Hans-Jürgen Schröder
George W. Bush auf dem Prüfstand
Die USA im Wahljahr
Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf
ist früher als erwartet in eine heiße Phase getreten.
Wird es dem Amtsinhaber George W. Bush gelingen, die Wahlen
für sich zu entscheiden? Für die Auseinandersetzung mit
dieser Frage sind die Publikationen von Paul Krugman und Robert von
Rimscha wichtige Standortbestimmungen.
Der Journalist von Rimscha, der
gegenwärtig die Parlamentsredaktion des Berliner
"Tagesspiegel" leitet, war von 1996 bis 2000 als Korrespondent in
Washington tätig. Seiner vor einigen Jahren erschienenen
Studie über "Die Kennedys" folgen jetzt Betrachtungen
über "Die Bushs" und deren Aufstieg zu einem der
führenden amerikanischen Familien-Clans. Der Autor beschreibt
die ökonomische Basis der Familie Bush, deren Verflechtung mit
der Ölindustrie und den damit verknüpften politischen
Aufstieg. In geschickter Kombination biografischer Elemente und
Ereignisgeschichte entfaltet von Rimscha ein breites Panorama zur
amerikanischen Politik seit den 80er-Jahren.
Im Mittelpunkt der hochinteressanten
Betrachtun-gen stehen die beiden Personen, denen der Sprung ins
Weiße Haus gelang, George Bush und sein Sohn George W. Bush.
Der 41. und der 43. Präsident sahen sich mit dramatischen
Ereignissen konfrontiert. In die Amtszeit von Bush senior fallen
das Ende des Kalten Krieges, die deutsche Wiedervereinigung und der
Irak-Krieg 1991 zur Befreiung Kuwaits.
Für den Sohn wurde der 11. September
2001 zur zentralen Herausforderung. In überzeugender Weise
macht von Rimscha deutlich, wie der gegenwärtige
Präsident das "zweite Pearl Harbor" innen- und
außenpolitisch und wie er mit dem Irak-Krieg die kooperative
Außenpolitik seines Vaters hinter sich ließ. Die
transatlantischen Irritationen unterstreichen dies.
Ein gesondertes Kapitel gilt den
deutsch-amerikanischen Differenzen der Jahre 2002 und 2003. Die
zentralen Streitpunkte werden prägnant skizziert. Aber wer
trägt die Verantwortung? Die "Schuld" wird dem deutschen
Kanzler zugeschoben. Ob dieses Urteil Bestand haben kann,
dürfte erst die Öffnung der jeweiligen Archive
zeigen.
Abschließend diskutiert von Rimscha die
Chancen des 43. amerikanischen Präsidenten zur Wiederwahl. Die
republikanische Wahlstrategie gehe davon aus, dass bei den
Amerikanern in Zeiten des Terrors der Wunsch nach Sicherheit
dominiere. "Dann sollte Bushs Kombination aus Steuersenkungen und
Sicherheit allemal reichen." Überdies habe Bush bei
Zuwächsen der Stammwählerschaft außer den
Afroamerikanern fast alle Bevölkerungsgruppen erreichen
können. Allerdings bereite die gesamtwirtschaftliche Situation
mit nach wie vor hoher Arbeitslosigkeit "zunehmende
Sorgen".
Wirtschaftliche Fragen stehen im Mittelpunkt
der Publikation von Paul Krugman. Der in Princeton lehrende
Wirtschaftswissenschaftler ist seit drei Jahren in der "New York
Times" regelmäßig mit vielbeachteten Kolumnen vertreten.
Sie bilden die Grundlage seines neuen Buches. Es handelt es sich um
eine gnadenlose Abrechnung insbesondere mit der Wirtschaftspolitik
der Regierung George W. Bush. Krugman, der sich als "liberal
angehauchten Ökonomen" bezeichnet, geißelt die steigende
Staatsverschuldung, die gigantischen Militärausgaben, die
Nähe des Bush-Clans zu Big Business und insbesondere die
Steuerpolitik.
Der Autor diagnostiziert als Folge der
gegenwärti-gen Wirtschaftspolitik eine gigantische
Umverteilung von unten nach oben, denn vor allem begüterte
Schichten seien Nutznießer. Damit werde der ohne-hin zu
beobachtende Trend der "immer weiter ausei-nanderklaffenden
Verteilung von Einkommen und Wohlstand" noch verstärkt. "Ein
Rechtsruck zerreißt das Land." Krugman sieht das politische
und gesell-schaftliche System der USA und damit die innenpolitische
Stabilität gefährdet.
Die kritischen Kommentare Krugmans haben
über ihre inhaltliche Substanz hinaus auch dokumentarischen
Charakter. Sie zeigen, dass ungeachtet der patriotischen Welle nach
dem 11. September die Opposition in den USA nicht mundtot war.
Überdies ist das Buch ein Beleg dafür, dass pointierte
Bush-Kritik keineswegs eine europäische oder gar deutsche
Erfindung ist.
Beide Publikationen machen deutlich, dass
George W. Bush bereits jetzt sowohl der amerikanischen Innen- als
auch der Außenpolitik in markanter Weise seinen Stempel
aufgedrückt hat. Die in der ersten Hälfte der 90er-Jahre
vom damaligen Mehrheitsführer der Republikaner im
Repräsentantenhaus, Newt Gingrich, lautstark angekündigte
"Republikanische Revolution" war zunächst an den
wirtschaftlichen Erfolgen Clintons abgeprallt. George W. Bush hat
in Anknüpfung an Ronald Reagan den Faden wieder aufgenommen
und die konservative Agenda beharrlich vorangetrieben. Im
außenpolitischen Bereich wird der amerikanische
Hegemonialanspruch in der Welt in beispielloser Deutlichkeit
demonstriert. "Es sieht so aus", so betont von Rimscha, "als
würde unabhängig vom Ausgang des
Präsidentschaftswahlgangs 2004 eines feststehen: Die Bushs
werden Amerika erhalten bleiben. Und damit auch der ganzen
Welt."
Robert von Rimscha
Die Bushs. Weltmacht als
Familienerbe.
Campus Verlag, Frankfurt/M. - New York,
2004;
271 S., 19,90 Euro
Paul Krugman
Der Grosse Ausverkauf.
Wie die Bush-Regierung Amerika
ruiniert.
Aus dem Englischen von Birgit Hofmann und
Herbert Allgeier.
Campus Verlag, Frankfurt/M. - New York,
2004;
272 S., 21,90 Euro
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