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Thilo Bräuninger
Investitionen in Qualifizierung
Spannende Karrieren - auch für
Hochschulabsolventen
Den Stellenwert in Wirtschaft
und Gesellschaft, den das Handwerks heute unbestritten innehat,
verdankt es in erster Linie einer Investition, die in der
Vergangenheit getätigt wurde: Und zwar der Investition in
Menschen, in Qualifizierung. Im Handwerk ist der Mensch der
Mittelpunkt. Während in der Industrie ein Großteil des
Angebots standardisiert ist, sind im Handwerk individuelle
Wünsche der Kunden die Regel.
Kein Auftrag gleicht dem anderen. Jede
"Baustelle" hat ihre eigenen Besonderheiten. Improvisationstalent,
ein hohes Maß an Fachwissen und das Verstehen von
Zusammenhängen sind unabdingbar. Die Wettbewerbsvorteile des
Handwerks gegenüber den industriellen Angeboten sind daher die
Befriedigung individueller Kundenwünsche und Qualität.
Und um beide Anforderungen sicherzustellen, liegt der
Schlüssel zum Erfolg in der Qualifizierung der Mitarbeiter und
Meister. Vor diesem Hintergrund ist es besorgniserregend, wenn sich
heute schon im Handwerk ein Fachkräftemangel abzeichnet und
wertvolles Know-how verloren zu gehen droht. Um hier in meinem
eigenen Handwerksbetrieb zu reagieren, habe ich zur Ergänzung
unseres Teams in diesem Jahr einen zusätzlichen Auszubildenden
eingestellt. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, von der viele
meiner Kollegen in meiner Heimatregion Heilbronn - und sicherlich
auch darüber hinaus - zu berichten wissen: Die Auswahl an
qualifiziertem und motiviertem Nachwuchs ist gering. Es gibt also
Handlungsbedarf, den qualifizierten Nachwuchs für das Handwerk
zu gewinnen. Der erste Ansatz muss eine gezielte und bessere
Information der Jugendlichen sein, verbunden mit einer
intensivierten Öffentlichkeits- und Imagearbeit. Die
Handwerksorganisation hat bereits auf regionaler Ebene zahlreiche
Initiativen und Kampagnen gestartet. Vielen jungen Menschen ist
heute überhaupt nicht bewusst, in welchem enormen Ausmaß
moderne Handwerksberufe heute Kreativität, eigenständiges
Handeln, technisches Know-how, Sozial-, Planungs- und
Entscheidungskompetenz verlangen. Ich muss von meinen Mitarbeitern
fordern können - egal ob Meister, Geselle oder Auszubildender
-, dass sie eigenverantwortlich Handeln und Entscheidungen treffen
können. Dafür müssen Sie entsprechend vorbereitet
sein. Wissen und Können müssen stimmen. Nur dann sind sie
selbst motiviert und treffen die richtigen Entscheidungen, in der
Werkstatt, im Büro oder beim Kunden. An Möglichkeiten
mangelt es nicht, dem motivierten Nachwuchs
Qualifizierungsperspektiven zu bieten. Wichtige Angebote gibt es
bereits heute. Sie müssen nur besser kommuniziert werden. So
können die jungen Gesellen zum Beispiel die Zusatzausbildung
zum Betriebswirt des Handwerks absolvieren. Mir zum Beispiel hat
diese Ausbildung, die in ihren Inhalten wesentliche Teile eines
betriebswirtschaftlichen Fachhochschulstudiums abdeckt, in der
Praxis sehr geholfen. Denn im täglichen rauen
Wettbewerbsalltag ist es für unseren Betrieb
überlebenswichtig, Bescheid zu wissen über
Vertriebsstrukturen, Marketingstrategien oder auch ein
zeitgemäßes Kostenmanagement und das dazugehörende
Controlling. Die wichtigste Grundsatz-Qualifizierung im Handwerk
ist und bleibt jedoch der Erwerb des Meisterbriefs. Mehr als 26.000
bestandene Meisterprüfungen im vergangenen Jahr belegen, dass
die Selbständigkeit von jungen Menschen als eine attraktive
Form der Selbstverwirklichung angesehen wird. Kooperation mit den
Hochschulen Das i-Tüpfelchen auf dem Meisterbrief könnte
künftig ein angeschlossenes Hochschulstudium sein. Hier
müssen allerdings noch die Zugangsmöglichkeiten
verbessert werden. Niedersachsen hat es vorgemacht, dort ist der
Meisterbrief eine Hochschulqualifikation. Die anderen Ländern
müssen nun folgen und den Aspekt der Gleichwertigkeit von
allgemeiner und beruflicher Bildung besser berücksichtigen.
Schon heute ergeben sich in vielen Betrieben wichtige
Tätigkeitsfelder für Hochschulabsolventen, die ihnen eine
Alternative für eine Karriere in der Industrie bieten. Das
gilt für den Managementbereich ebenso wie für den
technischen Bereich. Von neuen Kooperationen zwischen Hochschule
und Handwerk erhoffen wir uns gute Ergebnisse für Betriebe und
Hochschulabsolventen. Darum gilt es, dieses Potenzial zu
nutzen.
Der Autor ist Sanitärmeister,
geschäftsführender Gesellschafter der Bräuninger
GmbH Bad & Design in Kupferzell bei Heilbronn, Betriebswirt des
Handwerks und Bundesvorsitzender der Junioren des Handwerks e.
V.
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