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Gerlind Schaidt
Der Bundestag ist das Vorbild
Nordrhein-Westfalen: Konzept für eine
Landtagsreform
Der nordrhein-westfälische Landtag soll
attraktiver werden. "Wir wollen schneller, präsenter,
aktueller und verständlicher für das Publikum werden",
umreißt Parlamentspräsident Ulrich Schmidt (SPD) die
Ziele des Reformvorhabens. Die Parlamentarischen
Geschäftsführerinnen und -führer der vier
Landtags-Fraktionen haben gemeinsam ein Konzept erarbeitet, das
stufenweise umgesetzt werden soll. Um ihre Reformvorschläge zu
überprüfen, waren die Geschäftsführerinnen- und
Führer eigens nach Berlin gereist, hatten sich im Bundestag
umgesehen und mit der Bundestagsverwaltung Gespräche
geführt.
Jetzt hoffen sie, dass ihre Vorschläge
dazu beitragen, gegenüber den "Bürgerinnen und
Bürgern mit Vorurteilen aufzuräumen und das Ansehen, den
Stellenwert und letztlich das Interesse an der Landespolitik zu
stärken", heißt es in dem 24-seitigen Reformpapier. Bis
zum Ende der Legislaturperiode im Mai 2005 werden die meisten
geplanten Maßnahmen erprobt und verfeinert, so dass der
nächste Landtag darauf zurückgreifen und eine neue
Geschäftsordnung auf der Grundlage dieses Konzepts
verabschieden kann.
Gleich nach der Sommerpause soll es losgehen.
"Leere Abgeordnetensitze bei wichtigen Debatten wird es
künftig hoffentlich nicht mehr geben", sagt die
Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Carina
Gödecke. Das Reformkonzept sieht an Plenartagen "Kernzeiten"
zwischen 11.30 und 13.30 Uhr vor, in denen die Abgeordneten zur
Anwesenheit verpflichtet sind. "Damit ist wenigstens einmal im
Laufe der Plenarsitzung ein gefüllter Landtag
gewährleistet", heißt es in dem Papier. Gleichzeitig
wissen die Autoren des Konzepts aber auch um die Gefahr, die die
Anwesenheitspflicht mit sich bringen kann: "Allerdings könnte
als Folge der Rest des Plenartages vor ausschließlich leeren
Rängen stattfinden mit den entsprechend negativen
Beobachtungen durch die Öffentlichkeit." Carina Gödecke
sieht dem Probelauf gelassen entgegen: "Bis Ende der
Legislaturperiode werden wir sehen, ob die von uns am grünen
Tisch erdachten Veränderungen praktikabel sind oder
nicht."
Einschneidende Änderungen gibt es auch
bei den Aktuellen Stunden. Zum einen sollen sie künftig
tatsächlich nur eine Stunde dauern. Zum anderen will man sich
bemühen, weitgehend nordrhein-westfälische Themen zu
behandeln oder bei Bundesthemen die landespolitischen Aspekte
herauszustellen. Um möglichst aktuell debattieren zu
können, wird die Frist zur Beantragung einer Aktuellen Stunde
von freitags 10 Uhr in der Woche vor der Plenarsitzung auf montags
15 Uhr in der Woche der Plenarsitzung verlängert. Da es sich
im Bund bewährt hat, will auch der NRW-Landtag künftig
die Entscheidung über die Aktuellen Stunden gemäß
der Stärke der vertretenen Parteien quotieren. Konkret
bedeutet dies, dass der Präsident nicht mehr über die
Genehmigung der Aktuellen Stunde entscheidet, sondern anhand der
jährlichen Plenartage zu Beginn eines Jahres festgelegt wird,
welche Fraktion wie viele Aktuelle Stunden erhält. Die
Verteilung erfolgt in der Runde
Um möglichst aktuell debattieren zu
können, soll auch für Anträge die Einbringungsfrist
verkürzt werden. Die Fragestunde wollen die
Nordrhein-Westfalen auf die Mittagszeit des zweiten Plenartages
legen, da nicht alle Themen jeden Abgeordneten
gleichmäßig interessieren. Da es sich beim NRW-Landtag um
ein so genanntes "Anreise-Parlament" handelt, will man sich
künftig bemühen, mit der Abarbeitung der Tagesordnung bis
17.00 Uhr "durch zu sein", damit die Parlamentarier in ihre
Wahlkreise zurück fahren können.
Noch nicht geeinigt haben sich die
Parlamentarischen Geschäftsführer über die
beabsichtigte Neuregelung der Redezeiten, die relativ "üppig"
seien, wie es in dem Reformpapier heißt. So haben die Minister
jederzeit die Möglichkeit, in die Debatte einzugreifen, und
diese Zeiten werden den Regierungsfraktionen nicht abgezogen. Das
bedeutet eine Schwächung der Oppositionsparteien wie auch des
gesamten Parlamentes. Um die Rechte des Landtags zu stärken,
sollen die Redezeiten der Minister künftig in den Redezeiten
der Fraktionen enthalten sein. Der Parlamentarische
Geschäftsführer der CDU Helmut Stahl: "Über dieses
Thema muss noch weiter beraten werden. Naturgemäß sind
Rot-Grün gegen dieses Vorhaben, während die
Oppositionsparteien dafür sind."
Ausgangspunkt für die Pläne zur
Effizienz- und Attraktivitätssteigerung des Landtages war eine
im Februar 2002 vom Landtag beschlossene Verkleinerung des
NRW-Parlamentes. Ab 2005 wird die gesetzliche Zahl der
Parlamentarier statt 201 nur noch 181 Abgeordnete betragen. Carina
Gödecke: "Der jetzige Zeitpunkt ist richtig, um über
Sinnhaftigkeit der Strukturen, Organisations- und
Arbeitsabläufe nachzudenken." Auch die grüne
Fraktionschefin Sylvia Löhrmann sieht die Aktion positiv: "Es
ist den Versuch wert, die Parlamentsarbeit straffer und für
die Öffentlichkeit lebendiger zu gestalten."
Eng mit der Landtagsverkleinerung verbunden
ist eine wünschenswerte Verringerung der Ausschüsse.
Einig sind sich die Fraktionen, dass die derzeit 23 Gremien zuviel
sind. Angedacht sind - ausgerichtet an der Zahl der Ministerien -
zwölf Ausschüsse. Doch die Aufgabe von fast der
Hälfte der Ausschüsse bedeutet für alle
Abgeordneten, die den Ausschussvorsitz verlieren, eine Einbuße
an Ansehen und Prestige. Deshalb wird heftig gefeilscht, welche von
ihnen bestehen bleiben und wie sie zugeschnitten sein
sollen.
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