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Hartmut Hausmann
Menschenrechtsverletzungen und Zustände wie
im Mittelalter
Gegen die "Haushaltssklaven" in
Europa
Offiziell ist die Sklaverei seit dem amerikanischen
Sezessionskrieg vor mehr als 200 Jahren geächtet. Dennoch
scheint diese Form der Missachtung der Grundrechte und der
Würde des Menschen selbst in Europa nicht ausgerottet zu sein.
Auch heute noch - oder besser gesagt: wieder - werden Tausende von
Menschen auf unserem Kontinent wie Sklaven gehalten, wie ein Besitz
an Gegenständen behandelt, erniedrigt und missbraucht. Die
Methoden sind vielfältiger geworden, doch die Sklaven von
heute werden wie ihre Vorgänger in früheren Zeiten durch
psychische oder physische Bedrohungen zur Arbeit ohne Lohn
gezwungen, oder allenfalls gegen eine äußerst geringe
finanzielle Entschädigung. Sie werden auf inhumane Art und
Weise behandelt und in ihrer Bewegungsfreiheit stark oder ganz
eingeschränkt, stellt ein von der Parlamentarischen
Versammlung des Europarats verabschiedeter Bericht am 22. Juni in
Straßburg fest.
Dabei handelt es sich vorwiegend um Frauen, die in
Privathaushalten beschäftigt sind. Sie beginnen als
eingewanderte Haushaltskräfte, Au-pair-Mädchen oder so
genannte Katalog-Frauen. Die meisten von ihnen kommen zunächst
aus freiem Willen, da sie sich eine Besserstellung erhoffen und
Armut und Elend entrinnen wollen. Andere kommen, indem sie durch
ihre Arbeitgeber oder durch Agenturen entweder getäuscht, in
Schulden verstrickt oder sogar regelrecht verkauft bzw. geschleust
wurden. Haben sie ihre Arbeit einmal aufgenommen oder auch einen
als "Kunden" auftretenden Mann geheiratet, sind sie abhängig
und isoliert. Erst einmal zu privaten Sklaven degradiert, sind sie
bis zu 18 Stunden Arbeit im Haushalt gezwungen, ohne eigenes Zimmer
und ohne ärztliche Versorgung.
Auch wenn es naturgemäß keine zuverlässigen
Zahlen gibt, schätzen NGOs, dass heute weltweit 27 Millionen
Menschen unter solchen Bedingungen vegetieren müssen. Nach den
Worten der deutschen Abgeordneten Marianne Tritz (SPD) werden jedes
Jahr bis zu 500.000 junge Frauen unter 25 Jahren allein von Ost-
nach Westeuropa gelockt oder verschleppt, weil die Gewinne, die mit
diesen Menschen zu erzielen sind, weit höher ausfallen als
beim Drogen- oder Waffenhandel. Allein auf die Schweiz bezogen gibt
es jährlich etwa 3.000 Opfer von Menschenhändlern,
berichtete Nationalrätin Rosmarie Zapfl-Helbling, wogegen
jedoch nur etwa 30 Anzeigen wegen Menschenhandels registriert
werden.
Warum dieser Sumpf der Unterdrückung so schwer
auszutrocknen ist, erklärt sich zum einen daraus, dass die
Täter immer noch oft ungeschoren davonkommen, während die
Opfer mittellos und ohne Papiere einfach abgeschoben werden. Vor
diesem Hintergrund fällt es den Sklaven im Haushalt sehr
schwer, sich selbst aus ihrer Situation zu befreien. Sie befinden
sich in einem fremden Land, sprechen meist nicht einmal dessen
Sprache und wissen auch gar nicht, wohin sie sich mit der Bitte um
Hilfe wenden können.
Allein in Frankreich konnte ein speziell nur für derartige
Fälle der Ausbeutung gegründetes Komitee 400 Frauen
helfen, und in Großbritannien kümmern sich die
Hilfsorganisation Kalayaan um rund 4000 "Hausangestellte" aus 29
Ländern. Die Luxemburger Abgeordnete Lydie Err (EVP) prangerte
schon vor längerer Zeit den Fall eines zehnjährigen
Mädchen aus Togo an, das von einem afrikanischen Diplomaten in
einem Kellerverschlag gehalten wurde und von morgens früh bis
in die Nacht arbeiten musste und sich von den Abfällen ihrer
"Herrschaft" ernährte. Obwohl der Fall den Behörden
bekannt war, konnte nichts unternommen werden, da das Mädchen
als Mitglied der Diplomatenfamilie deklariert worden war. Da gerade
im diplomatischen Umfeld die Fälle von Sklaverei besonders
zahlreich zu sein scheinen, erarbeitet zur Zeit der
UN-Frauenausschuss eine Vorlage mit dem Ziel aus, die
Immunität von Diplomaten einzuschränken.
Die Europaratsversammlung will mit ihrer Initiative erreichen,
dass die Verhandlungen über ein Europarats-Übereinkommens
zur Bekämpfung des Menschenhandels endlich abgeschlossen und
die 45 die Mitgliedstaaten dazu gebracht werden, die Sklaverei im
Haushalt in all ihren Formen intensiver zu bekämpfen. Dabei
sollen sie sicherzustellen, dass es in jedem Mitgliedstaat als
Verbrechen gilt, einen Menschen in irgendeiner Form von Sklaverei
zu halten. H. H.
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