mik
Seismograph für die Stimmung
Tätigkeitsbericht 2003 des
Petitionsausschusses übergeben
Petitionen. "Die Ausübung des
Petitionsrechts ist ein Seismograph für die Stimmung in der
Bevölkerung." Dies erklärte der Vorsitzende des
Petitionsausschusses Karlheinz Guttmacher (FDP) am 25. Mai bei der
Übergabe des Tätigkeitsberichts 2003 (15/3150) des
Petitionsausschusses an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
(SPD). Damit würden Probleme der Menschen mit staatlichen
Stellen, konkrete Missstände und Schwierigkeiten mit
gesetzlichen Regelungen direkt an das Parlament herangetragen.
Insgesamt sind im vergangenen Jahr 15.534
Petitionen beim Ausschuss eingegangen. Das sind zwölf Prozent
mehr als im Jahr 2002, in dem 13.832 Eingaben verzeichnet wurden.
Im täglichen Durchschnitt seien demnach mehr als 60
Neueingaben bearbeitet worden. Abschließend behandelt hat der
Petitionsausschuss im vergangenen Jahr 14.451. Schwerpunkte seien
dabei Beschwerden über die Arbeit von Behörden sowie die
Änderung von Gesetzen gewesen.
Die meisten Anfragen und Beschwerden fielen
auf das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
mit mehr als einem Drittel der Petitionen. Dies sei eine Reaktion
auf die Gesundheitsreform, hänge aber auch mit den
jüngsten Entwicklungen im Rentenrecht beziehungsweise mit dem
in diesem Bereich weiter bestehenden Unterschied zwischen Ost- und
Westdeutschland zusammen. Gemessen am Gesamtvolumen der
eingegangenen Petitionen entfielen rund 15 Prozent der Eingaben auf
das Bundesministerium der Finanzen und etwas mehr als zwölf
Prozent auf das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
"Deutlich angestiegen" sind im vergangenen Jahr auch die
Sammelpetitionen (Petitionen mit Unterschriften-liste) und die
Massenpetitionen (zum Beispiel Postkartenaktionen).
Die meisten Anfragen im Verhältnis zu
der Bevölkerung kamen 2003 aus Brandenburg. Nach dem Bericht
sind auf eine Million Einwohner dieses Bundeslandes 659 Eingaben
erfolgt, an zweiter Stelle steht Berlin mit 485 Eingaben je eine
Million Einwohner. Mit 101 Eingaben pro eine Million Einwohner war
Baden-Württemberg diesmal das Land mit den vergleichsweise
geringsten Eingaben. Daraus kann aber laut Guttmacher nicht
geschlossen werden, dass die Brandenburger nun die Querulanten der
Nation seien und in Baden-Württemberg Milch und Honig
fließen würde. Fast 60 Prozent aller Eingaben wurden von
Männern eingereicht, rund 28 Prozent von Frauen. Der Rest kam
von Organisationen und Verbänden.
Guttmacher erläuterte auch die
Arbeitsweise: Der Ausschuss befrage nahezu zu jeder Eingabe das
zuständige Ministerium beziehungsweise die zuständige
Behörde. In vielen Fällen führe bereits diese
Intervention zum Erfolg. Das Nachfragen des Petitionsausschusses
könne beispielsweise bewirken, dass ein vorhandenes Ermessen
zu Gunsten der Petenten ausgeschöpft werde. Auch habe der
Ausschuss sich im vergangenen Jahr in Gesprächen mit den
Betroffenen vor Ort ein Bild gemacht, er habe Akteneinsicht zu
strittigen Themen beantragt und Regierungsmitglieder vor den
Ausschuss geladen. Diese Instrumente würden eingesetzt, um den
Anliegen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden
gegenüber der Regierung aber auch und vor allem gegenüber
den Behörden.
Etwa der Hälfte der rund 15.500 Petenten
konnte der Ausschuss helfen, so Guttmacher. "Bei Petitionen sowohl
für als auch gegen eine bestimmte Ortsumgehung ist es
unmöglich, es allen Recht zu machen." Erfolgreich hingegen sei
eine Eingabe gewesen, bei der es um die Anrechnung einer einmaligen
Jubiläumszulage für Beamte und Angestellte im
öffentlichen Dienst auf die Versorgungsbezüge des
Jubiläumsmonats ging. Der Fall könne nun nach vier Jahren
positiv beschieden werden.
Er kündigte an, dass der Ausschuss in
Zukunft vermehrt Bürgersprechstunden vor Ort zum Beispiel bei
Verbrauchermessen durchführen wolle. "Unser Platz es ist, uns
unbeliebt zu machen, indem wir uns für die Menschen
einsetzen", erklärte Gabriele Lösekrug-Möller (SPD).
Sie sei immer wieder erstaunt, was es bei der Umsetzung "gut
gemeinter Gesetze" oft für Schwierigkeiten gebe. Es sei
Aufgabe des Ausschusses, bei fehlerhafter Auslegung von Gesetzen in
Einzelfällen Abhilfe zu schaffen. "Es gibt auch ein Recht
gegenüber den Gesetzen", betonte sie. mik
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