Gerlind Schaidt
Regierung und Opposition einig
Nordrhein-Westfalen: Der Landtag wird im
kommenden Jahr kleiner
Die Weichen für die Landtagswahl 2005 sind in
Nordhrein-Westfalen gestellt. In einem Kraftakt einigten sich die
rot-grüne Regierungskoalition und die CDU-Opposition auf die
Verkleinerung des Landtags und über den damit notwendig
gewordenen Neuzuschnitt der Wahlkreise. Nur die Liberalen blieben
bei ihrem "Nein". Mit dem Beschluss von SPD, Grünen und CDU
wird sich der neue Landtag nicht mehr aus 201, sondern ungeachtet
möglicher Überhang- oder Ausgleichsmandate nur noch aus
181 Abgeordneten zusammensetzen. Die Anzahl der direkt
gewählten Parlamentarier verringert sich von 151 auf 128;
über die Reserveliste kommen nur noch 53 Abgeordnete in den
Landtag.
Den grundsätzlichen Entschluss zur Verringerung der Mandate
hatte der Landtag bereits im März 2002 gefasst. Die
Durchsetzung erwies sich dann jedoch schwieriger als gedacht. Dabei
gab es weniger Streit über die Verkleinerung des Parlamentes
als über den Neuzuschnitt der Wahlkreise. Erst eine von der
CDU beantragte Anhörung kommunaler Vertreter und
Rechtsexperten führte zu einer Einigung in besonders
umstrittenen Regionen. Bis zur letzten Minute wurde zwischen den
Parteien und Fraktionen um akzeptable Lösungen für
einzelne Regionen gerungen.
Lob vom Innenminister
Bei der Verabschiedung des neuen Wahlkreisgesetzes nannte
Innenminister Fritz Behrens das Gesetz "insgesamt ausgewogen" und
sprach von einer "tragfähigen Grundlage für die kommenden
Landtagswahlen". Vor allem lobte er die Zusammenarbeit von
Koalition und CDU: "In schwieriger Zeit ein wichtiges und
ermutigendes Signal für das Funktionieren und die
Reformfähigkeit unserer Demokratie."
Nach Auffassung der SPD-Sprecherin im Hauptausschuss, Dorothee
Danner, war die Aufgabe, die sich das Parlament selber gestellt
hatte, außerordentlich schwierig: "Abgesehen von der
politischen Ausgewogenheit war es eine sehr mühselige Arbeit,
die Wahlkreise so zu zuschneiden, dass nicht Städte
durchschnitten oder mehrere Gebietskörperschaften betroffen
oder auch Wahlkreise durch Flüsse getrennt wurden." Dorothee
Danner weiter: "Wir haben uns darauf geeinigt, dass ein Wahlkreis
im Schnitt etwa 140.000 Bürger umfassen soll. Wenn diese
Größenordnung um zwanzig Prozent über- oder
unterschritten wird, muss der jeweilige Wahlkreis neu zugeschnitten
werden."
Für die CDU wies der frühere Generalsekretär der
Partei und künftige Europaparlamentarier Herbert Reul darauf
hin, dass der Anstoß zu einer Verkleinerung des Landtags von
der Union ausgegangen sei. Reul meint, dass die SPD zunächst
versucht habe, die Wahlkreise nach rein parteitaktischen
Überlegungen zu zuschneiden. Erst als die SPD begriffen habe,
dass künftige Wahlen wegen des Zuschnitts der Wahlkreise
angefochten werden könnten, sei es gelungen, die gröbsten
Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Die SPD sei vor der Aussicht, dass
Wahlen wegen eines parteipolitisch willkürlichen Zuschnitts
angefochten werden könnten, zurückgeschreckt; damit sei
der Versuch von Rot-Grün, Wahlkreise parteipolitisch einseitig
festzulegen, gescheitert. Reul: "Es bleiben noch immer strittige
Einteilungen, aber mit den gefundenen Lösungen kann die Union
leben."
Die Grünen haben bislang mit dem Zuschnitt der Wahlkreise
ebenso wenig zu tun wie die Liberalen, da sie noch nie Wahlkreise
direkt gewonnen haben, sondern sämtliche Abgeordnete über
die Liste in den Landtag bringen. Dennoch engagierte sich vor allem
die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann bei der
Debatte: "Für uns ist das wie ein wichtiges Signal: Seht her,
die Politik spart bei sich selber auch."
"Ein solches Gefeilsche"
Dir FDP hat als einzige Fraktion gegen die Neuregelung gestimmt.
Dabei stemmten sich die Liberalen vor allem gegen die Zuschnitte
der Wahlkreise, obgleich sie davon in der Praxis nicht betroffen
sind. "Wir machen nicht mit, wenn das Land nach Gutsherrenart
aufgeteilt wird", entrüstet sich die Parlamentarische
Geschäftsführerin der FDP, Marianne Thomann-Stahl,
über die Art und Weise des Zustandekommens der Neuregelung:
"Da ist im Innenministerium so lange gerechnet worden, bis das
Ergebnis für Rote und Schwarze passend war. Mit einem solchen
Gefeilsche wollen wir nichts zu tun haben."
Streit gab es beispielsweise um den Zuschnitt von Aachen. Nach
dem Regierungsentwurf hätte der neue Wahlkreis drei kommunale
Gebietskörperschaften, nämlich die Kreise Aachen und
Euskirchen und die Stadt Aachen umfasst. Nach langen Verhandlungen
wurde ein Kompromiss gefunden, der dies verhinderte.
Auch für Köln wurde eine Lösung gefunden, die
verhütete, dass ein Wahlkreis durch den Rhein zerschnitten
würde. In Soest, Gütersloh und Minden-Lübbecke
wurden schließlich Möglichkeiten gefunden, die die
Parteien gemeinsam tragen konnten und die gewachsene Kreis- und
Gemeindegrenzen nicht allzu arg zu zerschneiden.
Insgesamt blieben nur 34 Wahlkreise nahezu unverändert.
Abzuwarten bleibt, ob die gefundene Lösung aufgrund der
Bevölkerungsentwicklung über die Landtagswahl 2005 hinaus
dauerhaften Bestand behalten kann. Eine regelmäßige
Berichtspflicht des Innenministeriums soll sicher stellen, dass die
Wahlkreise möglichst gleiche Größe aufweisen.
Nachdem der Neuzuschnitt der Wahlkreise und damit die
Verkleinerung des Landtags beschlossen sind, können die
Parteien seit März 2004 ihre Bewerber für die
Landtagswahl aufstellen. Damit ist der Startschuss zur Vorbereitung
der Landtagswahl 2005 gegeben. Innenminister Behrens lobte: "Der
Landtag hat seine Aufgaben pünktlich erledigt." Gerlind
Schaidt
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