(PDF-Druckversion)
Ulrich Arnswald
Zum Stellenwert der DDR-Geschichte in schulischen
Lehrplänen
Einleitung
Die heutige Schülergeneration hat im fünfzehnten Jahr
nach der friedlichen Revolution in der DDR keine eigene Erinnerung
mehr an diesen Teil der deutschen Geschichte. Was sollen die
Schülerinnen und Schüler in unserem Land heute über
die SED-Diktatur wissen? Welchen Beitrag kann der Schulunterricht
leisten? Erwerben die Schülerinnen und Schüler
hinreichende Fähigkeiten, um Lehren für die Gegenwart zu
ziehen? Um der Beantwortung dieser Fragen näher zu kommen,
wurde eine Lehrplananalyse vorgenommen, welche die gegenwärtig
gültigen Lehrpläne der allgemein bildenden Schulen in
Deutschland auf denStellenwert des Themas SBZ/DDR hin untersuchte.
Anstöße für eine solche Analyse ergaben sich
nicht zuletzt durch kritische Äußerungen aus der Politik,
der politischen Bildung sowie aus allgemeinen Vermutungen zum wenig
befriedigenden Wissensstand der Schülerinnen und Schüler
über den zweiten deutschen Staat. Vorausgegangene
wissenschaftliche Untersuchungen konnten diesen Gegenstandsbereich
bislang nicht in dieser Breite und Tiefe abbilden.
Eine Analyse der gegenwärtigen Lehrpläne musste die
nach Bundesländern und auch die nach Unterrichtsfächern
bestehenden Unterschiede berücksichtigen und in Kauf nehmen.
Die Ausführlichkeit der Pläne reicht von allgemeinen
Hinweisen der Rahmenpläne bis zu detaillierten Darstellungen
der Fachlehrpläne auf unterschiedlichen Ebenen. In die
Untersuchung wurden 107 gültige Lehrpläne, die einen
direkten Bezug zur DDR-Geschichte aufweisen, einbezogen. Das betraf
die Lehrpläne für die Fächer Geschichte (Anteil 55
Prozent), Gemeinschaftskunde, Sozialkunde, Politik und verwandte
Fächer (33 Prozent) sowie Deutsch und Religion. Um
Vergleichbarkeit herzustellen, ging die Lehrplananalyse von der
Betrachtung von fünf Geschichtsfeldern aus. Dieser
Schwerpunktsetzung folgen die weiteren Darlegungen.
Der politische Neubeginn
Die Darstellung des politischen Neubeginns ab 1945 schließt
an die Unterrichtsthemen zum Nationalsozialismus und zur Niederlage
im Zweiten Weltkrieg an. Die wichtigsten Schwerpunkte für den
Unterricht bilden die Bewältigung der unmittelbaren
Kriegsfolgen, die Vertreibung und der Wiederaufbau.
In einigen Lehrplänen wird der politische und
gesellschaftliche Neuanfang als gesonderte Einheit behandelt.
Abgeschlossen wird dieser Zeitabschnitt mit der Gründung der
beiden deutschen Staaten. Beispielsweise heißt es im Lehrplan
Geschichte für den Leistungskurs 13 aus Baden-Württemberg
in der Zielstellung der LPE 13.4 "Der politische Neubeginn in
Deutschland": "Die Schülerinnen und Schüler untersuchen
das Entstehen eines neuen politischen Bewusstseins in Ost und West
unter den Voraussetzungen der bedingungslosen Kapitulation und
erörtern die Vorstellung von der 'Stunde Null' in der
deutschen Geschichte. Sie verfolgen das Zusammenwirken von
demokratischer Tradition und politischer Neubesinnung, von
alliierten Einflüssen und deutscher Selbstbestimmung bei der
Neugestaltung des politischen Lebens in den Besatzungszonen." Sehr
differenziert werden die Ausgangsbedingungen einschließlich
des politischen Neubeginns, die Weichenstellungen zur staatlichen
Teilung und die Gründung der beiden deutschen Staaten im
Lehrplan dargestellt.
An den Hauptschulen wird im Fach Geschichte der Zeitabschnitt
des Neubeginns kürzer behandelt. So sieht der Lehrplan in
Hessen für die Hauptschule in der 10. Klasse den Schwerpunkt
10.2 "Deutschland nach 1945 - von der Teilung zur Einheit" vor. Im
verbindlichen Unterrichtsinhalt 1 "Aus vier Besatzungszonen werden
zwei Staaten" sollen folgende Problemkreise behandelt werden:
Konsequenzen der Potsdamer Konferenz; demokratischer Neubeginn auf
kommunaler und Länderebene; Politiker/innen und Parteien;
unterschiedliche Entwicklungen in den Westzonen und der SBZ;
Marshallplan und Wiederaufbau; Ost-West-Konflikt und Teilung
Deutschlands; Entstehung zweier Staaten in Deutschland.
Aus der Perspektive der insgesamt gesichteten Lehrpläne
ergibt sich, dass die Darstellung des politischen Neubeginns im
Nachkriegsdeutschland in den Geschichtslehrplänen
ausführlich und ausgewogen erfolgt. Die ersten Ansätze
unterschiedlicher politischer Systeme und Gesellschaftsordnungen
werden allerdings lediglich angedeutet. Ein möglicher
Vergleich der Entwicklung in beiden Teilen Deutschlands
einschließlich ihrer ideologischen und politischen Grundlagen
ist nur in relativ geringem Umfang ausgeführt. Der
Zeitabschnitt vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur
Gründung der beiden deutschen Staaten erhält in den
Lehrplänen einen angemessenen Stellenwert, so dass bei seiner
Umsetzung wesentliche Erkenntnisse über die Anfangsjahre der
deutschen Teilung vermittelt werden können.
Das Gesellschafts- und Machtsystem unter der
SED-Herrschaft
Das Verständnis der DDR-Gesellschaft in ihrem
Systemcharakter ist für die Schülerinnen und Schüler
zweifellos schwierig. Es erfordert einen Blick auf die
verschiedenen Bereiche der Gesellschaft unter besonderer
Berücksichtigung der Ausübung der politischen Macht durch
die SED mit dem dazu geschaffenen Apparat. Dieser komplexen
Aufgabe, die den Kern der SED-Diktatur berührt, kommen die
Lehrpläne nur ansatzweise nach.
Der Begriff Gesellschaftssystem wird in den Lehrplänen
insgesamt nur fünfmal benutzt. So wird im Schwerpunkt
Geschichte des Lehrplans Gemeinschaftskunde der Gymnasialen
Oberstufe in Rheinland-Pfalz in der 12. Klasse beim Teilthema 3
"Die Durchsetzung der Demokratie in Deutschland" von den
Schülerinnen und Schülern erwartet, dass sie den Prozess
des Aufbaus und der Einbindung beider Teile Deutschlands in die
unterschiedlichen Machtblöcke und Gesellschaftssysteme kennen.
Der gymnasiale Grundkurs Geschichte
in Sachsen-Anhalt sieht im Kurs 4 das Thema "Deutschland im
Widerstreit der Systeme" vor. Als ein Anspruch wird formuliert, die
Verflechtung der beiden deutschen Staaten vor dem Hintergrund der
Systemkonfrontation als herausragendes Merkmal der doppelten
deutschen Zeitgeschichte zu beleuchten. Ein Ziel dabei ist es, zu
"untersuchen, wie sich der Gegensatz der Gesellschaftssysteme
stetig vertiefte und welche Auswirkungen auf beide deutsche Staaten
zu verzeichnen waren"
.
In den Real- und Hauptschullehrplänen für Geschichte
wird das Gesellschafts- und Machtsystem der DDR in nur wenigen
Fällen zur Behandlung vorgeschlagen. So wird in der 10. Klasse
der Erweiterten Realschule des Saarlandes in der Unterrichtseinheit
"Vom Zusammenbruch zur Wiedervereinigung" als eines der Lernziele
die Kenntnis der "unterschiedlichen Entwicklung der beiden
deutschen Staaten bis 1989" formuliert. Als Lerninhalt wird
aufgeführt: "Zweimal Deutschland: unterschiedliche
Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme". Zur
differenzierteren Charakterisierung des Gesellschaftssystems der
DDR als Machtsystem bzw. als Diktatur der SED geben die
übrigen Lehrpläne wenig Anhaltspunkte.
Vor allem das gesellschaftliche Modell des Sozialismus mit
seinen theoretisch-ideologischen Quellen wird in den
Lehrplänen des Faches Geschichte nicht thematisiert.
Ansätze finden sich eher in den Fächern
Gemeinschaftskunde und Politik. So wird beispielsweise im
gymnasialen Grundkurs Politik des Saarlands in der Jahrgangsstufe
12 das Thema "Marxismus-Leninismus" behandelt. Dabei ist unter
anderem das Lernziel fixiert, dass die Schülerinnen und
Schüler am Beispiel eines sozialistischen Staates nachweisen
sollen, wie die theoretischen Vorstellungen von Marx und Lenin
realisiert wurden ("real existierender Sozialismus").
Zur Auseinandersetzung mit der ideologischen Komponente des
Machtsystems der SED finden sich in den übrigen
Lehrplänen nur wenige Hinweise. Die Ideologie als wesentliches
Moment wird lediglich im Thüringer Geschichtslehrplan für
das Gymnasium im Kurshalbjahr 12/II beim Thema "Der Weg von der
Konfrontation zur Entspannung bis zum Ende des Ost-West-Konflikts"
mit der Formulierung: "Funktion und Wirksamkeit der Ideologie im
System der DDR" erwähnt.
Eine weitere Untersuchungsfrage war es, inwieweit in den
Lehrplänen mit dem Begriff Repression gearbeitet wird. Er wird
nur in wenigen Lehrplänen aufgegriffen. Direkte Erwähnung
finden Repressionen nur viermal, wobei im Lehrplan Geschichte
für die Realschule in Bayern vor allem die Repressionen in
osteuropäischen Ländern gemeint sind.
Das damit verbundene Thema Verfolgung
kommt insgesamt zu kurz, der Begriff tritt in nur zwei
Lehrplänen auf. So wird die Verfolgung im bayerischen Lehrplan
Geschichte für die Realschule beim Thema G 10.2 "Der
Ost-West-Gegensatz und die deutsche Teilung" im Teilthema "Die
Entwicklung der deutschen Teilung und die Gründung zweier
deutscher Staaten" erwähnt. Aufgeführt werden: "Die
deutsche Teilung: Bi- und Trizone im Westen (gemeinsamer
Wirtschaftsraum, Marshallplan, Währungsreform, soziale
Marktwirtschaft); Abgrenzung der sowjetischen Zone
(Zentralverwaltungswirtschaft, eigene Währung, Grenzsicherung,
Verfolgung Andersdenkender); Berlinblockade."
Mit dem Begriff Unterdrückung werden relativ
undifferenziert politische Prozesse sowohl in der unmittelbaren
Nachkriegszeit als auch in der Zeit der SED-Diktatur
gekennzeichnet. Der Lehrplan Geschichte für die Realschule in
Baden-Württemberg sieht für die Klasse 10 in der
Lehrplaneinheit 1 "Die deutsche Teilung als Spiegelbild der
ideologischen Gegensätze zwischen Ost und West" Hinweise zu
Unterschieden in der Besatzungspolitik vor. Dabei wird auch die
"Politische Unterdrückung in der SBZ" erwähnt.
In Bayern schlägt der gymnasiale
Lehrplan Geschichte für die Klasse 13 im Thema G 13.2
"Geschichte eines modernen Industriestaates: Die Bundesrepublik
Deutschland" einen Bezug zur DDR vor: "DDR als Gegenbild zur
Bundesrepublik: Unterdrückung und Kontrolle, u.a.
'planmäßiger Aufbau des Sozialismus', Aufstand vom 17.
Juni 1953, Vorgehen gegen kritische Intellektuelle" .
Im Hamburger Lehrplan Geschichte/Politik für die Haupt- und
Realschule wird für die Sicht der "Entwicklungen nach
1949"u.a. vorgeschlagen: "Die Bundesrepublik Deutschland und die
DDR im Kalten Krieg (Integration in unterschiedliche
Bündnissysteme, Aufstand des 17. Juni, der Mauerbau,
Unterdrückung und Bevormundung durch die SED, Vertreibungen an
der innerdeutschen Grenze)"
. Im Lernbereich
Gesellschaftswissenschaft für Hauptschule, Realschule,
Gymnasium und Regionale Schule in Rheinland-Pfalz wird beim Thema
"Die politische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland" als
Teilziel empfohlen: "Einblick in Formen politischer
Unterdrückung in der DDR".
Auch der Begriff der (politischen) Gewalt spiegelt sich in den
Lehrplänen kaum wider. Der Rahmenplan Geschichte für das
Hamburger Gymnasium formuliert für die Jahrgangsstufe 9/10 das
Thema "9/10 - 5 Ost-West-Konflikt und deutsche Frage seit 1945".
Bei den Zielstellungen heißt es: "Den Schülerinnen und
Schülern wird bewusst, dass die Geschichte Deutschlands und
Europas nach 1945 in wesentlichen Teilen eine Folge des von Hitler
verursachten Zweiten Weltkrieges ist. Sie erkennen die Ursachen und
Auswirkungen des Ost-West-Konfliktes. Dabei wird ihnen deutlich,
dass in Westeuropa ein weitgehend selbstbestimmter politischer und
ökonomischer Integrationsprozess beginnt, während sich
die Sowjetisierung Ostmitteleuropas mit militärischer Gewalt
und gegen den Willen der betroffenen Völker vollzieht."
Das gleiche Herangehen findet sich im
entsprechenden Lehrplan für die Hauptschule.
Ein möglicher Exkurs zur
Gewaltherrschaft in der DDR wird ausgespart. Die Analyse zeigt,
dass die Frage der politischen Gewalt in der DDR nur sehr marginal
in den Lehrplänen vertreten ist. Damit werden Chancen
vergeben, das politische System besser zu beleuchten.
Eine zentrale Funktion für den Machterhalt der SED-Diktatur
hatte die Staatssicherheit bzw. das Ministerium für
Staatssicherheit (MfS) mit vielfältigen Verflechtungen
innerhalb der Gesellschaft. Zu dieser Thematik finden sich in den
Lehrplänen insgesamt 21 Nennungen. Diese betreffen vor allem
das Fach Geschichte in den Sekundarstufen I und II. Lediglich im
Fach Sozialkunde von Mecklenburg-Vorpommern wird in der
Jahrgangsstufe 9 beim Thema "Das politische System der
Bundesrepublik Deutschland" als methodischer Hinweis "ein
Gespräch mit dem Stasi-Beauftragten" angeregt.
Im Brandenburger Lehrplan Politische
Bildung für die Sekundarstufe I (Klasse 7/8) wird im Lernfeld
"Demokratie" unter der Frage "Anspruch und Wirklichkeit des
DDR-Systems" bei den Inhalten und Problemen für den Unterricht
"die Stasi als Staat im Staate" erwähnt. Insgesamt
fünfmal wird der Begriff MfS verwandt.
Die Geschichtslehrpläne von
Mecklenburg-Vorpommern geben als "fachübergreifende und
fächerverbindende Projektvorschläge" vor, sich mit
"Aufbau und Wirkung des MfS in den Nordbezirken" zu
beschäftigen. Das ist das einzige Beispiel eines Verweises auf
die regionale Relevanz des Themas Staatssicherheit. Im
Thüringer Geschichtslehrplan für Gymnasium und
Regelschule erfolgt beim Thema "Die deutsche Frage 1949 bis 1990
und ihre Lösung" im Unterpunkt "DDR von der
Staatsgründung bis zum Mauerbau" der Hinweis auf das "MfS als
Instrument der SED zur Herrschaftssicherung ohne parlamentarische
Kontrolle".
Ein Blick auf die Verteilung dieser Thematik zwischen alten und
neuen Bundesländern zeigt, dass eine Auseinandersetzung mit
der Staatssicherheit vor allem im Osten angeregt wird. Fundiertes
Wissen über die Rolle des MfS in der Gesellschaft der DDR zu
erwerben heißt, einen wichtigen Wesenszug der SED-Diktatur zu
erkennen. Die in den Lehrplänen vorhandenen Bezüge
greifen zu kurz und eröffnen keinen Weg zur Auseinandersetzung
mit dem Aufbau und der Funktionsweise dieses zentralen
Machtinstrumentes der SED.
Andere Instrumente der Machterhaltung und Systemsicherung wie
Polizei und Nationale Volksarmee werden nicht aufgeführt, also
auch nicht in einen Zusammenhang zur Staatssicherheit gebracht.
Lediglich im Thüringer Lehrplan Geschichte für das
Gymnasium wird im Kurshalbjahr 12/II beim Lerninhalt "Entwicklung
in der Bundesrepublik und in der DDR von der Teilung über
Konfrontation und Kooperation im Rahmen der bipolaren Welt von 1949
bis 1990" der Schwerpunkt "Auseinandersetzung um Wiederbewaffnung -
von der 'Kasernierten Volkspolizei' zur 'Nationalen Volksarmee'"
aufgeführt. Im selben Lehrplan wird mit dem Hinweis auf das
"Speziallager Buchenwald" die Möglichkeit eröffnet, auf
die politische Verfolgung in der sowjetischen Besatzungszeit
einzugehen.
Das Gesellschafts- und Machtsystem der DDR erfährt somit in
nur wenigen Fällen eine relativ geschlossene Darstellung. Die
grundsätzliche Charakterisierung des gesellschaftlichen
Systems mit seinen politischen, ideologischen und ökonomischen
Komponenten findet zwar in Ansätzen statt, wird aber kaum
detailliert ausgeführt. Die Durchdringung von Staat,
Wirtschaft und Gesellschaft seitens der Staatspartei wird nicht
transparent. Das Instrumentarium der Machtsicherung kann somit von
den Schülerinnen und Schülern kaum in seiner
Komplexität erfasst werden. Bedenklich ist auch die Tatsache,
dass aus der Behandlung des Gesellschafts- und Machtsystems in der
DDR kaum Gründe für die Krise des Systems und seinen
Zusammenbruch im Herbst 1989 abgeleitet werden.
Gesellschaftsgeschichte der DDR
Die Gesellschaftsgeschichte der DDR (Alltagsgeschichte,
wirtschaftliche Entwicklung, Sozialpolitik, Rolle der Frauen,
Jugendbewegung, Kirche im Sozialismus) wird zwar in bestimmten
Bereichen aufgegriffen, aber nur partiell in den Lehrplänen
abgebildet. Am wenigsten Aufmerksamkeit erfährt die Kritik des
gesellschaftlichen Modells des Sozialismus in seiner Entwicklung
sowie mit seinen theoretisch-ideologischen Quellen. Einzelne
Bereiche der Gesellschaftspolitik wie die Wirtschafts- und die
Sozialpolitik werden in bestimmten Lehrplänen, vor allem der
Sozialkunde, behandelt. Andere ausgewählte Bereiche wie
Familie, Frauen und Jugend sind nicht eigenständig
ausgewiesen, so dass vor allem der zweifellos die Schülerinnen
und Schüler ansprechende Themenkreis Jugend nicht seiner
Bedeutung nach ausgeführt wird.
Die Behandlung des Themas "Kirche im Sozialismus" wird in
wenigen Fällen von der Religionslehre aufgegriffen, kommt aber
bei der thematischen Fülle dieses Unterrichtsstoffes zu kurz.
Damit wird ein Ansatzpunkt nicht genutzt, der das Zusammenwirken
von Opposition und Kirche im Sozialismus der DDR deutlicher machen
könnte.
Widerstand und Opposition in der DDR
Die Geschichte von Widerstand, Opposition, Dissidenz und
nonkonformem Verhalten in der SBZ/DDR zwischen 1945 und 1989
empfiehlt sich als zentrales Unterrichtsthema für die
Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR und der deutschen
Teilung. Die Lehrpläne vermitteln jedoch ein sehr
unterschiedliches Bild. Einige wenden sich der Frage von Widerstand
und Opposition in relativ allgemeiner Weise zu. Beispielsweise wird
im hessischen Lehrplan Geschichte für die Hauptschule,
Klassenstufen 9/10, im Thema 9.4 "Europa im Aufbruch -
Auseinandersetzungen um die Befreiung des Menschen" bei
fakultativen Unterrichtsinhalten bzw. Aufgaben die Frage nach
"Protestbewegungen in Deutschland - was erreichen sie?" gestellt.
Für die Bundesrepublik werden die Friedens- und Umweltbewegung
erwähnt, für die DDR der Leitspruch "Schwerter zu
Pflugscharen" sowie der Hinweis auf die "Kristallisation einer
Opposition im Schatten der Macht". Im Lehrplan
Geschichte für die Realschule wird in der 10. Klasse unter dem
Thema "Protestbewegungen in Deutschland - wen und was erreichen
sie?" der gleiche Ansatz für die Beschäftigung mit der
Opposition in der DDR gewählt.
Der Opposition in der DDR wenden sich auch die Lehrpläne
anderer Fächer zu. Ein Beispiel ist der Lehrplan im Fach
Sozialkunde in Thüringen. In der Klasse 12 wird das Thema
"Politische Systeme und politische Partizipation" behandelt. Als
Problembereich wird genannt: "Das politische System der DDR".
Inhalte des Unterrichts sind: "Das Alltagsleben in der DDR an
Beispielen; die Politik in der DDR: Rolle der SED und der
Blockparteien, Mechanismen der Herrschaftssicherung,
Menschenrechtsproblematik, oppositionelle Gruppen; Wirtschafts- und
Sozialsystem, ökologische Situation der DDR; Ursachen der
ökonomischen Krise sowie die 'Wende' und der Zusammenbruch der
DDR"
. Dieser Lehrplan ist ein Beispiel
für die Einordnung der Frage der Opposition in der DDR in
weitere unverzichtbare gesellschaftliche Zusammenhänge, aus
denen heraus erst das Wirken der Opposition verständlich
werden kann.
Besonderen Stellenwert beim Thema Opposition in der DDR hat der
Volksaufstand vom 17. Juni 1953 inne. Anlässlich des 50.
Jahrestages dieses Ereignisses im Jahr 2003 wurde eine Reihe neuer
Forschungsergebnisse vorgelegt, die den Aufstand neu bewerten und
differenzierter einschätzen. Es ist an der Zeit, diese
Ergebnisse in den Unterricht einzubeziehen und über eine
Vertiefung des Themas nachzudenken sowie Lehrplanangebote und
Lehrbücher dem neuen Erkenntnisstand entsprechend zu
aktualisieren. Wegen der gewachsenen Bedeutung des Volksaufstandes
wurde der Platz des 17. Juni 1953 in den Lehrplänen bereits
näher besprochen.
Von besonderem Interesse für den Schulunterricht zur
Opposition in der DDR ist der Einfluss von Reformprozessen, die mit
der Perestroika in der UdSSR und den revolutionären
Veränderungen 1989 in anderen Ländern Mittel- und
Osteuropas verbunden sind. Dazu finden sich in den Lehrplänen
einige Ansätze wie z. B. in der bayerischen Realschule.
Der Einfluss der internationalen Faktoren auf den Widerstand in
der DDR wird auch im Rahmenlehrplan Geschichte für die
Sekundarstufe I in Brandenburg berücksichtigt. Im Themenfeld
"Deutschland in der geteilten Welt - die beiden deutschen Staaten
als Teil des Ost-West-Konflikts" wird als Zielstellung formuliert:
"Der internationale Entspannungsprozess strahlt auf die
deutsch-deutschen Beziehungen aus und ermöglicht eine
Normalisierung. Die allgemeine Systemkrise in der DDR in den
achtziger Jahren offenbart sich als Wirtschafts- und
Glaubwürdigkeitskrise. Die Bevölkerung äußert
ihren Unwillen durch eine Massenflucht im Spätsommer 1989. Die
Zahl der Oppositionsgruppen, bisher im Verborgenen arbeitend, nimmt
zu. Die Situation verändert sich schnell, ebenso der Staat
DDR. Seine Eigenstaatlichkeit ist nicht zu erhalten." Bei
ausgewählten Aspekten des Lebens im geteilten Deutschland
weist der Lehrplan auch auf die Frage "Innerstaatliche Opposition
und Anpassung" hin.
In weiteren Lehrplänen, etwa in der Sekundarstufe I des
Landes Sachsen-Anhalt, werden in den Schuljahrgängen 9/10
fachspezifische Themen angeboten. Dazu gehört das Pflichtthema
"Das vereinigte Deutschland im vereinigten Europa". Dabei sollen
"Reformanstöße und -bewegungen Osteuropas: Ausgangs- und
Bezugspunkt für Opposition und Protest in der DDR" behandelt
werden.
Auch im hessischen Lehrplan
Geschichte für die Hauptschule in den Klassenstufen 9/10 mit
dem Thema "Die deutsche Einheit - wessen Erfolg?" werden solche
Denkanstöße zur Behandlung vorgeschlagen, etwa die
"Liberalisierung in der Sowjetunion (Gorbatschow, Glasnost,
Perestroika) und Auflösungserscheinungen im Warschauer Pakt".
Insgesamt wird deutlich, dass nur
wenige Lehrpläne Parallelen oder wechselseitige Einflüsse
der Reform- und Oppositionsbewegung in den sozialistischen
Ländern zur Darstellung des Geschichtsverlaufes in der DDR und
der friedlichen Revolution heranziehen.
Die Analyse zeigt, dass die Herausbildung von Widerstand und
Opposition in der DDR in den Lehrplänen nur unsystematisch
widergespiegelt wird. Die historischen Quellen von Widerstand und
Opposition werden kaum aufgespürt, ebenso der Umfang des
Wirkens oppositioneller Kräfte in und außerhalb der SED.
Widerstand und Opposition werden vorwiegend in Bezug auf die
Ära Honecker thematisiert. Der Widerstand gegen die
SED-Diktatur in den vierziger und fünfziger Jahren - ob als
Opposition der bürgerlichen Parteien in den früheren
Jahren oder als parteiinterne Opposition - wird mit Ausnahme des
17. Juni 1953 nicht behandelt. Bedenklich ist ferner, dass in den
Lehrplänen der ostdeutschen Bundesländer keine regionalen
Beispiele von Opposition und Widerstand (z.B. die Vorgänge um
die Werdauer Oberschüler) aufgenommen sind. Nicht diskutiert
werden die realen Möglichkeiten und Chancen, unter der Gefahr
massiver Repressionen Einfluss auf die Entwicklung des Landes
nehmen zu können. Die Ergebnisse eines Reifeprozesses der
Opposition in den siebziger und achtziger Jahren, auch unter dem
Dach der Kirche, werden nicht ausgemacht, und neuere
Forschungsergebnisse zur Entwicklung der Opposition sind in den
Lehrplänen nicht zu finden.
Die Rolle der Opposition bei der friedlichen Revolution und
deren Vorbereitung wird in den Lehrplänen zwar richtig
dargestellt, jedoch werden die komplexeren Einflüsse endogener
und exogener Kräfte bei der friedlichen Revolution
(wirtschaftliche Krise; Ausreisebewegung; Perestroika und Glasnost;
Entwicklungen innerhalb der Staaten des Warschauer Vertrages) nicht
in ihrer Gesamtheit und wechselseitigen Verflechtung
reflektiert.
Die deutsch-deutschen Beziehungen und die deutsche
Einheit
Unterrichtsthemen, welche die deutsch-deutschen Beziehungen nach
der Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 aufgreifen,
stellen ein wichtiges Politikfeld dar, auf dem viele innen- und
außenpolitische Fragen miteinander verflochten sind. Nach dem
Scheitern der Wiedervereinigungsgedanken und
Konföderationsvorstellungen in der unmittelbaren
Nachkriegszeit wird in den Lehrplänen die Entwicklung in den
beiden deutschen Staaten zunehmend parallel abgearbeitet. Die
"offiziellen" deutsch-deutschen Beziehungen von den fünfziger
bis zu den siebziger Jahren finden als Spezialthema jedoch nur
wenig Aufmerksamkeit. Erst die Neue Ostpolitik, die
Ostverträge, der Grundlagenvertrag sowie der KSZE-Prozess
rücken die gemeinsame Geschichte mit ihren Wechselwirkungen
mehr in den Vordergrund. Diese Zeitabschnitte stellen entsprechend
ihrer historischen Bedeutung in der Mehrzahl der Lehrpläne
eine gesonderte Einheit dar.
Vor allem die gymnasialen Lehrpläne widmen sich
ausführlich diesen Fragen. So wird beispielsweise im Lehrplan
Geschichte für Baden-Württemberg, Jahrgangsstufe 13, das
Thema "Deutschland nach 1945 im nationalen, europäischen und
internationalen Kontext" in der Kursstufe (4-stündig)
behandelt. Für die dazugehörende Lehrplaneinheit "Die
staatliche Einheit" gilt die Zielstellung: "Die Schülerinnen
und Schüler erkennen und erörtern die Ursachen des
Niedergangs der DDR und die Besonderheiten der friedlichen
Revolution. Sie verfolgen die nationale und internationale
Umsetzung der deutschen Einigung und erörtern Chancen und
Probleme des vereinigten Deutschland." Darauf aufbauend gibt der
Lehrplan folgende inhaltliche Schwerpunkte vor: "Vom Zusammenbruch
des SED-Regimes zur Einigung", "Der internationale Rahmen", "Die
nationale Gestaltung" sowie "Chancen und Probleme des vereinigten
Deutschland".
Damit werden für den Unterricht
wesentliche und fruchtbare Gesichtspunkte erfasst.
Das sächsische Gymnasium sieht im Lehrplan Geschichte
für den Leistungskurs 12 die Behandlung von "Entwicklungen in
Deutschland nach 1945 in ihrer europa- und weltpolitischen
Bedeutung" vor. Im Lernbereich "Der Prozess der Wiedervereinigung
Deutschlands 1989/91" werden als Ziele und Inhalte vorgegeben:
"1989: 40 Jahre Bundesrepublik Deutschland - 40 Jahre DDR; 1990:
gesamtdeutsche Wahlen und Beitritt der DDR zum Rechtsbereich des GG
(gem. Art. 23); Freistaat Sachsen als Land der Bundesrepublik
Deutschland; die Wiedervereinigung Deutschlands in ihrer europa-
und weltpolitischen Bedeutung; neue Mächteordnung und das
Problem der Friedenssicherung".
Der Geschichtslehrplan für das
Gymnasium in Thüringen wendet sich im Kurshalbjahr 12/II mit
dem Thema "Von der deutschen Frage zur deutschen Einheit -
Kontinuität und Wandel vor dem Hintergrund einer bipolaren
Welt" dem deutschen Einigungsprozess zu. Die Leitfrage lautet: "Der
Weg zur Einheit Deutschlands - eine friedliche Revolution?"
Behandelt werden Problemfelder wie "Staatsmacht und
Bürgerbewegung; 'Runder Tisch'; pro und contra
Wiedervereinigung; Einigungsvertrag; 2+4-Gespräche und
internationale Lösung der deutschen Frage; deutsche Einheit
und internationale Verantwortung; von der staatlichen Einheit zur
inneren Einheit".
In den 10. Klassen der Sekundarstufe I werden die Fragen der
deutschen Einigung zumeist als Abschluss eines umfangreichen
Lehrplanteils zur deutschen Geschichte seit 1945 aufgegriffen. So
wird im Rahmenplan Geschichte des Hamburger Gymnasiums für die
Jahrgangsstufe 9/10 das Thema "Der Ost-West-Konflikt und die
deutsche Frage seit 1945" als verbindlicher Unterrichtsinhalt
festgehalten. In den Zielstellungen heißt es: "Die
Schülerinnen und Schüler erkennen die historische
Bedeutung der Epochenwende von 1989/90, die schließlich mit
zur Auflösung des Sowjetimperiums beitrug. In der
Auseinandersetzung mit diesem Thema begreifen sie, dass die
Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten im Oktober 1990
und das langsame Zusammenwachsen Deutschlands seit 1990 Teil der
Überwindung der Nachkriegsstrukturen und damit des
grundlegenden Paradigmenwechsels im internationalen System am Ende
des 20. Jahrhunderts ist."
In der hessischen Hauptschule beinhaltet der Lehrplan Geschichte
für die Klassenstufe 9/10 das Thema "Die deutsche Einheit -
wessen Erfolg?" mit folgenden Stichworten: "Liberalisierung in der
Sowjetunion (Gorbatschow, Glasnost, Perestroika) und
Auflösungserscheinungen im Warschauer Pakt; Opposition im
Schatten der Macht ('Schwerter zu Pflugscharen', Montagsgebete);
wirtschaftliche und politische Situation in der DDR vor der
'Wende', Massenflucht aus der DDR; Bürgerrechtsbewegungen;
Demonstrationen und friedliche Revolution; Öffnung der Grenze
und demokratischer Aufbruch/Neubeginn in der DDR (1989/90); vom Ruf
'Wir sind das Volk' zu 'Wir sind ein Volk'; 10-Punkte-Plan (Kohl)
und Rolle der Bundesregierung im weltpolitischen Kontext". Die Leitlinien
für den Geschichtsunterricht in Mecklenburg-Vorpommern
für die Haupt- und Realschule, 9./10. Klasse, sehen zur
Behandlung dieser Fragen den Themenbereich "Zusammenbruch des
Ostblocks und die deutsche Wiedervereinigung 1990" vor. Zu den
Themen gehören: "Wandel und Krise im Ostblock der achtziger
Jahre", "Die friedliche Revolution in der DDR" und "Die
Wiedervereinigung Deutschlands (3.10.1990)". Mit den angegebenen
möglichen Unterrichtszielen wie "die Auflösung der DDR
bis zur Wende des demokratischen Umbruchs 1989 wahrnehmen und
beurteilen" oder "den Weg bis zur Vereinigung verfolgen und
deutsche Befürworter und Kritiker kennen lernen" wird zu einer
differenzierten Betrachtung angeregt.
In der Erweiterten Realschule des Saarlands ist im Lehrplan
Geschichte, Jahrgangsstufe 10, die Unterrichtseinheit "Vom
geteilten Deutschland zur neuen Bundesrepublik" mit folgenden
Lernzielen vorgesehen: "Die Schülerinnen und Schüler
sollen die Rolle der DDR-Bevölkerung beim Prozess der
Wiedervereinigung beschreiben, die außenpolitischen
Bedingungen für den Einigungsprozess untersuchen, die
auftretenden innenpolitischen Probleme nach der Wiedervereinigung
erklären und die Bedeutung der Wiedervereinigung für
Deutschland beurteilen." Die avisierten Lerninhalte wie
"Massenflucht und friedliche Revolution, der außenpolitische
Weg zur Einigung, Probleme der Wiedervereinigung und ihre
Bewältigung" schaffen mit der Behandlung der Begriffe
"Friedensgottesdienste, Montagsdemonstrationen, 'Wir sind das
Volk', 'Zwei-plus-Vier'-Verhandlungen, Wirtschafts- und
Währungsunion, PDS, deutsche Einheit, Stasi-Akten,
Einigungsvertrag, Nationalfeiertag; Aufbau Ost, Reformkommunismus"
und mit dem Hinweis auf eine Zeitzeugenbefragung eine gute Basis
für die Behandlung dieses historischen Zeitabschnittes.
Große Aufmerksamkeit wird in den Lehrplänen dem
Verlauf der Erhebung der DDR-Bevölkerung im Herbst 1989
gewidmet. Im Zusammenhang mit der friedlichen Revolution wird
verstärkt auch auf die Rolle der Opposition verwiesen. Die
einzelnen Etappen der friedlichen Revolution, von der Zuspitzung
der Unzufriedenheit der DDR-Bevölkerung über die
Abstimmung mit den Füßen und die Montagsdemonstrationen
bis zum Fall der Mauer, werden aufgezeigt. Das Zustandekommen und
die Ergebnisse der "Zwei-plus-Vier"-Verhandlungen, der Wirtschafts-
und Währungsunion sowie die Bedeutung des 3. Oktober 1990 als
Tag der Deutschen Einheit werden in den Lehrplandokumenten
durchgehend gewürdigt.
Der Verlauf und die Ergebnisse der friedlichen Revolution haben
in den Lehrplänen verdientermaßen breiten Raum erhalten.
Dabei werden sowohl die historischen Abläufe als auch die
politischen Grundprozesse hervorgehoben. Eine stärkere
Darstellung der Entwicklungen bei der Schaffung der deutschen
Einheit und des beginnenden Zusammenwachsens in den neunziger
Jahren nehmen vor allem diejenigen Lehrpläne vor, die in
jüngerer Zeit in Kraft gesetzt worden sind.
Der die getrennte Geschichte
abschließende Zeitraum der friedlichen Revolution in der DDR
und der Prozess der Wiedervereinigung erfahren eine vom Umfang her
gesehene hohe Bewertung. Die nach dem 3. Oktober 1990 eingeleiteten
Entwicklungen in den neuen Bundesländern werden jedoch in
unterschiedlicher Weise und mit differenzierten Akzenten behandelt.
Schwierigkeiten des Zusammenwachsens werden jedoch nicht
durchgehend in den Lehrplänen aufgegriffen.
Geschichtswissen und mündige Bürger
Die Komplexität des politischen Geschehens in der Gegenwart
und die Probleme der Zukunft setzen hohe Maßstäbe an die
politische Bildung und an das Geschichtsbewusstsein der
Schülerinnen und Schüler. Der sich vollziehende
Generationswechsel lässt die Erinnerungen verblassen,
Nostalgie und Verdrängung behindern den Umgang mit einem
wichtigen Teil der deutschen Geschichte. Es wäre
unverantwortlich, Defizite im historisch-politischen Wissen zur
deutschen Geschichte zuzulassen, weil dadurch das Profil der
heutigen Schüler als mündige Bürger von morgen
Schaden nehmen würde. Das Wissen über die DDR-Geschichte
und über die Entwicklung Deutschlands von 1945 bis 1989/90
gehört zu den unverzichtbaren Bausteinen des
Geschichtsbewusstseins der Jugend. Bei der Notwendigkeit von
Bildungsreformen, der Einführung von Bildungsstandards und der
Positionierung Deutschlands als Bildungsland im internationalen
Vergleich dürfen die historischen Kenntnisse nicht ins
Hintertreffen geraten.
Die Erstellung qualifizierter Lehrpläne, ihre
zielgerichtete Umsetzung und Weiterentwicklung sind wichtige
Schritte zur Vermittlung von Wissen über die DDR und damit zur
deutschen Geschichte. Darüber hinaus sollte nach
Möglichkeiten gesucht werden, die Aufnahme des aktuellen
Forschungsstandes in den Schulbüchern zu evaluieren und den
von den Schülerinnen und Schülern erreichten Wissensstand
zu erfassen. Gleichzeitig sollte mehr Wert darauf gelegt werden,
die akademische Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer besser durch
entsprechende Lehrangebote zur Geschichte der DDR an den
Universitäten zu unterstützen.
Zurück zur
Übersicht
|