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O. Ulrich Weidner
Mit Hartz IV in die Sommerpause
Bundesrat stimmte dem Reform-Gesetz nach kurzer
Debatte zu
Unter dem relativ nichts sagenden Titel
"Kommunales Optionsgesetz" stand am 9. Juli das als Hartz IV heftig
umstrittene Gesetzesvorhaben zur Neustrukturierung des
Arbeitsmarktes erneut zur Diskussion. Der Gesetzentwurf war das
Resultat einer längeren Vermittlungsrunde zwischen Bundestag
und Bundesrat; diesem Kompromiss hatte der Bundestag - auch mit den
Stimmen der Union - bereits in der Vorwoche zugestimmt. Durch die
ablehnende Haltung der Ministerpräsidenten der ostdeutschen
Bundesländer war jedoch unsicher, ob das
zustimmungsbedürftige Gesetz den Bundesrat passieren
würde.
Die wichtigsten Ziele von Hartz IV hatte der
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement
(SPD), wiederholt benannt: Arbeitslosigkeit nicht länger
verwalten, sondern Arbeitslose in Arbeit vermitteln,
Zusammenführung zweier getrennter Sozialsysteme, nämlich
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einem Instrument zu vereinigen
und die Kommunen durch einen Bundesanteil bei den
Wohngeldansprüchen von jährlich etwa 2,5 Milliarden Euro
zu unterstützen. Clement bezeichnete diese Kernstücke als
"eine Zeitenwende".
Berichterstatter des Bundesrates war der
hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der mit seinem
Bericht die Debatte am Freitag eröffnete. Koch hob zwei Punkte
des Kompromissvorschlags besonders hervor: die Beteiligung
kommunaler Träger an der Arbeitsvermittlung durch eine
"Experimentierklausel", die 69 Kommunen das aktive Mitwirken
sichert und auf zunächst sechs Jahre befristet ist, sowie die
finanziellen Zahlungen des Bundes zu den Kosten von Unterkunft und
Heizung der Wohngeldberechtigten.
Von einer wirksamen und notwendigen Reform
sprach Heide Simonis (SPD), Ministerpräsidentin des Landes
Schleswig-Holstein. Zwar werden mit dem Gesetz keine
Arbeitsplätze geschaffen, es erleichtere jedoch den
Arbeitslosen eine Arbeitsaufnahme. Simonis mahnte den Bund, ab
Januar 2005 die termingerechte Zahlung an die Betroffenen
sicherzustellen. Es gelte jetzt, von altgewohnten Leistungen
Abschied zu nehmen. Hartz IV sei kompliziert, aber letztlich
machbar.
Für Hessen erklärte Roland Koch, es
gebe zu dem Thema keine neue Diskussion, es gebe auch keine leichte
Zustimmung bei der Frage der Zumutbarkeit. Neu in Deutschland sei,
dass es in dem Gesetz mehr um das Fordern als um das Fördern
gehe, es sei somit eines der einschneidendsten Gesetze. Wenn man
fordere, Arbeit aufzunehmen, müsse man auch fragen, ob denn
Arbeit da sei. Koch kritisierte, dass die Kommunen besser in der
Lage seien, die individuelle Betreuung der Arbeitslosen
sicherzustellen als die Arbeitsagentur - dies müsse man jetzt
austesten. Mit Nachdruck wandte sich Koch gegen Vorwürfe der
"sozialen Verelendung". Arbeit sei natürlich ein Problem der
Wirtschaftspolitik und nicht "des Designs des Arbeitsmarktes".
Hartz IV sei deshalb ein richtiger Schritt und ein Kompromiss, der
nicht leicht falle.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident
Wolfgang Böhmer und die sächsische Ministerin für
Soziales, Helma Orosz (beide CDU), formulierten die Ablehnung der
ostdeutschen Bundesländer. So müssten angesichts der
praktischen Probleme die Beschäftigungsangebote
größer werden, die Kommunen sollten mehr Arbeit anbieten
können. Die Situation der Langzeitarbeitslosen im Osten werde
nicht gelöst. Zudem erhielten die Kommunen im Westen
wesentlich mehr Geld vom Bund als die Kommunen in den
östlichen Regionen. Helma Orosz bemängelte, die geringen
Anreize für Langzeitarbeitslose, die nur wenig hinzuverdienen
dürften, werde eher die Schwarzarbeit fördern.
Gesamturteil: "Hartz IV bleibt ein Torso ohne
Maßnahmen."
Dieser Einschätzung widersprach
Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister Wolfgang Clement vehement.
Die bisherige Arbeitsmarktpolitik sei nicht erfolgreich gewesen,
man könne sie trotz großer Bürokratie und
großem Finanzeinsatz so nicht fortsetzen. Statt
Arbeitslosigkeit zu administrieren und zu finanzieren, müsse
man sich besser um die Menschen kümmern. Er bedauere die neue
Konfrontation Ost/West, aber mit Hartz IV könne man keine
neuen Finanzausgleichsysteme installieren. Clement sieht vor allem
in der Alten- und Kinderbetreuung sowie im Bildungssystem eine
Menge neuer Arbeitsplätze als Potenzial. Und der Minister
versprach, alle der rund 250.000 jugendlichen Arbeitslosen
würden ein Arbeitsangebot bekommen.
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