschluss einer neuen
finanziellen Vorausschau ein Einvernehmen von Mitgliedstaaten,
Kommission und Parlament erfordere. Bei der noch bis 2006
gültigen Vorausschau liege die zulässige Obergrenze bei
1,24 der EU-Wirtschaftsleistung. Diese Grenze sei nur wegen der
enormen Sparanstrengungen, nicht zuletzt Dank des Parlaments, mit
gegenwärtig knapp einem Prozent deutlich unterschritten
worden.
Der britische Vorsitzende des
Haushaltsauschusses in Straßburg, Terry Wynn, machte aber auch
die Konsequenzen für den Fall deutlich, dass es zu keiner
Vereinbarung über eine neue Finanzplanung kommt. Dann werde
man zu den normalen vertraglichen Haushaltsregeln
zurückkehren, die dem Parlament bei der Festsetzung der
nicht-obligatorischen Ausgaben erheblichen Spielraum geben. Zumal
das Parlament mit der Schlussabstimmung über den Haushalt das
letzte Wort habe. Deshalb wird der Vorstoß der sechs
Länder in Straßburg eher als ein, wenn auch
ungewöhnlicher Auftakt des Verhandlungspokers angesehen, der
politisch nicht losgelöst von der Diskussion über die
Europäische Verfassung gesehen werden dürfe.
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