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Reform der Reform beschlossen
Zahnersatz bleibt in der gesetzlichen
Krankenversicherung
Gesunheit und Soziale Sicherung. Die vor einem
Jahr beschlossene Reform der Zahnersatzversicherung wird revidiert,
noch bevor sie am 1. Januar 2005 in Kraft treten kann. Der
Bundestag hat die 2003 nach langen Verhandlungen mit der Union
verabschiedete Regelung mit der Koalitionsmehrheit am 1. Ok-tober
gekippt und einen neuen Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen
(15/3681) verabschiedet. Der Zahnersatz bleibt nun doch in der
gesetzlichen Krankenvesicherung, wird aber für die
Versicherten ab Juli 2005 einkommensabhängig teurer. Die
Opposition kritisierte den Rückzieher scharf und warf der
Regierung in der Debatte Vertrauensbruch vor. Der Bundesrat wird
sich voraussichtlich Mitte Oktober mit dem Gesetz befassen.
Allerdings bedarf das Gesetz nicht der Zustimmung Länder.
Anstatt der ursprünglich geplanten
Zusatzversicherung mit einem Pauschalbeitrag wird ab 1. Juli 2005
ein Sonderbeitrag von 0,4 Prozent des Bruttolohns von gesetzlich
Versicherten erhoben. Der hälftige Arbeitgeberanteil wird
wegfallen. Außerdem wird die für Anfang 2006 geplante
Beitragserhöhung für das Krankengeld von 0,5 Prozent
vorgezogen und ein halbes Jahr früher gelten. Im Gegenzug
sollen die Krankenkassen verpflichtet werden, die
Versicherungsbeiträge um 0,9 Prozent zu senken und so die
Zusatzbelastung auszugleichen. Für die nach Angaben der
Krankenkassen rund 500.000 bereits abgeschlossenen Verträge
sieht das Gesetz eine Möglichkeit vor, sie aus Gründen
des Vertrauensschutzes wieder aufzulösen.
In der Debatte lieferten sich Regierung und
Opposition einen kräftigen Schagabtausch mit gegenseitigen
Schuldzuweisungen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD)
verteidigte vehement die Neuregelung: "Wenn ein Weg, den man gehen
wollte, zu Belastungen führt, die man nicht will, dann haben
wir kein Problem, das wieder zu korrigieren." Den mit der Union
ausgehandelten Kompromiss bezeichnete sie als eine
"Mini-Kopfpauschale", die sich als extrem bürokratisch und zu
teuer erwiesen habe. Daher sei seit Wochen über eine
versichertenfreundliche und sozialverträgliche Lösung
verhandelt worden. Die Union habe dazu keinen einzigen Vorschlag
geliefert, sagte die Ministerin im Hinblick auf die unionsinternen
Differenzen bei der Zahnersatzregelung. Sie schlage sich "in die
Büsche" und drücke sich vor der Verantwortung. Die
Regierung halte jedoch am gemeinsam mit der Union beschlossenen
Leistungskatalog und Leis-tungsumfang beim Zahnersatz fest.
Lediglich die Finanzierung werde neu geregelt.
"Vertrauens- und Vertragsbruch"
Die Union warf der Ministerin ihrerseits
Untätigkeit bei der Umsetzung der gemeinsam beschlossenen
Lösung vor: "Sie waren von Anfang an nicht gewillt, die
Vereinbarung umzusetzen", sagte die CDU-Abgeordnete Annette
Widmann-Mauz. Die Koalition kündige den Gesundheitskompromiss
des vergangenen Jahres mit Vorsatz auf. Die verworfene Vereinbarung
sei besser gewesen als die jetzige Neuregelung, denn mit dem
prozentualen Sonderbeitrag müssten nun Gutverdiener in der
gesetzlichen Krankenversicherung bis zu 11 Euro für den
Zahnersatz zuzahlen. Das werde freiwillig Versicherte zum Wechsel
in die private Krankenversicherung treiben. Im Hinblick auf die
Versicherten, die auf den Kompromiss vertraut haben und bereits
entsprechende Verträge abgeschlossen haben, sagte die
Gesundheitsexpertin der Union: "Dies ist nicht nur ein
Vertrauensbruch, dies ist auch Vertragsbruch."
Gleichzeitig bestritt Wolfgang Zöller
(CDU/CSU) das von der Ministerin angeführte Argument der
ungewöhnlich hohen Verwaltungskosten. Sachverständige
hätten die von der Koalition genannten Zahlen nicht
bestätigt. Die Regierung trage dazu bei, dass die Akzeptanz
von Reformen in der Bevölkerung schwinde.
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses
Klaus Kirschner (SPD) kritisierte die Opposition hingegen, mit der
Zahnpauschale "den Einstieg in die Kopfpauschale, bei der der
Generaldirektor genau so viel zahlen muss wie die Putzfrau",
gewollt zu haben. Das sei unsolidarisch. Für die
Grünen-Abgeordnete Birgitt Bender ist die Neuregelung
versichertenfreundlich und wettbewerbsfördernd. Positiv sei
auch eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten.
Dies bestritt Dieter Thomae (FDP). Das Gesetz
werde nicht wie von der Regierung erwartet zu Beitragssatzsenkungen
führen, weil die Krankenkassen hoch verschuldet
seien.
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