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Claus-Peter Hutter
Vorteile der naturbezogenen Küche
Vielfalt in der Küche bedeutet Vielfalt in
der Landschaft
Mehr als 90 Prozent unserer Nahrung stammte noch um 1950 von
Äckern, Feldern, Wiesen, Weiden und Weinbergen, die in der
direkten Umgebung der Wohnorte lagen. Das hat sich tiefgreifend
geändert. Heute arbeiten nur noch wenige Menschen in der
Landwirtschaft, und so sind viele Bezüge zur Feldflur verloren
gegangen. Die Erzeugung unserer Nahrungsmittel ist so anonym
geworden, wie die vielen flurbereinigten Ackerflächen, wo es
kaum mehr Verstecke, Ruheplätze, Pflanzensamen und
Wildkräuternahrung für Rebhuhn und Feldhase gibt.
Mit der Zeit werden viele Lebensmittelbestandteile für die
Industrieproduktion uninteressant. Der Umgang mit ihnen, das Wissen
um ihre Beschaffenheit und ihre Funktion im Haushalt der
Kulturlandschaft geraten in Vergessenheit. Landschaften werden
eintöniger, genau wie das Essen der Fastfood-Zeit - ein
Verlust mit unabsehbaren Folgen.
Eine kleine, aber wachsende Gemeinschaft kämpft gegen diese
Entwicklung an. Ihre Aktivitäten gewinnen vor dem Hintergrund
des zunehmenden Naturverlustes und der immer wiederkehrenden
Lebensmittelskandale an Bedeutung. Gerade die Feinschmecker helfen,
die vom Aussterben bedrohten Zutaten aus der Natur ebenso zu
erhalten wie unsere Sinne für geschmackliche Vielfalt. Es sind
genussfreudige Naturschützer, die erkennen, dass Vielfalt auf
der Speisekarte mithilft, der wachsenden Eintönigkeit in
unseren Landschaften Einhalt zu gebieten.
Die unterschiedlichsten Landschaftsformen sind im Lauf der
Jahrtausende durch menschliche Nutzung entstanden, darunter die
Streuobstwiesen durch die Züchtung und Anpflanzung
verschiedenster Obstsorten. Was wir brauchen, ist ein neuer Bezug
zu unseren Lebensmitteln, zur Vielfalt und Frische beim Essen und
zu den Landschaften, die uns Naturgenuss, Gaumenfreuden und
Lebensqualität bescheren. Es gilt, die vielfachen
Zusammenhänge zwischen Landschaft und Küche, zwischen
Lebensmittelqualität und Genuss, zwischen Kultur und Natur
wieder zu entdecken. Zudem hat das Ganze auch viel mit regionaler
Identität zu tun. Jede Region hat ihren eigenen Reiz, ihre
eigene natürliche Ausstattung und ihre besondere Kultur.
Daraus erwuchs auch die jeweils typische Küche.
Wir brauchen Landwirte, die offen sind für scheinbar Neues;
dieses wird sich rasch als das Wiederaufgreifen bewährter,
aber zeitweilig vergessener Methoden der Feldbewirtschaftung
entpuppen. Darin steckt ein Trend, den es zu fördern gilt. Die
Nachfrage vieler Feinschmecker nach Zutaten gemäß dieser
Strategie unterstützt die Erzeuger. Letztere können das
verdiente Geld wieder in die Pflege einer vielfältigen
Kulturlandschaft stecken, in der Wildtiere und -pflanzen ihren
Platz haben. Wenn etwa die Lufthansa an Bord zunehmend biologisch
erzeugte Produkte anbietet, zeigt dies, dass diese Strategie nicht
nur eine Idee einiger weniger Feinschmecker und Naturliebhaber
ist.
Gourmets wissen schon lange, dass eine naturbezogene Küche
größte Frische und höchsten Essensgenuss garantiert.
In diesem Sinne schult etwa die Umweltakademie
Baden-Württemberg zusammen mit der Vereinigung der
Spitzenköche Lehrerinnen und Lehrer sowie
Kindergärtnerinnen als Multiplikatoren für gesundes Essen
und gesunde Landschaften.
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