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Hartmut Hausmann
Freiheit für Justiz und Medien
Italien in der Kritik des Europarates
Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat Italien
aufgefordert, seine nationale Gesetzgebung an den Normen des
Europarats zur Sicherung des Rechtsstaatsprinzips und der
Unabhängigkeit der Justiz anzupassen und insbesondere das
"Cirami-Gesetz" außer Kraft zu setzen. Dieses von
Ministerpräsident Berlusconi initiierte und von ihm selbst
bereits in Anspruch genommene Gesetz führt den Begriff des
"legitimen Verdachts" in die Strafprozessordnung ein, mit dessen
Hilfe die Aussetzung eines Verfahrens und die anschließende
Übertragung auf ein anderes Gericht an einem anderen Ort
beantragt werden kann. Der Verdacht kann beliebig oft
geäußert werden, und jedes Mal muss das Verfahren ganz
von vorn beginnen. Als Argument "für einen legitimen Verdacht"
müssen "schwer wiegende örtliche Gegebenheiten, die
geeignet sind, den Verlauf des Verfahrens zu beeinträchtigen",
genannt werden.
Als Begründung dafür, dass das Gesetz für den
Europarat nicht hinnehmbar ist, erklärt die Versammlung, das
Gesetz werde die durchschnittliche Verfahrensdauer in Italien, die
ohnehin schon ungewöhnlich lang ist und weswegen Italien schon
mehrfach vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
verurteilt wurde, noch weiter verlängern. Außerdem
würden die Fälle den zuständigen Richtern entzogen,
wodurch die Wahl der Richter praktisch den Angeklagten
überlassen werde. Zudem werde der Grundsatz der Gleichheit vor
dem Gesetz untergraben, weil sich nur Angeklagte dieser
Möglichkeit bedienen könnten, die sich die Kosten solcher
Verfahren leisten könnten.
In einer zweiten Entschließung haben sich die
Europaratsparlamentarier besorgt über die Konzentration
politischer, kommerzieller und medialer Macht in den Händen
einer einzigen Person, nämlich von Premier Silvio Berlusconi,
gezeigt. Die Versammlung forderte auf der Grundlage des Berichts
von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die italienischen
Behörden auf, mit gesetzlichen Maßnahmen die Praxis des
politischen Eingriffs in die Medien zu beenden. Mit Mediaset, dem
kommerziellen Kommunikations- und Rundfunkkonzern Italiens und
einem der größten der Welt, ist Berlusconi im Besitz von
rund der Hälfte aller Rundfunk- und Fernsehsender des Landes.
Seine Rolle als Regierungschef versetze ihn auch in die Lage, den
Staatsrundfunk RAI zu beeinflussen, die der wichtigste Konkurrent
von Mediaset ist. Da Mediaset und RAI über 90 Prozent der
Zuschauer erreichen, besitze Berlusconi die Kontrolle über das
Medium. H. H.
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