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Sandra Schmid
"Endlich könnnen wir wirklich mitreden,
nicht nur dabei sitzen"
Schülerpartei Peto zieht in den Stadtrat
von Monheim ein - und wird drittstärkste Fraktion
Sie wollten etwas Sinnvolles tun: Vier Oberstufen-Schüler
aus Monheim am Rhein taten im Winter 1998 etwas, was keiner
erwartet hätte - sie gründeten eine Partei und gewannen
ein Jahr später bei den Kommunalwahlen zwei Sitze im Stadtrat.
Doch am vergangenen Sonntag hat die Schülerpartei noch eins
draufgesetzt: Bei den Wahlen hat sie so viele Stimmen gewonnen,
dass sie drittstärkste Fraktion im Rat wurde. Die
Schülerpartei als heimliche Gewinnerin der Kommunalwahl - eine
kleine Sensation.
Eigentlich hatte Daniel Zimmermann nur auf einen weiteren Sitz
im Stadtrat gehofft. Aber als die ersten Hochrechnungen am
Sonntagabend des 26. Septembers kamen, war klar, dass die
Überraschung vollkommen war. 16,6 Prozent für seine
Partei Peto. Das reichte nicht nur für den Wiedereinzug in den
Rat von Monheim, einer Kleinstadt zwischen Köln und
Leverkusen, sondern auch, um sieben Sitze im 40-köpfigen
Stadtrat zu bekommen. Fünf mehr als bei der letzten
Kommunalwahl 1999 und fünf mehr als die Grünen und die
FDP diesmal gewinnen konnten. Peto ist plötzlich - nach CDU
und SPD - drittstärkste Fraktion. Als einzige Partei
überhaupt hat sie Stimmenzuwächse von fast mehr als zehn
Prozentpunkte verzeichnen können.
Mit diesem Erfolg hatten Daniel, Karsten Köchling und Lisa
Riedel, die als Spitzenkandidaten für die ersten drei
Listenplätze aufgestellt wurden, nicht gerechnet, im
Gegenteil. Auch die anderen Mitglieder hatten höchstens
gehofft, dass Peto zum zweiten Mal in den Rat einziehen, allenfalls
einen Sitz zusätzlich gewinnen würde, aber ein solches
Ergebnis war undenkbar gewesen. Nun rücken auch die Kandidaten
über die Liste auf, die niemals geglaubt hatten, einen Platz
bekommen zu können.
Die Geschichte der Schülerpartei Peto ist eine
Erfolgsgeschichte - eine, die sich wie zufällig entwickelt und
mit jedem Erfolg mehr Fahrt bekommen hat. Denn niemand hätte
vor einigen Jahren diese Entwicklung voraussehen können: Nicht
die Eltern, nicht die Lehrer - am wenigsten die Schüler
selbst. Weder Daniel, Peto-Vorsitzender und nun Mitglied im
Stadtrat, noch seine drei Freunde hätten sich diesen Erfolg
träumen lassen, als sie sich im Winter 1998 bei einem
Mitschüler trafen. Sie wollten damals etwas Sinnvolles
organisieren, aber richtig konkrete Pläne gab es nicht. "Es
hätte auch eine Theatergruppe werden können", meint
Daniel im Rückblick. Aber am Ende wurde es eine Partei, die
sie gründeten, eine Partei für Schüler. Weil sie
gerade das Latinum geschafft hatten, nannten sie ihre Partei Peto -
lateinisch für "Ich fordere". Aber auch, weil sie zeigen
wollten, dass Jugendliche eigene politische Vorstellungen und Ziele
haben.
Dabei hatten sich Daniel und die anderen bis dahin noch nie
politisch engagiert. Daniel hatte sogar den Politikunterricht
abgewählt, weil er ihn langweilig fand. Aber dann kam ihnen
die Idee mit der Partei. "Meine Eltern haben gesagt: naja, macht
mal", erinnert sich Daniel. Gut fanden sie die Idee schon, nur an
den Erfolg wollten sie nicht so recht glauben. "Es gibt
schließlich Schlimmeres, als eine Partei zu gründen",
grinst der 22-Jährige, der mittlerweile in Köln
Französisch und Physik studiert.
Sie erkundigten sich, wie man eine Partei gründet, und als
1999 in Nordrhein-Westfalen das aktive Wahlalter bei Kommunalwahlen
auf 16 Jahre herabgesetzt wurde, rechneten sie sich Chancen aus.
Und hatten Recht damit: 1999 zog Peto das erste Mal in den
Monheimer Stadtrat ein. Für die Medien eine Sensation,
Fernsehen, Radio und Zeitungen berichteten über die erste
Jugendpartei, die es in ein Stadtparlament geschafft hatte.
Mittlerweile hat Peto 156 Mitglieder. Auch wenn einige der
Gründungsmitglieder wegen Studium oder Ausbildung nicht mehr
aktiv bei Peto mitarbeiten können, so hat es die Partei im
Sommer geschafft, mit der Aktion "Wir holen dich ins Boot" 36 neue
Mitglieder zu gewinnen. Darunter auch Karsten Köchling und
Lisa Riedel. Die beiden sind zwar erst seit einigen Monaten dabei,
werden aber ab nächster Woche Peto im Stadtrat vertreten.
Karsten geht in die 13. Klasse und macht im nächsten
Frühjahr Abitur. Jugendpolitik ist ihm wichtig, in der freien
Jugendarbeit hat er sich schon engagiert. Es schreckt den
18-Jährigen nicht, dass ihm bald eine 20-Stunden-Woche
bevorsteht, mit Sitzungen in Ausschüssen und im Rat und den
Treffen im Fraktionsbüro. Dort kommt der harte Kern der Partei
fast jeden Sonntag zusammen, um zu beraten, welche Anträge
Peto einbringen oder wie mit den Anträgen der anderen Parteien
umgegangen werden soll. "Das Arbeitspensum sollte man nicht
unterschätzen", meint Karsten, "aber ich bin motiviert und
kriege das bestimmt hin".
Lisa hat sich gerade für ein Jura-Studium in
Düsseldorf eingeschrieben, trotzdem will sie etwas für
ihre Heimatstadt Monheim tun. Sie sorgt sich um den Einzelhandel:
"Immer mehr Geschäfte schließen, ich musste schon wegen
ganz simpler Shorts nach Düsseldorf fahren." Ihr Vorschlag:
Ein Runder Tisch, an dem sich die Einzelhändler zumindest auf
einheitliche Öffnungszeiten einigen sollten, findet die
20-Jährige.
Dies ist nur eines der Ziele, die sich Peto gesteckt hat: Es
geht um bessere Busverbindungen, vor allem nachts, dann, wenn die
Jugendlichen aus der Disko kommen. Und sie kämpft dafür,
dass endlich das Jugendcafé eingerichtet wird, das der Rat
schon vor Jahren bewilligt hat.
Besonders wichtig sind Peto jedoch der Erhalt und die Schaffung
von Sportplätzen. Einer der nächsten Anträge, den
Peto im Rat einbringen will, soll die Schließung des
Heinrich-Heck-Stadions verhindern. Die CDU hatte beantragt, das
Gelände als Baugrund auszuweisen. Doch nicht mit Peto. Denn
kein Sportplatz bedeutet: Kein Platz für Jugendliche.
Während die politischen Gegner die Schülerpartei am
Anfang nicht besonders ernst nahmen, hat sich das Blatt nun
gewendet: Im Wahlkampf 1999 spendierte die CDU noch 20
Plakatständer für die vermeintlich chancenlose
Jugendpartei. Heute kommen die anderen Parteien nicht mehr so
leicht an Peto vorbei, wie in der letzten Ratsperiode. Peto hat
Hartnäckigkeit bewiesen: Sie ist da und stärker als
zuvor. Aber Daniel und die anderen haben gelernt, dass Politik viel
Zeit braucht. Einige Ziele haben sich erst spät, manchmal gar
nicht umsetzen lassen. Auch in Zukunft sind sieben Sitze im Rat
keine Mehrheit. Für Daniel, Karsten, Lisa und die anderen
bedeutet das weiterhin: für Ideen werben, verhandeln und
versuchen, andere zu überzeugen.
Der Erfolg hat aber auch den Erwartungsdruck gesteigert, das
spüren die Mitglieder von Peto nach der Wahl stärker denn
je. "Mit den Sitzen ist auch die Verantwortung gewachsen", sagt
Daniel. Aber die will die Partei tragen und ihre Möglichkeiten
nutzen. Denn mit der neuen Sitzverteilung hat Peto bei einigen
Projekten eine neue Chance bekommen: der Erhalt des Stadions
scheint nun wieder realisierbar. "Die Grünen haben Zustimmung
signalisiert, und auch die SPD will neu verhandeln", erzählt
Daniel. "Endlich können wir wirklich mitreden, nicht nur dabei
sitzen."
Links: www.peto-online.de; www.peto-partei.de
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