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Jutta Witte
Kompromiss ist Minimalkonsens
Verfassungsreform in Hessen
Die Enquetekommission zur Reform der hessischen Verfassung hat
nach eineinhalb Jahren einen Kompromiss erzielt, der allerdings nur
von CDU, FDP und den Grünen mitgetragen wird. Die geplanten
Änderungen, über die die hessischen Bürger mit der
Bundestagswahl 2006 abstimmen sollen, beziehen sich im wesentlichen
auf die Präambel, die Wirtschaftsverfassung, den Artikel zu
Ehe und Familie sowie auf die Streichung von Bestimmungen, die im
Widerspruch zum Grundgesetz stehen. Ein abgesenktes Quorum für
Volksbegehren, Verfassungsänderungen auf dem Wege des
Volksbegehrens und eine sogenannte Volksinitiative, mit der 50.000
Bürger dem Landtag ein Problem zur Beratung übertragen
können, sollen zudem die politischen
Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger verbessern.
Die Präambel soll künftig einen Gottesbezug erhalten
ebenso wie ein Bekenntnis zu einem "Gemeinschaftsleben in sozialer
Gerechtigkeit", zur Gleichberechtigung der Geschlechter und zur
Verankerung Hessens in Europa. Artikel 4 soll ergänzt werden
um einen Passus zu Rechten von Kindern und Jugendlichen und die
Förderung von "häuslichen Gemeinschaften". Insbesondere
die Bestimmungen zur Wirtschaftsordnung sollen gekürzt werden,
ohne die "hohen sozialen Ansprüche der Verfassung" zu
reduzieren, wie der Grünen-Abgeordnete Andreas Jürgens
betont. Artikel 41 und 42 zur Sozialisierung von Unternehmen und
zur Bodenreform sollen gestrichen werden. Artikel 29 zum
Arbeitsrecht soll künftig neben Tarifverträgen auch
Betriebsvereinbarungen ermöglichen und sei damit der
Realität "ein gutes Stück näher gekommen",
erklärt Dieter Posch von der FDP.
"Wir erhalten das historische Erbe der Verfassung bei
gleichzeitiger Anpassung an die geänderten Verhältnisse
in den letzten fast 60 Jahren seit ihrer Verkündung", zeigt
sich Jürgens zufrieden mit dem Ergebnis der Beratungen. Von
einem "großen Wurf" spricht gar sein CDU-Kollege Axel
Wintermeyer. Eine grundlegende Modernisierung der hessischen
Verfassung sei einvernehmlich allerdings nicht durchsetzbar
gewesen, bedauert Posch. Die jetzigen Vorschläge spiegeln nach
seiner Auffassung lediglich den "kleinsten gemeinsamen Nenner der
Fraktionen".
Die Sozialdemokraten konnten sich mit ihrem Vorschlag, die
Beratungen für ein Jahr auszusetzen, um den gesellschaftlichen
Gruppen die Möglichkeit zu Stellungnahmen zu geben, nicht
durchsetzen. Gerade bei den geplanten Änderungen zum
Tarifrecht, die insbesondere von den Gewerkschaften kritisch
gesehen würden, oder beim Thema Gottesbezug gebe es jedoch
breiten Diskussionsbedarf, erklärt SPD-Pressesprecher Gert-Uwe
Mende. "Wir legen uns jetzt nicht fest."
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