Bert Schulz
Aufgekehrt...
Gerhard Schröder wird der Mann mit dem kunstvollen Namen
Stefano Stefani noch in guter, weil schlechter Erinnerung sein:
Vergangenen Sommer vereitelte er dem deutschen Kanzler den
ersehnten Urlaub in Bella Italia. Der damalige
Tourismus-Staatssekretär drosch kräftig auf die deutschen
Italienbesucher im Allgemeinen ein - und auch wenn das "nur" mit
Worten geschah, reichte es, um Schröder zum Boykott zu
bewegen. Schließlich schäumte die deutsche Volksseele.
Stefano Stefanie kostete die Schimpfkanonade kurz darauf seinen
Posten. "So ein Scheiß'", dürfte sich der offensichtlich
heißblütige Italiener gedacht haben.
Stefanis Verbalattacke auf die Deutschen war kein einmaliger
Ausrutscher des degradierten Abgeordneten von der Lega Nord. Einen
oppositionellen Parlamentskollegen bezeichnete er als "pezzo di
merda" - also als ein Stück dessen, was der Körper nach
der erfolgreichen Verdauung wieder ausscheidet.
Verständlich, dass der so Beschimpfte diese Beleidigung
nicht auf sich sitzen lassen wollte und gegen Stefani klagte. "Eine
solche Fäkalsprache kann ja wohl nicht erlaubt sein im
Parlament", dürfte sich der verbal Beschmutzte gedacht
haben.
Jetzt ist sie's. Denn in ihrer unnachahmlich galanten Art,
unkonventionelle Lösungen für einfache Probleme zu
finden, haben sich die italienischen Abgeordneten Anfang Februar
schlicht und einfach ein neues Privileg zugestanden. Sie
dürfen sich jetzt freizügig beschimpfen, Ausdrücke
aus der Fäkalsprache sind ausdrücklich erlaubt. Eine
satte Mehrheit von 265 gegen 156 Stimmen machte diese
Weiterentwicklung der innerparlamentarischen Kommunikation
möglich. So kann jetzt jeder italienische Abgeordnete seine
gute Kinderstube mit dem Hinweis auf die neuen Regeln konsequent
verleugnen.
Für deutsche Italienurlauber heißt das ab jetzt:
Reisewarnung, äußerste Vorsicht! Wenn Sie zwei sich derb
beschimpfende, aber gut gekleidete Menschen sehen, könnte es
sich um italienische Abgeordnete handeln, die lediglich gewohnt
heißblütig die just im Parlament beendete Debatte auf der
Straße weiterführen. Halten Sie an sich und schreiten Sie
nicht ein, sonst werden Sie möglicherweise selbst Opfer der
Schimpfkanonaden. Und das führt ja bekanntlich gleich wieder
zu Staatskrisen mittleren Ausmaßes.
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