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Volker Koop
Gesundheit zwischen Wettbewerb und
Wirtschaftlichkeit
Sollen Krankenhäuser für die ambulante
Versorgung geöffnet werden?
Das deutsche Gesundheitswesen befindet sich im Umbruch und hat
seine endgültige Form ganz sicher noch nicht gefunden. Von
Gesundheitsreformen weiß man bereits am Tag ihrer
Formulierung, dass sie allenfalls ein paar Jahre Bestand haben
werden. So wichtig es ist, die Kosten des Gesundheitswesens zu
senken, darf auch das Wohl der Patienten nicht außer acht
gelassen werden. In diesem Zusammenhang wird immer wieder die
Forderung nach einer generellen Öffnung von
Krankenhäusern für die ambulante Versorgung laut.
Biggi Bender (Bündnis 90/Die Grünen) beispielsweise
bezeichnet die "starre Abschottung" zwischen Krankenhäusern
und den Praxen von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten
als eines der größten Strukturdefizite des
Gesundheitswesens. Vor allem chronisch kranke Patienten litten
darunter, dass durchgehende Versorgungsketten zwischen dem
ambulanten und dem stationären Bereich fehlten. Die
Bundestagsabgeordnete plädiert für eine engere Vernetzung
der Behandlung im Krankenhaus und im ambulanten Sektor. Bei der
Gesundheitsreform 2004 sei darauf ein Schwerpunkt gelegt worden.
Bei seltenen Erkrankungen sollten Krankenhäuser ihre Patienten
auch ambulant behandeln können, ebenso, wenn es im jeweiligen
Einzugsbereich eines Krankenhauses an niedergelassenen Ärzten
in einem bestimmten Fachbereich fehle. Schließlich sollten
sich Krankenhäuser auch an der ambulanten Versorgung im Rahmen
der Behandlungsprogramme für chronisch kranke Menschen
beteiligen können. Wichtiger für eine enge Kooperation
zwischen den Ärzten innerhalb und außerhalb der
Krankenhäuser sei aber eine andere, ebenfalls beschlossene
Reformmaßnahme: die Zusammenarbeit von niedergelassenen
Ärzten, Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen im Rahmen
der so genannten Integrationsversorgung. Die Bundestagsabgeordnete
ist überzeugt: "Hier dürften die interessantesten
Kooperationsmodelle entstehen, Modelle von denen alle Beteiligten
etwas hätten: Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte
und nicht zuletzt die Patientinnen und Patienten."
Die Öffnung der Krankenhäuser gehört zu den
vorrangigen Zielen der Gesundheitspolitik der
SPD-Bundestagsfraktion, sagt deren Abgeordneter Horst Schmidbauer.
Die Gründe hierfür seien einleuchtend: "Die Aufhebung der
Grenze zwischen ambulanter und stationärer Behandlung
ermöglicht eine Versorgung aus einem Guss, die auf die
individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten ist.
Doppelstrukturen zur niedergelassenen Fachärzteschaft werden
überwunden. Dies reduziert die Kosten für das
Gesundheitswesen beträchtlich. Den Patienten werden
unnötige und belastende Doppeluntersuchungen erspart.
Versorgungsdefizite können durch eine Teilöffnung der
Krankenhäuser für die ambulante Versorgung abgebaut
werden." Der entscheidende Punkt sei jedoch, so Horst Schmidbauer,
dass damit auch die Versicherten der Gesetzlichen Krankenkassen
wählen könnten, wo sie die ambulante Behandlung von
seltenen Erkrankungen und von Erkrankungen mit besonderen
Verläufen vornehmen lassen wollten. Sie hätten die
gleichen Wahlmöglichkeiten wie die privat versicherten
Patienten. Die Voraussetzungen seien mit dem
Gesundheitsmodernisierungsgesetz geschaffen worden. Es bilde die
Grundlage für die Entwicklung der Integrierten Versorgung mit
vielfältigen, durchlässigen neuen Versorgungsformen und
für die Öffnung der spezialisierten Ambulanzen in
Hochschulkliniken für die ambulante Versorgung mit seltenen
und komplexen Erkrankungen durch direkte Verträge mit den
Krankenkassen.
Eine Strukturreform ohne entscheidende Maßnahmen im
Krankenhaussektor wäre für den CSU-Bundestagsabgeordneten
Wolfgang Zöller nur Stück-werk. Seit den 90er-Jahren
seien Krankenhäuser partiell bereits für die ambulante
Versorgung geöffnet, zu erwähnen seien hier das ambulante
Operieren und die Möglichkeiten zur ambulanten vor- und
nachstationären Behandlung. Darüber hinaus seien etwa
10.000 Krankenhausärzte zur ambulanten Versorgung von
Kassenpatienten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung
ermächtigt. Außerdem könnten Krankenhäuser bei
hoch spezialisierten Leistungen vermehrt ambulant tätig
werden, wobei in diesem Bereich die notwendigen Vereinbarungen der
Selbstverwaltung von Krankenkassen, Ärzten und
Krankenhäusern ausstünden.
Eine weitere institutionelle Öffnung der Krankenhäuser
hält Wolfgang Zöller allerdings nicht für sinnvoll,
denn die Krankenhausstrukturen seien teurer als die Strukturen der
Arztpraxen. Die derzeit erreichte Aufgabenverteilung zwischen den
Krankenhäusern und den niedergelassenen Ärzten sei "ein
guter Mittelweg". Ziel künftiger Reformen müsse die
weitere Verbesserung der Zusammenarbeit an den Nahtstellen von
ambulanter und stationärer Versorgung sein. Es müsse eine
Aufgabenverteilung erreicht werden, die im Idealfall zur Vermeidung
von Doppel- und Mehrfachuntersuchungen und unnötigen
Krankenhauseinweisungen führe. Sektorale Budgetierungen
behinderten eine solche Entwicklung und müssten daher
baldmöglichst abgeschafft werden.
Eine Öffnung der Krankenhäuser muss nach
Überzeugung des FDP-Bundestagsabgeordneten Dieter Thomae aus
zwei Blickwinkeln betrachtet werden: Einerseits gehe es darum, den
Patienten größtmögliche Wahloptionen zu geben, von
welchem Arzt sie sich behandeln lassen wollten. Andererseits
müssten die Aspekte der Wirtschaftlichkeit und fairer Chancen
im Wettbewerb beachtet werden. "Die Krankenkassen schließen
zur Zeit zum Beispiel keine Verträge mit Krankenhäusern
über die ambulante Erbringung hoch spezialisierter Leistungen
ab, obwohl sie dies tun dürften, weil sie aufgrund der
derzeitigen Vergütungssystem befürchten, hierfür
doppelt zahlen zu müssen." Zudem müsse beachtet werden,
dass die Krankenhäuser im Gegensatz zu den niedergelassenen
Ärzten Investitionszuschüsse vom Land erhielten, sie
somit also einen Wettbewerbsvorteil hätten.
Es wäre niemandem geholfen, so der FDP-Gesundheitsexperte,
wenn durch eine verstärkte Öffnung der Krankenhäuser
für die ambulante Versorgung eine doppelte Facharztschiene
aufgebaut werde, die unwirtschaftlich sei. "Dies würde
lediglich eine Verschiebung der ärztlichen Tätigkeit aus
der Freiberuflichkeit an die Krankenhäuser bedeuten, für
den Patienten kaum mit Qualitätsverbesserungen in der
Versorgung verbunden sein und letztlich dazu beitragen, die oft
ohnehin schon katastrophale Arbeitssituation der Ärzte weiter
zu verschlechtern." Grundvoraussetzung für eine Öffnung
der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung sei daher
eine Anpassung der Vergütungssysteme. Damit werde einerseits
verhindert, dass die Behandlung um Krankenhaus aus der
Gesamtvergütung bezahlt werden müsse. Andererseits sei es
nötig, eine angemessene Vergütung für ärztliche
Leistungen - auch unter Berücksichtigung der ungleichen
Investitionsfinanzierung - sicherzustellen.
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