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Ines Gollnick
Die Klänge Afrikas in deutschen
Klassenzimmern
Schulwettbewerb Entwicklungspolitik: Globales
Lernen in der "Einen Welt"
Ausnahmsweise haben Schüler und Schülerinnen das
Sagen. Im Spiegelsaal des ehemaligen Bonner Regierungsviertels
herrscht dichtes Gedränge. Im "FairCafé" gibt's frischen
Kaffee und Süßes aus fairem Handel. Verständlich ist
das Lampenfieber bei der Auftaktveranstaltung zum "Schulwettbewerb
Entwicklungspolitik". Unter der Überschrift "alle für
Eine Welt - Eine Welt für alle", wird der Wettbewerb von
InWEnt, einem Verein für Weiterbildung und Entwicklung,
organisiert; initiiert ist sie von Bundespräsident Johannes
Rau. DaimlerChrysler als so genannter Global Player und die
Welthungerhilfe unterstützen das Projekt.
Möglichst viele Schüler und Schülerinnen in
Deutschland sollen dafür gewonnen werden, sich für eine
gerechte Welt einzusetzen. Bundesweit wurden bereits 30.000
Info-Mappen über den Berliner Zeitbild-Verlag an
Lehrkräfte verschickt. Jetzt dürfen die Ideen sprudeln -
grenzenlos, dem Thema "Eine Welt" angemessen. Alles ist erlaubt:
geschriebene Texte, Websites, CD-ROMs, Videos, Plakate, Musiksongs,
Filme, Kampagnen und Kunstobjekte. Bewertet werden Didaktik und
Gestaltung. Ein Bezug zum Schulprofil beziehungsweise Schulprogramm
sollte, wo dies möglich ist, in den Wettbewerbsbeitrag
miteinbezogen werden. Der Einsendeschluss ist der 4. April. Wer
noch Interesse hat, findet die Bewerbungsunterlagen im Internet
unter www.eineweltfueralle.de. Im Juni werden die Sieger in Berlin
ausgezeichnet. Zusätzlich verleiht die Deutsche
Welthungerhilfe in jeder Alterskategorie einen Sonderpreis für
Projekte zum Thema Kinderarbeit.
"Noch ein Schulwettbewerb!", könnte man auch kritisch
anmerken. Bundesweit gibt es rund 100. Doch es geht hier um mehr
als ein paar gute Einfälle, um mehr als Prämien und
Preise wie VIP-Wochenenden in Berlin und digitale Kameras. Das
große, übergeordnete Ziel des Wettbewerbs ist: Die
Entwicklungspolitische Bildung zu stärken. "Globales Lernen"
soll sich nachhaltig in verschiedenen Fächern etablieren, eben
nicht nur in Religion oder anderen gesellschaftswissenschaftlichen
Fächern, sondern in Geographie genauso wie in Deutsch, in
Französisch und Musik. Bundespräsident Johannes Rau
unterstreicht: "Der Wettbewerb soll junge Menschen dazu ermutigen,
mit ihren Möglichkeiten und ihrem Engagement etwas dafür
zu tun, dass die Globalisierung für eine gerechte Weltordnung
genutzt wird."
Was das sein kann, veranschaulichte die Präsentation in
Bonn. Das FairCafé des Berufskollegs Bonn-Duisdorf hat sich an
dem Wirtschaftsgymnasium als feste Einrichtung etabliert. Frisch
gebrühter Kaffee schmeckt einfach besser als der aus dem
Automaten. Auch wenn die Produkte etwas teurer sind, werden sie
angenommen. Die Idee des fairen Handels ist durch das Projekt an
dieser Schule bekannt geworden. Alle Altersstufen sind
angesprochen. Lehrer Siegfried Virgils zieht eine positive Bilanz:
Das Projekt habe sich bereits nach einem Jahr gerechnet. Die
"Schülerfirma" ist erfolgreich. Die Überschüsse
seien an den Förderverein gegangen, der den Bau eines
Internates in Tansania unterstützt. Außerdem werde dort
die Qualifizierung von Lehrern und Lehrerinnen
unterstützt.
Kevin Wirths, Sechstklässler des Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums,
hatte bei der Veranstaltung alle Schmunzler auf seiner Seite, als
er davon berichtete, wie toll es war, bei einer Autorenlesung mit
einem Schriftsteller aus Mali etwas zu lernen und eben nicht von
seinen Lehrern. Am Kalkuhl-Gymnasium ist Afrika in verschiedenen
Projekten das große Thema - in der Schulprojektwoche genauso
wie im fächerübergreifenden Unterricht. Seit drei Jahren
existiert eine Schulpatenschaft mit einer Grundschule in Diakhao im
Senegal. Diese afrikanische Schule wird auch finanziell
unterstützt mit dem Erlös des Second-Hand-Verkaufs auf
dem jährlichen Schulfest. Inga Langendock aus der
Jahrgangsstufe 12 erzählte von dem nicht immer einfachen
Vorhaben, E-Mail-Freundschaften zu pflegen. Das Projekt war Teil
des Französischunterrichts, in dem das Thema "Frankophonie und
Afrika" behandelt wurde. Es lag nahe, das globale Medium
schlechthin, das Internet, zu nutzen, um durch E-Mail-Kontakte
authentische Informationen von Schülern aus afrikanischen
Ländern zu bekommen. "Wir lernten die fremde Kultur kennen und
erlebten, dass wir dieselbe Kleidung und dieselbe Musik
mögen", so die Schülerin. Globales Lernen ist auch im
Musikunterricht kein Problem. Kevin berichtete ganz stolz, was er
gelernt hatte: "In Afrika werden die Musikinstrumente selbst
gebaut, und die Menschen glauben, dass sie mit ihnen sprechen."
Ein Thema des Schulwettbewerbs sind Schulpatenschaften. Die
Gesamtschule Bonn-Beuel pflegt seit 1996 eine Schulpatenschaft in
Contorno/Brasilien. Dieter Lochners Präsentation zeigte, wie
aus einer Schulbaracke im Laufe der Jahre ein ansehnliches
Schulgebäude geworden ist.
Wie auch in dem Fach Informatik globales Lernen möglich
ist, führte eine "Boygroup" der Bertolt-Brecht-Gesamtschule
aus Bonn vor. Die Teenies entwickelten eine Homepage zur
Afrikageschichte. Bei dieser Aufgabe ging es somit nicht nur um
vernetztes Denken und das Anwenden der Computersprache HTML,
sondern auch um inhaltliche Recherchen, von denen nun auch andere
an der Schule profitieren können.
Zeitmangel, so erleben es Lehrer oft, hinderte daran, sich
entwicklungspolitischen Fragestellungen zu widmen. Da für den
Wettbewerb Unterrichtsmaterialien entwickelt wurden, könnte
der Schritt zur Einbindung entwicklungspolitischer Themen nun
leichter fallen. Zu den umfangreichen Bewerbungsunterlagen
gehört eine RERUM-Mappe mit Arbeitsblättern für den
Unterricht. "Auf die waren die Lehrer und Lehrerinnen richtig
heiß", berichtet Projektleiterin Anja Frings von InWEnt. Die
Arbeitsblätter, so ihre Einschätzung, seien nicht
unbedingt nur für den Wettbewerb von Bedeutung, sondern
könnten auch der Einstieg in die Thematik Entwicklungspolitik
für den Unterricht sein. Diese Materialien widmen sich Themen
wie "Afrika südlich der Sahara", "Entwicklungsgefahr AIDS"
oder "Herausforderungen Kinderarbeit". Das Blatt "Global Player"
soll Schülern helfen, Argumente von Vertretern und Gegnern der
Global Player kennenzulernen und zu bewerten. Die Jeansproduktion
zeigt die "Globalisierung der Bekleidung", bietet einen lebensnahen
Bezug zum Thema Produktionsverlagerung.
Umfangreiche Informationen finden sich unter
www.eineweltfueralle.de. Für Schüler besonders
interessant: das Online-Magazin "Pla:Net", in dem Jugendliche in
Artikeln und Diskussionsforum ihre Sicht schildern.
Internet:
www.eineweltfueralle.de
www.bmz.de (Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit)
www.eine-welt-unterrichtsmaterialien.de
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